Preise für landwirtschaftliche Produkte im Auf und Ab

Eine Betrachtung für die Schweiz ab 1914

Das vergangene Jahr zeichnete sich durch stark ansteigende und schwankende Weltmarktpreise bei den landwirtschaftlichen Rohstoffen aus. Nicht vergessen darf man aber, dass nur ein kleiner Teil der weltweiten Ernten auf öffentlichen Märkten gehandelt wird. Zudem ist die Schweiz durch den Grenzschutz von den Weltmärkten je nach Produkt mehr oder weniger stark getrennt. Doch wie entwickelten sich die Schweizer Landwirtschaftspreise in den letzten Jahrzehnten?

Der Schweizerische Bauernverband hat ab 1914 einen ersten Produzentenpreisindex für die Landwirtschaft (PPI) erstellt, der mit den Jahren zusehends ausgebaut wurde. Seit den 90er Jahren wird er vom Bundesamt für Statistik publiziert. Der Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) des Bundesamts für Statistik ist ebenfalls ab 1914 verfügbar. Auf der landwirtschaftlichen Kostenseite gibt es den Index der Einkaufspreise der landwirtschaftlichen Produktionsmittel (EPI). Dieser wird vom Schweizerischen Bauernverband seit 1977 erfasst und seither laufend ausgebaut.

Entwicklung des landwirtschaftlichen Produzentenpreisindex

Die Gegenüberstellung von Produzenten- (PPI) und Konsumentenpreisen (LIK) (vergleiche Abbildung 1) zeigt, dass die nominalen Produzentenpreise bis etwa 1974 größtenteils mit der allgemeinen Teuerung mithalten konnten. Die Entkoppelung begann 1967 und verstärkte sich ab 1975. Berücksichtigt man beim Produzentenpreisindex die Teuerung, erhält man ein ziemlich genaues Bild der allgemeinen Entwicklung der Landwirtschaft (vergleiche Abbildung 2).

Reale Entwicklung des landwirtschaftlichen Produzentenpreisindex
Diese reale Entwicklung der Produzentenpreise ab 1914 lässt sich in sieben größere Abschnitte unterteilen:

Erster Weltkrieg (1914-1918)

Der erste Weltkrieg führte aufgrund der schwierigen Versorgungslage zu einer deutlichen Preishausse.

Zwischenkriegszeit (1919-1938)

Nach dem ersten Weltkrieg sanken die realen Preise und erreichten in der Depression der 30er Jahre einen Tiefstand. Es handelte sich um eine schwierige Zeit für die Schweizer Landwirtschaft.

Zweiter Weltkrieg (1939-1945)

Der zweite Weltkrieg führte zu einem erneuten Preisanstieg. Die realen Preise näherten sich dem Niveau des ersten Weltkriegs. Mit dem Plan Wahlen wurde der Selbstversorgungsgrad erhöht. Die Schweiz blieb aber auf Importe angewiesen, die durch den Krieg erschwert wurden.

Nachkriegszeit (1946-1965)

Nach dem zweiten Weltkrieg gingen die Preise nur langsam zurück und hielten sich auf relativ hohem Niveau bis 1965.

Produktivitätsfortschritt (1966-1979)

Neue Produktionstechniken (Traktoren, Mähdrescher, Melkmaschinen u.ä.) führten ab Mitte der 60er Jahre zu einer massiven Produktivitätssteigerung in der Schweizer Landwirtschaft. Dies brachte einen Rückgang der realen Preise mit sich. Zum ersten Mal seit Beginn des zweiten Weltkriegs folgten die landwirtschaftlichen Produzentenpreise nicht mehr der allgemeinen Teuerung.

Endphase der alten Agrarpolitik (1980-1989)

In den 80er Jahren flachte der Preiszerfall zunehmend ab. Im Jahr 1988 kam es zu einem Zwischenhoch, das ein Resultat der „alten“, vom zweiten Weltkrieg geprägten Agrarpolitik mit gestützten Preisen war.

Direktzahlungen und gesetzliche Auflagen (1990 ff)

Die Reform der Agrarpolitik in den 90er Jahren führte zu einem beschleunigten Preiszerfall. Dieser wurde zumindest teilweise durch das neue Direktzahlungssystem kompensiert. Diese sind an gesetzliche Auflagen gebunden. Als Mindestanforderung gilt der so genannte ökologische Leistungsnachweis. Insgesamt sanken die Produzentenpreise von 1988 bis 2006 real um 45 Prozent. Ohne Teuerungsbereinigung betrug die Abnahme 24 Prozent.

Die Entwicklung der realen Produzentenpreise für die Jahre ab 1978 ergibt ein etwas zu pessimistisches Bild, da die Teuerung der Einkaufspreise ab diesem Zeitpunkt unter der Landesteuerung lag (vergleiche Abbildung 3). Allerdings wurden Einkaufspreise landwirtschaftlicher Produktionsmittel (EPI) vor allem durch tiefe Preise für Produktionsmittel landwirtschaftlicher Herkunft (EPI-L: Futtermittel, Saatgut) stabilisiert. Die Preise der übrigen Produktionsmittel (EPI-R) folgten in etwa dem LIK. Die unterdurchschnittliche Teuerung der Produktionsmittel hat die Landwirtschaft somit zu einem guten Teil selber finanziert. Zudem gab es auch in dieser Zeit Produktivitätsfortschritte, wenn auch in geringerem Ausmaß als in den 60er und 70er Jahren.

Entwicklung des Einkaufspreisindex landwirtschaftlicher Produktionsmittel
Zurzeit scheint das Potential für einen weiteren realen Preisrückgang der Produzentenpreise weitgehend ausgeschöpft zu sein. Gemäß der zentralen Buchhaltungsauswertung der ART Tänikon stagniert der Arbeitsverdienst in der Landwirtschaft, während die allgemeine Teuerung gemäß den Angaben des Bundesamts für Statistik ansteigt. Die Landwirtschaft ist zudem durch steigende Preise für Energie, Futtermittel und Maschinen stark betroffen.

Höhere Direktzahlungen sind kaum zu erwarten. Bessere Wettbewerbsfähigkeit aufgrund des Strukturwandels und weitere Verbesserungen der Produktionstechnik darf man in geringem Ausmaß erwarten. In den letzten Monaten sind die internationalen Preise für Landwirtschaftsprodukte angestiegen. In der Schweiz ist insbesondere der Milchpreis für die Produzenten ebenfalls angehoben worden.

Es ist deshalb wahrscheinlich, dass ein Phasenwechsel stattfindet und jene der „Direktzahlungen und gesetzlichen Auflagen“ abgeschlossen ist oder zumindest ihrem Ende entgegen geht. Es ist noch nicht sicher, wodurch die nächste Phase geprägt sein wird: Werden es internationale Abkommen (WTO, EU-Freihandel), die zunehmende Liberalisierung und damit verbunden weitere Preiseinbussen und Strukturanpassungen sein? Oder kommt es im Gegenteil zu einer Verknappung der Nahrungsmittel auf den Weltmärkten und damit international wie national zu steigenden Preisen? Die zukünftige Entwicklung der Preise für landwirtschaftliche Produkte und Rohstoffe lässt sich im Moment nicht sicher voraussagen.

Quelle: Brugg [ SBV ]

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