Bericht über die Tagung des EU-Rates für Landwirtschaft und Fischerei

am 17. November 2003 in Brüssel

Futtermittel- und Lebensmittelkontrollen - Registrierung von Schafen und Ziegen - Wiederauffüllung der Kabeljau- und Seehechtbestände - Fischerei-Abkommen mit Grönland - Wissenschaftliche Gutachten zur Bewirtschaftung der Fischereiressourcen

I. Landwirtschaft

Zusammenfassung

Im Mittelpunkt der Ratstagung stand eine ausführliche Orientierungsdebatte über die geplanten Reformen bei Zucker, Tabak, Olivenöl und Baumwolle. (Auf die wir hier nicht weiter eingehen [top])

Bei der Diskussion des Vorschlags über amtliche Futtermittel- und Lebensmittelkontrollen konzentrierte sich der Rat auf die noch offenen Fragen bezüglich der Gebühren und Sanktionen. Die Mehrheit der Mitgliedstaaten unterstützte hier den Kompromissvorschlag des Vorsitzes.

Die Präsidentschaft informierte über den Stand der Beratungen beim Vorschlag über die Kennzeichnung und Registrierung von Schafen und Ziegen. Eine Aussprache dazu fand nicht statt.

Im Übrigen diskutierte der Rat über eine Initiative für ein EU-weites Einfuhrverbot von Hunde- und Katzenfellen.

Kommissar Fischler stellte den Kommissions-Vorschlag zur Absenkung des Flächenstilllegungssatzes von 10 % auf 5 % im kommenden Jahr vor. Der Vorschlag wurde von Deutschland und mehreren anderen Mitgliedstaaten unterstützt.

Die Perspektiven für die WTO-Agrarverhandlungen waren beim Mittagessen der Ratsmitglieder das zentrale Thema. Nach einem Sachstandsbericht von Kommissar Fischler führte der Rat dazu eine ausführliche Debatte.

Futtermittel- und Lebensmittelkontrollen

Beim Vorschlag über amtliche Kontrollen der Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit fokussierte die Präsidentschaft die Debatte auf zwei Kernfragen: die Gebührenerhebung und die strafrechtlichen Regelungen. Die große Mehrheit der Mitgliedstaaten unterstützte den Kompromissvorschlag der Präsidentschaft zu diesen Bereichen. Er sieht bei den Gebühren vor, die gemeinschaftlichen Vorschriften im Veterinärbereich beizubehalten und die Festlegung der Gebühren in den übrigen Bereichen weitgehend den Mitgliedstaaten zu überlassen.

Bei den Sanktionen schlägt die Präsidentschaft im Gegensatz zur Kommission vor, den Mitgliedstaaten freizustellen, bei Verstößen nach ihren eigenen nationalen Rechtsvorschriften Strafen zu verhängen.

Bundesministerin Künast machte deutlich, dass Deutschland den Ansatz für die Gebührenerhebung grundsätzlich mittragen könne. Bei einer Reihe von Detailfragen bestehe hier allerdings noch Klärungsbedarf. Auf jeden Fall müßten nachteilige Veränderungen gegenüber dem bisherigen Gebührenrecht vermieden werden. Insbesondere müsse das Kostendeckungsprinzips im Veterinärbereich aufrecht erhalten werden.

Problematisch - insbesondere unter Subsidiaritätsgesichtspunkten - seien hingegen die von der Kommission vorgesehenen strafrechtlichen Regelungen. Der EG-Vertrag sehe hierfür keine Ermächtigung vor. Bei den derzeit geltenden Vorschriften seien die Mitgliedstaaten verpflichtet, Verstöße gegen das Lebensmittel- und Futtermittelrecht nach den nationalen Vorschriften zu ahnden. Von diesem Prinzip solle bei der Neuregelung nicht abgewichen werden.

Registrierung von Schafen und Ziegen

Die Präsidentschaft unterrichtete den Rat über den Stand der Beratungen beim Vorschlag über die Kennzeichnung und Registrierung von Schafen und Ziegen. Eine Aussprache dazu fand nicht statt. Die Präsidentschaft strebt an, im nächsten Rat politische Einigung über den Vorschlag zu erzielen.

Die Bundesregierung begrüßt den Vorschlag grundsätzlich. Vorbehalte hat Deutschland allerdings noch bezüglich der Schaffung einer zentralen elektronischen Datenbank für die Speicherung der Verbringungen von Tiergruppen. Eine solche Datenbank ist aus deutscher Sicht unter Kosten-Nutzen-Aspekten kaum zu rechtfertigen.

