Strafanzeige gegen saarländischen Tierarzt

Landesregierung reagiert auf fehlende BSE-Tests und beklagt schweren Rückschlag für den gesundheitlichen Verbraucherschutz

In der HIT-Datenbank werden alle Ohrmarken von Rindern zentral erfasst und registriert, so dass anhand dieser Datenbank eine Kontrolle des Verbleibs der Tiere möglich ist. In der Datenbank wird auch registriert, wann ein Tier geschlachtet wurde oder als verendet gemeldet worden ist. Zugleich wird hier festgehalten, ob und mit welchem Ergebnis der gesetzlich vorgeschriebene BSE-Test bei über 24-Monate alten Tieren stattgefunden hat.

Im Zuge einer bundesweit im Interesse des gesundheitlichen Verbraucherschutzes durchgeführten Datenabgleichaktion, mit der u. a. auch die lückenlose BSE-Betestung gewährleistet werden soll, wurden bundesweit in deutlich über 10.000 Fällen Unstimmigkeiten festgestellt.

Hierzu erklärt Staatssekretär Josef Hecken:

"Von den bundesweit über 10.000 Fällen, in denen es Unstimmigkeiten gab, entfallen 215 auf das Saarland. Wir haben alle Fälle mit größter Sorgfalt untersucht und sind dabei wie auch die anderen Länder zu dem Ergebnis gekommen, dass bei weitem nicht alle der Unstimmigkeitsfälle auf Verstöße gegen die Verpflichtung zur BSE-Betestung zurückzuführen sind.
In vielen Fällen konnte zweifelsfrei ermittelt werden, dass Eingabefehler bei der Durchgabe der Ohrmarkennummern durch die Tierbesitzer oder durch die Labors Ursache der Unstimmigkeiten waren.

So haben wir in 82 Fällen einwandfrei festgestellt, dass die BSE-Tests nachweislich durchgeführt worden sind.  In 107 Fällen ermitteln wir noch, hier gibt es bis zur Stunde aber noch keine belastbaren Anhaltspunkte für nicht ordnungsgemäßes Verhalten.

Ganz gravierende und für den Verbraucherschutz relevante Verstöße haben wir aber in 2 Fällen ermittelt:

Ein Fall betrifft eine im Jahr 2002 in einer heute bereits nicht mehr bestehenden Saarbrücker Metzgerei durchgeführte Schwarzschlachtung eines Rindes über 24 Monate, dessen Fleisch im Mai 2002 in den Verkehr gelangt und zwischenzeitlich verzehrt worden ist.

Der zweite Fall ist der Gravierendere:

Hier wurden in dem Schlachtbetrieb Claudia Schneider, Sonnenhof, St. Wendel-Dörrenbach, im Zeitraum von 18.02.2002 bis zum 10.02.2003 insgesamt 25 Rinder im Alter von 24 bis 33 Monaten geschlachtet und in Verkehr gebracht, ohne dass vor der Freigabe des Fleisches die zwingend vorgeschriebenen BSE-Tests durchgeführt wurden. Das zuständige Ministerium nennt den Namen des Betriebes trotz des mit der Nennung absehbaren möglichen Schadens gleichwohl im Interesse des gesundheitlichen Verbraucherschutzes, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass zumindest Fleisch aus den letzten Schlachtungen ohne BSE-Betestung im Februar des Jahres 2003 noch von Verbrauchern tiefgekühlt bevorratet wird, da Rindfleisch in aller Regel ohne Bedenken bei minus 18 Grad durchschnittlich 12 Monate gelagert werden kann, ohne in seiner Genusstauglichkeit beeinträchtigt zu sein.

Deshalb bitte ich gemeinsam mit den Inhabern des Betriebes Schneider alle Verbraucherinnen und Verbraucher und alle Kundinnen und Kunden zu überprüfen, ob sie noch Rindfleisch aus der Zeit vor März 2003 aus diesem Betrieb bevorratet haben. Fleisch, das ab März 2003 von diesem Betrieb erworben wurde und noch eingelagert ist, kann bedenkenlos verzehrt werden, da seitdem ordnungsgemäß die Betestung stattgefunden hat.

Die BSE-Betestung im Betrieb Claudia Schneider ist unterblieben, weil der für diesen Betrieb zuständige amtlich bestellte Tierarzt es unterlassen hat, bei über 24 Monate alten Schlachttieren eine BSE-Betestung zu veranlassen und das Fleisch ohne Test freigegeben hat. Der Tierarzt hat damit nicht nur grob pflichtwidrig gegen geltendes Recht verstoßen, sondern zugleich auch zumindest grob fahrlässig in verantwortungsloser Weise Gesundheit von Menschen gefährdet. Durch den Vorfall entsteht schwerer Schaden für das Vertrauen der Verbraucher in die amtliche Lebensmittelüberwachung. Deshalb muss mit drakonischen Maßnahmen gegen die Verantwortlichen vorgegangen werden: Ich habe deshalb unverzüglich Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet. Zugleich habe ich den zuständigen Landrat gebeten, die amtliche Bestellung des Tierarztes bis zur lückenlosen Aufklärung der Abläufe auszusetzen.

Dieser Vorgang ist ein schwerer Rückschlag für den gesundheitlichen Verbraucherschutz, durch den unendlich viel von dem Vertrauen zerstört wird, das Ministerium, Lebensmittelkontrollbehörden, Amtsveterinäre und die betroffenen Landwirte in den letzten zwei Jahren mühselig durch harte Arbeit aufgebaut haben.

Um dieses Vertrauen aber auch in Zukunft zu erhalten und zu rechtfertigen, ist es unabdingbar, den Fall auch öffentlich zu machen und dadurch soweit wie möglich Schadensbegrenzung zu betreiben. Kontrolle, Transparenz und Ehrlichkeit sind die Maximen, von denen ich mich bei der Verbraucherschutzpolitik leiten lasse. Diese Maximen bedeuten auch, dass kein Versuch unternommen wird, Missstände unter den Teppich zu kehren, sondern dass die Wahrheit gesagt wird, auch wenn es unbequem ist und auch wenn eine Chance bestünde, dass Missstände u. U. gar nicht ans Tageslicht bzw. an die Öffentlichkeit kämen.

Schlimm ist auch, dass durch diesen Fall schwerer Schaden für die vielen redlichen Betriebe entsteht, die sich in den vergangenen Jahren nach besten Kräften darum bemüht haben, alle Rechtsvorschriften einzuhalten, um den Verbrauchern einwandfreie Lebensmittel zur Verfügung zu stellen. Seit Einführung der BSE-Betestung sind im Saarland über 12.000 BSE-Tests im LVGA durchgeführt worden, es hat hierbei keine Probleme mit Landwirten oder Metzgern gegeben. Im Gegenteil: Sowohl die Bauern als auch die Metzger haben ein großes Interesse an einer ordnungsgemäßen Betestung, zumal diese im LVGA auch nach wie vor noch kostenfrei durchgeführt wird, weil die Landesregierung die von den Lebensmittelkrisen arg gebeutelten Berufsgruppen nicht auch noch mit Testkosten belasten will. Um so unverständlicher ist es für mich, dass in dem Fall im Landkreis St. Wendel die Betestung unterblieben ist."

Quelle: Saarbrücken [ mfags ]

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