Unerwarteter Bestandszuwachs bei Schweinen

Preise haben wenig Spielraum nach oben

Nach den vorläufigen Ergebnissen der Novemberviehzählung ist der Schweinebestand in Deutschland gegenüber dem Vorjahr gewachsen. Die Zunahme um 0,9 Prozent fiel zwar moderat aus, angesichts der kräftigen Preisabschläge am Schweinemarkt überrascht sie aber etwas. Ein Produktionsrückgang im laufenden Jahr ist wenig wahrscheinlich.

Mit 26,5 Millionen Schweinen standen im November 2003 so viele Tiere in deutschen Ställen wie seit elf Jahren nicht mehr. Im Vergleich zur Maizählung 2003 ging der Bestand zwar saisonal um 0,2 Prozent zurück, im Vorjahresvergleich ist jedoch ein Anstieg um 0,9 Prozent oder 246.000 Tieren zu verzeichnen.

Den größten Anteil an dem Zuwachs hatten die Jungschweine bis 50 Kilogramm, deren Zahl um fast 200.000 Tiere oder drei Prozent stieg. Diese Tiere werden vor allem im ersten Quartal 2004 auf den Markt gelangen. Für den Produktionsumfang im zweiten Quartal ist die Zahl der Ferkel maßgeblich; diese änderte sich gegenüber dem Vorjahr aber nicht. Für die Angebotsentwicklung im zweiten Halbjahr 2004 ist die Zahl der tragenden Sauen von Bedeutung. In dieser Kategorie kam es ebenfalls zu einer Bestandsaufstockung: Gegenüber der Novemberzählung 2002 waren 1,3 Prozent mehr tragende Sauen aufgestallt, und auch die Zahl der nicht belegten weiblichen Tiere nahm um 0,7 Prozent zu.

Erzeugung auf Rekordniveau

2003 bewegten sich die Schweineschlachtungen mit rund 45,4 Millionen Stück auf Rekordniveau. Im Vergleich zu 2002 entsprach dies einem Anstieg um 2,8 Prozent oder gut 1,2 Millionen Tiere. Aufgrund der leicht erhöhten Schlachtgewichte ergibt sich beim Schweinefleischanfall sogar ein Plus von 3,1 Prozent auf etwas mehr als 4,2 Millionen Tonnen. Noch nie seit der Wiedervereinigung wurde in Deutschland so viel Schweinefleisch produziert, auch nicht in den Krisenjahren 1998/99.

Einen wesentlichen Anteil an der höheren Schweinefleischerzeugung hatten ausländische Tiere, die nach Deutschland geliefert wurden. Nach vorsichtigen Schätzungen dürften vergangenes Jahr gut zwei Millionen Schlachtschweine aus anderen EU-Ländern den Weg in deutsche Schlachthäuser gefunden haben, was einer Zunahme um 560.000 Tiere entspricht. Überwiegend kamen diese Tiere aus den Niederlanden, da die Vermarktung im höherpreisigen Deutschland zu bestimmten Zeiten lukrativer war.

Die Einfuhr von Zucht- und Nutzvieh nahm mit einem Zuwachs von etwa zwei Prozent nicht so stark zu, da den höheren Ferkellieferungen aus Dänemark eine Abnahme der Ferkelimporte aus den Niederlanden gegenüberstand. Die Ausfuhr von Zucht- und Nutzvieh aus Deutschland war 2003 dagegen klar rückläufig; insbesondere beim Ferkelexport nach Spanien musste man starke Einbußen hinnehmen.

Großes Angebot drückt die Preise

Zusätzlich zur steigenden Schweinefleischerzeugung musste der deutsche Markt im vergangenen Jahr auch höhere Fleischeinfuhren verkraften, insbesondere aus Dänemark. Insgesamt ist mit einem Einfuhrvolumen von 1,13 Millionen Tonnen zu rechnen, was einem Zuwachs von gut acht Prozent entsprechen würde. Trotz des schwächeren Russlandgeschäfts dürften die Ausfuhren 2003 noch einmal gestiegen sein und mit 750.000 Tonnen einen Rekordwert erzielt haben.