II. Fischerei

Zusammenfassung

In der Fischereipolitik stand die Orientierungsdebatte über die Wiederauffüllung der Kabeljau- und Seehechtbestände im Vordergrund.

Politische Einigung erzielte der Rat über die vorläufige Anwendung des Protokolls zum Fischerei-Abkommen mit Grönland bezüglich der Versuchsfischerei und der finanziellen Kompensation.

Kommissar Fischler berichtete über die wissenschaftlichen Gutachten zur Bewirtschaftung der Fischereiressourcen im kommenden Jahr.

Wiederauffüllung der Kabeljau- und Seehechtbestände

Der Rat führte eine ausführlicher Debatte über die erforderlichen Bewirtschaftungsmaßnahmen und die Begrenzung des Fischereiaufwandes zur Wiederauffüllung der Kabeljau- und Seehechtbestände. Zahlreiche Mitgliedstaaten bekräftigten ihre Auffassung, wonach das von der Wissenschaft empfohlene Fangmoratorium inakzeptabel sei und die derzeit diskutierten Kommissionsvorschläge zu weit gingen. Diese Vorschläge trügen den sozio-ökonomischen Auswirkungen und insbesondere der Situation der Fischfangunternehmen nicht ausreichend Rechnung.

Bundesministerin Künast betonte hingegen, die wissenschaftlichen Gutachten seien eine sehr gute Entscheidungsgrundlage für die Festlegung der Gesamtfangmengen (TACs) und Quoten bei den gefährdeten Fischbeständen. Es sei wichtig, bei der Wiederauffüllung der Bestände das Vorsorgeprinzip anzuwenden, um der Fischereiwirtschaft langfristig eine Perspektive zu geben.

Aufgrund des besorgniserregenden Zustandes der Kabeljau- und Seehechtbestände habe Deutschland von Anfang an einschneidende Maßnahmen zum Wiederaufbau der Bestände gefordert. Da ein Fangmoratorium im Rat keine Mehrheit finde, trete Deutschland dafür ein,

insbesondere Kabeljau nur noch als Beifang in der gemischten Fischerei zu fangen und anzulanden,
Laichgebiete großflächig zu sperren und
ein effizientes und einfach zu handhabendes Fischereiaufwandsystem unter Berücksichtigung des Grundsatzes der relativen Stabilität einzuführen.
Kommissar Fischler machte deutlich, dass ein Fangmoratorium für die Kommission nicht in Frage komme. Gleichwohl müsse es aber einen umfassenden Maßnahmenkatalog zur Wiederfüllung der Fischbestände geben. Vor allem strebe die Kommission Mehrjahrespläne anstelle der bisherigen Einjahrespläne an.

Fischerei-Abkommen mit Grönland

Der Rat einigte sich ohne Aussprache darauf, bestimmte Elemente des neuen Fischereiprotokolls zum Fischerei-Abkommen mit Grönland vorzuziehen und vorläufig anzuwenden. Diese Elemente betreffen die Versuchsfischerei bei Kopffüßlern und Tiefseearten sowie das Haushaltshilfe-Programm für Grönland.


Wissenschaftliche Gutachten zur Bewirtschaftung der Fischereiressourcen

Kommissar Fischler erläuterte die jüngsten wissenschaftlichen Gutachten zur Bestandssituation bei einzelnen Fischarten. Die Gutachten des Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES) zeigten, dass insbesondere die dermesalen Fischbestände (u.a. Kabeljau, Seehecht, Scholle) stark überfischt seien. Gegenüber dem letzten Gutachten sei die Anzahl der gefährdeten Fischarten von 9 auf 14 gestiegen. Für die Kommission zeigten die Gutachten, dass das vorhandene TAC- und Quotensystem nicht ausreiche, sondern durch eine Begrenzung des Fischereiaufwandes ergänzt werden müsse.

Kommissar Fischler appellierte an die Mitgliedstaaten, die Arbeiten des ICES zu unterstützen. Den Wissenschaftlern würden teilweise wichtige Daten über Anlandungen und Rückwürfe vorenthalten, worunter die Qualität der Gutachten leide; zur gemischten Fischerei könne derzeit überhaupt kein Gutachten erstellt werden.

Deutschland ist der Auffassung, dass die wissenschaftlichen Gutachten und Empfehlungen des Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES) wesentliche Grund-lage für die Entscheidungen des EU-Ministerrates und der nationalen Regierungen sein müssen.

Quelle: Brüssel [ bmvel ]

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