Vitamin D schützt Nerven und Gehirn
Experten-Appell: Unterversorgung in Deutschland eklatant - Behebung durch verantwortungsvollen Umgang mit Sonne und gezielte Zufuhr ein sicherer Weg
Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse verweisen auf die spezielle Wirkung von Vitamin D, bzw. dessen aktiver Form, dem Calcitriol (Vitamin D3), innerhalb unseres wohl komplexesten Organs: des Gehirns. Das berichtete Dirk Lemke von der Median Klinik, einer Fachklinik für neurologische und orthopädische Rehabilitation, Berlin auf einem aktuellen Symposium "Vitamin D Update 2011" in der Berliner Charité. Die Voraussetzungen für den Einfluss dieses Vitamins auf das zentrale Nervensystem, so der Experte, sind nachgewiesen. Nervenschützende (neuroprotektive) oder das Immunsystem verändernde (immunmodulatorische) Effekte sowie Wirkungen auf das Verhalten von Zellen innerhalb des zentralen und peripheren Nervensystems gelten mittlerweile als weitestgehend anerkannt. Nun weisen epidemiologische und experimentelle Daten darauf hin, dass Vitamin D eine Schlüsselfunktion in der Prävention von Krankheiten wie Multipler Sklerose, Depression, Demenz, Morbus Parkinson oder Schlaganfall einnehmen könnte.
Auf der gleichen Tagung verwiesen mehrere Experten darauf, dass bei über 50 Prozent der deutschen Bevölkerung die Vitamin D-Spiegel im Blut zu niedrig seien - insbesondere in den Wintermonaten. Die insgesamt 22 nationalen und internationalen Referenten hielten als Fazit neben verantwortungsvoller Besonnung eine Gabe von 1.000-2.000 I.E. Vitamin D täglich, vor allem im Winter, für wünschenswert, wobei eine Obergrenze von 4.000 I.E. pro Tag gemäß dem Amerikanischen Institut für Medizin (IOM) als sicher eingestuft wurde.
Ausschlaggebend für die Wirkung des Vitamin D, auch auf das Gehirn, ist seine aktive Form, das Calcitriol (Vitamin D3). Hirnforscher haben entdeckt, dass sich in Nervenzellen der Schlüsselregionen unseres Gehirnes wie dem vorderen Teil des Stirnhirns (präfrontaler Kortex), Kleinhirn (Cerebellum), Thalamus (einem Teil des Zwischenhirns) und Hippocampus (einem Teil des limbischen Systems) Vitamin D-Rezeptoren befinden. Zusätzlich konnten im Gehirn Enzyme nachgewiesen werden, die die lokale Bildung von Calcitriol im Gehirn fördern. Somit kann, wie Lemke aufzeigte, Vitamin D das zentrale Nervensystem beeinflussen. Abgesehen von der viel versprechenden Datenlage, die der Forscher zur Rolle des Vitamins bei der Prävention neurologischer bzw. psychiatrischer Krankheiten präsentierte, sah er auch deutliche Hinweise, die den therapeutischen Einsatz zumindest bei krankheitsassoziierten Komplikationen rechtfertigen und zukünftige klinische Studien bezüglich weiterer therapeutischer Möglichkeiten als sinnvoll erscheinen lassen.
Referenten wie Prof. Nicolai Worm von der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, Saarbrücken und Prof. Armin Zittermann vom Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeyenhausen, wiesen nachdrücklich darauf hin, dass eine Unterversorgung mit Vitamin D hierzulande relativ häufig sei. Worm verdeutlichte dies konkret: "57 Prozent der Männer und 58 Prozent der Frauen erreichen im Jahresdurchschnitt nicht den Blutspiegel von 20 ng/ml. Im Winterhalbjahr sind es fast 70 Prozent und bei Kindern und Jugendlichen sogar rund 80 Prozent." Zittermann betonte, dass auch ausgeprägte Mangelversorgungswerte mit Blutspiegeln unter 10 ng/ml Vitamin D3 keineswegs eine Seltenheit in Deutschland seien.
Worm zeigte zugleich auf, dass nur fünf Prozent des in unserem Körper gespeicherten Vitamin D der Nahrung entstammen, und warum es kaum möglich ist, die benötigte Menge an Vitamin D über die Ernährung zu gewährleisten. Ein moderater Aufenthalt in natürlichem oder künstlichem UVB-Licht unter Beachtung des Hauttyps und einschlägiger Schutzmaßnahmen leistet einen wichtigen Beitrag zur Vitamin-D-Bildung in der Haut.
Vitamin D-Versorgung neben Besonnung durch Nahrungsergänzung sicher stellen
Als Ergebnis hielten die insgesamt 22 nationalen und internationalen Referenten auf der Veranstaltung in einem Sechs-Punkte-Papier unter anderem fest, dass
"... die derzeitig verbindliche Empfehlung für eine Zufuhr von 200 IE Vitamin D pro Tag [in Deutschland] als Ausgleich für die fehlende Sonnenexposition absolut unzureichend [ist]. Eine Verabreichung von 1.000-2.000 I.E. täglich (bzw. 7.000-14.000 I.E. pro Woche je nach Lebensalter und Körpergewicht) ist insbesondere in den Wintermonaten wünschenswert. Dabei sollte ein Spiegel mindestens 20 ng/ml im Blut erreicht werden.
[...] Das amerikanische Institut für Medizin (IOM) gibt als Obergrenze für eine gefahrlose, dauerhafte tägliche Zufuhr 4.000 I.E. an. Für Kinder ist eine tägliche Zufuhr von 50 I.E. pro Kg Körpergewicht anzustreben. Stillende Mütter benötigen 6.000 I.E. pro Tag.".
Das Tagungsprogramm mit den Kurzfassungen der Vorträge der Berliner Veranstaltung können Sie [hier] herunterladen.
Quelle: Friedrichsdorf [ ots ]