Lebensmittelindustrie - ein Restrisiko bleibt
Deloitte-Studie "Erfolgsfaktor Risikomanagement" zeigt Schwächen bei der Implementierung auf und analysiert die Effizienz von Risiko - Managementsystemen
Die Implementierung eines effektiven Risikomanagements wird von deutschen Unternehmen der Lebensmittelbranche - auch kleineren und mittelständischen - mehrheitlich als unverzichtbar angesehen. Doch etwa ein Fünftel der Studienbefragten ist nicht von der Wirksamkeit ihres Risikomanagementsystems überzeugt. Der hohe organisatorische Aufwand bei der Systemeinführung wird von vielen Unternehmen als belastend empfunden. Generell ist das Risikomanagement in nahezu allen Unternehmen Chefsache - die Geschäftsführung definiert dabei Ziele und Strategien gemäß den allgemeinen Unternehmenszielen.
"Wer erfolgreich sein will, muss Risiken kalkuliert eingehen. Dafür ist ein funktionierendes Risikomanagement notwendig", erklärt Dr. Stefan Huckemann, Partner Consumer Business bei Deloitte. "Als integriertes, wertorientiertes Steuerungsinstrument leistet ein Risikomanagementsystem weit mehr, als nur den allgemeinen Vorgaben zu entsprechen - so bietet es zum Beispiel die Basis zur Identifikation von Frühwarnindikatoren und ist eine wichtige Entscheidungshilfe für risikoreduzierende Maßnahmen."
Risikostrategie ist Vorstandssache
Die Mehrheit aller Studienteilnehmer (81 Prozent) richtet die Risikostrategie nach den Unternehmenszielen aus - jedoch können nur 34 Prozent dies realisieren. Die Gründe dafür sind unter anderem in der Formulierung der Unternehmensziele zu suchen. Die Risikostrategie obliegt dem Vorstand und der Geschäftsleitung, jedoch spielt auch die jeweilige Fachabteilung eine bedeutende Rolle. Die Verantwortung für Implementierung und Umsetzung der Strategie trägt in den meisten Fällen ein zentraler Risikomanager. Hier gilt: Je größer das Unternehmen, desto eher gibt es einen solchen.
Neben der Definition von Zielen und Maßnahmen muss der Risikomanagementbeauftragte vor allem die Mitarbeiter für das Thema sensibilisieren. Tatsächlich erfolgt eine solche Sensibilisierung in vielen Fällen erst bei der Anwendung des implementierten Systems. Knapp drei Viertel der Befragten glauben, die Einführung eines Frühwarnsystems habe die Sensibilität bei den Mitarbeitern erhöht. Ein Viertel sieht trotz bestehendem System keinen signifikanten Fortschritt.
Bewertungsinstrumente: Checklisten und Prozessanalysen
Die Herausforderung bei der Implementierung eines leistungsfähigen Risikomanagementsystems besteht in der Bewertung, Messung und Festlegung von relevanten Risiken. Laut den Studienergebnissen setzt die Mehrheit der Nahrungsmittel- und Getränkeunternehmen hier auf Prüf- und Checklisten sowie auf Prozessanalysen. Workshops und Expertenbefragungen finden weniger Beachtung. Die Nutzung von Kennzahlen hängt von der Unternehmensgröße ab: Je größer das Unternehmen, desto eher wird dieses Instrument eingesetzt.
Gängige Praxis bei den Unternehmen ist die Identifizierung und Bewertung der Risiken durch die Geschäftsführung - ein Umstand, der aufgrund deren taktischer Auswirkungen kritisch erscheint. Der Risikomanager kommt hier nur bei knapp der Hälfte der befragten Unternehmen zum Einsatz. Allerdings: je größer die Firma, desto eher übernimmt der Risikomanager auch die Verantwortung für die Risikoidentifizierung und -bewertung.
Die Berichterstattung bzw. Kommunikation der Risikomanagementerkenntnisse sollte nach Angaben der befragten Unternehmen zentralisiert sein - ein Prinzip, das aber nur die Hälfte der Studienteilnehmer auch wirklich befolgt. Ähnlich sieht das Bild bei der regelmäßigen Abfassung eines Risikoberichts sowie bei der Nutzung von Kennzahlen und Schwellenwerten aus: Hier ist es ebenfalls knapp die Hälfte, die den formulierten Anspruch erfüllt.
Einordnung bzw. Zielsetzung des Risikomanagements
Die meisten der Befragten (83 Prozent) sehen im Risikomanagement eine sinnvolle Ergänzung bestehender Systeme. 71 Prozent wollen damit in erster Linie gesetzliche Vorschriften erfüllen, insbesondere die börsennotierten Kapitalgesellschaften. Für 59 Prozent bedeutet das Risikomanagementsystem vor allem eine Verbesserung des Unternehmenswertes. Ungeachtet dieser individuellen Zielsetzung sind ganze 20 Prozent nicht von der Wirksamkeit des implementierten Risikomanagements überzeugt - eine hohe Zahl angesichts der komplexen Prozesse, die mit der Ein- und Durchführung eines solchen Systems verbunden sind. Als größte Hürden werden der organisatorische Aufwand, die realistische Bewertung von Risiken sowie deren Messung gesehen. Auch die Mitarbeitersensibilisierung ist für die Hälfte der Befragten schwierig. Die Akzeptanz beim Management und die Kommunikation zwischen Risikoverantwortlichen und Geschäftsführung hingegen sind unproblematisch.
"Bereits 2005 haben wir eine ähnliche Studie durchgeführt. Der Vergleich zeigt: Die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist zwar nach wie vor vorhanden, doch vor zwei Jahren waren noch fast 30 Prozent davon überzeugt, ihr Risikomanagement bleibe hinter den Erwartungen zurück. Auch bei der Sensibilisierung der Mitarbeiter gibt es sichtbare Fortschritte. Im Großen und Ganzen haben sich die Perspektiven jedoch kaum verschoben", kommentiert Dr. Stefan Huckemann.
Quelle: München [ Deloitte ]