Klassifizierung von Schweinehälften

Verzerrungen bei der Schätzung von Untergruppen einer Population

Quelle: Animal Science 78 (2004), 37-52.

Die Klassifizierung von Schweinehälften wird in der EU auf der Basis des Muskelfleischanteils der Hälfte durchgeführt. Dieser wird mit Hilfe von Gerätemessungen (Speck- oder Fleischdicken) geschätzt. Die Schätzformeln werden mit Hilfe von Zerlegeexperimenten entwickelt, in denen der tatsächliche und zu schätzende Muskelfleischanteil an einer repräsentativen Stichprobe von Schlachtkörpern ermittelt wird. In solchen Stichproben sind üblicherweise Untergruppen, wie die Geschlechter oder unterschiedliche Genotypen, enthalten. Aus früheren Untersuchungen ist bereits bekannt, dass die Schätzgenauigkeit für die Untergruppen unterschiedlich sein und auch dass die Schätzungen unterschiedlich verzerrt sein können. Speziell diese Verzerrung (Über- oder Unterschätzung einer Sub-Population)ist auch tatsächlich am Markt als ökonomische Bevorzugung oder Benachteiligung der Gruppen spürbar.

In einer Simulationsstudie auf der Basis niederländischer und spanischer Versuchsdaten mit Differenzierung nach Geschlechtern bzw. nach Genotypen von B. ENGEL, W.G. BUIST, M. FONT i FURNOLS and E. LAMBOOIJ (Subpopulations and accuracy of prediction in pig carcass classification) wurden die möglichen Effekte untersucht. Die Untersuchung stützt sich vorrangig auf lineare Regressionsformeln.

Die Untersuchung der beiden Geschlechter Sauen und Kastraten belegt, dass bei Verwendung einer einheitlichen Schätzformel spürbare Verzerrungen auftreten, indem die Sauen um -1 % unterschätzt und die Kastraten um 1 % überschätzt werden. Daraus resultiert eine systematische Differenz der Schätzungen zwischen beiden Geschlechtern von 2 % Muskelfleischanteil. Bei Untersuchung von vier verschiedenen Genotypen (3 Mutterlinien und 1 Pool von 5 Vaterlinien, also keine Gebrauchskreuzungen) steigt diese Spanne der systematischen Differenz sogar auf bis zu 4 % Muskelfleischanteil. Immerhin muss dazu angemerkt werden, dass sich diese Ergebnisse kaum auf Praxisverhältnisse übertragen lassen, weil die für die Gebrauchskreuzung herausgezogenen Mutter- bzw. Vaterlinien vielfach drastische morphologische Unterschiede zueinander aufweisen.

Die Autoren folgern aus ihren Untersuchungen, dass die systematischen Verzerrungen von Subpopulationen eliminiert werden könnten, wenn man für diese Untergruppen spezifische Schätzformeln verwenden würde. Dies würde, wie die Autoren selbst anmerken, voraussetzen, dass die Subpopulationen auch mit einer repräsentativen Anzahl in dem jeweiligen Zerlegeversuch enthalten sein müssen. Für die Geschlechter ist dies ohne weiteres realisierbar, während die zunehmende Internationalisierung der Züchtung bei Schweinen es gerade unter deutschen Verhältnissen schwierig machen dürfte, genetische Subpopulationen ausreichend sicher zu bestimmen.

Ohnedies wird auch über geschlechtsspezifische Schätzformeln erst zu reden sein, wenn mit der Markierung durch elektronische Ohrmarken die notwendigen Informationen digital in die Ermittlung des Muskelfleischanteils am Schlachtband eingehen. Die Notwendigkeit, über geschlechtsspezifische Formeln nachzudenken, ergibt sich im Übrigen nur in den Fällen, wo geschlechtsspezifische Mast betrieben wird: Sauenmäster müssen grundsätzlich mit einer systematischen Benachteiligung rechnen.

Quelle: Kulmbach [ BRANSCHEID ]

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