Alles in allem war der Schweinefleischmarkt 2003 reichlich mit Ware versorgt, weshalb die Preise unter Druck standen. Die Erzeugerpreise für Schweine der Handelsklasse E gaben gegenüber dem Vorjahr um fast zehn Cent je Kilogramm oder sieben Prozent auf 1,26 Euro je Kilogramm Schlachtgewicht nach. Auch die Einzelhandelspreise für Frischfleisch lagen zwischen drei und fünf Prozent unter dem Vorjahresniveau. Die niedrigen Verbraucherpreise, das reichliche Warenangebot und eine aufgrund des trockenen Wetters gute Grillsaison ließen den Schweinefleischverbrauch nach vorläufigen Berechnungen spürbar steigen – pro Kopf um rund zwei Kilogramm auf 55,9 Kilogramm; der menschliche Verzehr belief sich auf 40,2 Kilogramm.

Aussichten 2004

Legt man die aktuellen Viehzählungsergebnisse zugrunde, dann müsste die Produktion von Schweinefleisch 2004 noch einmal leicht zunehmen. Bei der Bruttoeigenerzeugung wird im ersten Quartal mit einem Zuwachs von 1,8 Prozent gerechnet; im zweiten Quartal dürfte die Erzeugung etwa auf dem Vorjahresniveau liegen. Für das zweite Halbjahr ist wieder mit einem Anstieg zwischen 0,5 und einem Prozent zu rechnen, so dass im Endergebnis die Eigenerzeugung 2004 um rund ein Prozent zulegen könnte.

Viel mehr Schweinefleisch kann der Markt auch nicht gebrauchen, denn die Absatzmöglichkeiten scheinen begrenzt. Zwar dürfte der inländische Verbrauch noch etwas zulegen, da die erwartete konjunkturelle Belebung den Fleischabsatz eher fördert und die Verbraucherpreise niedrig bleiben. Das Drittlandsgeschäft wird 2004 jedoch kaum leichter werden. Insbesondere der starke Anstieg des Euro gegenüber dem US-Dollar begrenzt die Exportmöglichkeiten oder sorgt für rückläufige Exporterlöse. Japan wird voraussichtlich seine Schutzklauselregelung nicht zugunsten der EU ändern, so dass nur in einem engen Zeitfenster ohne höheren Einfuhrmindestpreis geliefert werden kann. Bei den Exporten nach Russland dürfte die Einrichtung einer EU-Importquote die Geschäfte erleichtern, aber auch hier könnte der starke Eu-ro eine komplette Ausnutzung der Quote verhindern.

Weil die EU-Schweineerzeugung 2004 in der Summe kaum abnehmen wird, kommt auch von dieser Seite wenig Entlastung. Alles in allem dürfte den Erzeugerpreisen damit nur wenig Spielraum nach oben bleiben. Im ersten Quartal werden sich die Notierungen – unterstützt durch die private Lagerhaltung von Schweinefleisch (PLH) – möglicherweise etwa auf dem Vorjahresniveau von 1,24 Euro je Kilogramm Schlachtgewicht in der Handelsklasse E bewegen. Im zweiten Quartal könnten erste Auslagerungen aus der PLH den Markt belasten. Andererseits werden die beginnende Grillsaison und EU-Ausfuhren nach Japan die Preise stützen. Bei guter Nachfrage könnte ein Niveau von 1,30 Euro je Kilogramm erreicht werden. Im dritten Quartal 2003 war es aufgrund des Jahrhundertsommers zwischenzeitlich zu einem kräftigen Preisanstieg und Notierungen nahe der Marke von 1,50 Euro je Kilogramm gekommen. Bei normalem Witterungs- und Marktverlauf kann dieses Niveau 2004 kaum erreicht werden. Bessere Chancen für höhere Preise könnten sich aber im vierten Quartal ergeben, denn dass Vorjahresniveau lag lediglich bei 1,18 Euro je Kilogramm.

Insgesamt lässt die erwartete Marktentwicklung im Jahr 2004 allenfalls einen leichten Anstieg der Erzeugerpreise um einige Cent erwarten. Sollte der Euro gegen-über dem US-Dollar weiter zulegen, könnte selbst der kleine Preisanstieg gefährdet sein. Aufgrund der stark gestiegenen Futterkosten und anderer Belastungen ist zu befürchten, dass sich die Gewinnsituation der Schweinemäster und der Ferkelerzeu-ger 2004 nicht bessern wird. Betriebsaufgaben und ein Rückgang der Produktion könnten die Folge sein, was sich womöglich aber erst 2005 bemerkbar machen wird.

Quelle: Bonn [ zmp ]

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