Druckchemikalien in Lebensmitteln

Grundsatzurteil stärkt Informationsrechte der Verbraucher

Die Herausgabe amtlich festgestellter Prüfergebnisse zu Druckchemikalien in Lebensmitteln durch Behörden ist rechtmäßig. Zu diesem Grundsatzurteil kommt das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen vom 1. April 2014 (Az.: 8 A 654/12). Mehrere Lebensmittelkonzerne hatten Klage gegen das für Ernährung und Landwirtschaft zuständige Bundesministerium erhoben, nachdem dieses der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) Untersuchungsergebnisse über Druckchemikalienbelastungen in deren Produkten übermitteln wollte. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen wies die Klage des Lebensmittelkonzerns Dr. Oetker mit der Begründung ab, dass Untersuchungsergebnisse zu Druckchemikalien in Lebensmitteln keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der Unternehmen darstellen.

Nach den Untersuchungsergebnissen der Lebensmittelbehörden können bestimmte Substanzen in Druckfarben, die unter anderem auf Verpackungen und Haushaltsgegenständen aufgebracht werden, auf Lebensmittel übergehen, so dass sie beim Verzehr mit aufgenommen werden. Ob dies bei den Produkten des Unternehmens Dr. Oetker der Fall war, wird die Auswertung der nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts freizugebenden Dokumente ergeben.

„Nur ein ungehinderter und schneller Zugang zu Informationen schafft Markttransparenz und beendet undurchsichtige Vertuschungsversuche von Unternehmen. Das Urteil ist eine schallende Ohrfeige für die ehemaligen so genannten Verbraucherschutzminister Seehofer und Aigner, die den Informationszugang zunächst verweigerten. Es stärkt das Informationsrecht von Verbrauchern grundlegend und ist richtungsweisend. Festgestellte Belastungen dürfen von den Behörden nicht mehr mit der Schutzbehauptung, diese seien ’Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse’ vertuscht werden“, sagt der DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Das ehemalige Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) hatte sich zunächst jahrelang geweigert, amtliche Kontrollergebnisse zu Druckchemikalienbelastungen in Lebensmitteln an die DUH herauszugeben. Die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation hatte 2006 Belastungen von Frucht- und Gemüsesäften in Getränkekartonprodukten mit der Druckchemikalie Isopropylthioxanthon (ITX) durch eigene Untersuchungen aufgedeckt. Auf der Grundlage des Verbraucherinformationsgesetzes (VIG) beantragte sie die Herausgabe amtlicher Kontrollergebnisse und erhielt teilweise komplett geschwärzte Akten vom BMELV, denen wesentliche Informationen zu den Produkten mit festgestellten Belastungen nicht entnommen werden konnten.

Nach gewonnenen Verfahren vor dem Verwaltungs- und Oberverwaltungsgericht stellte schließlich das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Rechtswidrigkeit der Auskunftsverweigerung durch das BMELV fest. Dennoch weigerte sich das Verbraucherschutzministerium weiterhin, die Informationen offenzulegen und fragte aktiv bei betroffenen Lebensmittelkonzernen an, ob diese mit der höchstrichterlich verfügten Veröffentlichung einverstanden seien. Daraus ergab sich wiederum ein Rechtsverfahren über zwei Gerichtsinstanzen, das zugunsten der DUH fiel.

Durch seine Informationsblockade schützte das BMELV nach Ansicht der DUH die Industrie und führte das Verbraucherinformationsgesetz ad absurdum. „Der heutige bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer und Ilse Aigner haben als Verbraucherschutzminister den Bürgern zustehende Informationen über kontaminierte Getränke in Kartons jahrelang verweigert und damit geltendes Recht gebrochen“, sagt der DUH-Bereichsleiter für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer. „Mit der Geheimhaltung ist jetzt Schluss: Das Urteil räumt den Verbrauchern einen umfassenden Informationsanspruch über die Beschaffenheit von Erzeugnissen ein.“ Fischer betonte, dass auch Ministerien und Unternehmen die heute existierenden Informationsrechte endlich als echte Bürgerrechte akzeptieren müssten.

Nachdem das BMELV später alle von der DUH angefragten Daten zu Druckchemikalienbelastungen in Lebensmitteln herausgeben wollte, verklagten betroffene Lebensmittelkonzerne das Bundesministerium, um die Herausgabe der brisanten Daten über belastete Produkte zu unterbinden. Jedoch ohne Erfolg, wie das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen nun in zweiter Instanz entschied und eine Revision nicht zuließ. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da Dr. Oetker die Zulassung der Revision beim Bundesverwaltungsgericht beantragen kann.

Quelle: Berlin [ DHU ]

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