Glyphosat für weitere 10 Jahre genehmigt
Der Vorschlag der Europäischen Kommission zur Verlängerung der Genehmigung von Glyphosat hat im Ständigen Ausschuss der EU-Kommission für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel keine qualifizierte Mehrheit gefunden. Zu viele Mitgliedsstaaten hatten Bedenken gegen das Vorhaben vorgetragen. Kritikpunkte waren vor allem die fehlenden Daten zu den Auswirkungen auf Biodiversität, Böden und Gewässer.
Dazu erklärt Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir: "Glyphosat schädigt unzweifelhaft die Biodiversität. Deshalb hat Deutschland der Genehmigungsverlängerung von Glyphosat so wie zahlreiche andere Mitgliedsstaaten nicht zugestimmt. Die EU Kommission ist gut beraten, dieses Signal und das Artensterben in Europa ernst zu nehmen. Sie ignoriert mit ihrem Vorschlag das im EU Recht verankerte Vorsorgeprinzip und schiebt die Verantwortung für die Artenvielfalt sowie den Schutz unserer Gewässer allein auf die Mitgliedstaaten. Solange nicht ausgeschlossen werden kann, dass Glyphosat der Biodiversität schadet, sollte sie keine Wiedergenehmigung von Glyphosat zulasten der Artenvielfalt durchsetzen."
Bisher steht auf EU Ebene keine anerkannte wissenschaftliche Methode zur Bewertung des Risikos für die Artenvielfalt zur Verfügung. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit braucht ein Mandat zur Entwicklung einer solchen Methode, übergangsweise könnte die von Deutschland bereits vorgestellte Interimsmethode zur Bewertung der Biodiversität verwendet werden. So können Datenlücken schnell und zuverlässig geschlossen werden. Wenn auch noch in 10, 20 oder 50 Jahren gute Ernten möglich sein sollen, müssen die Artenvielfalt und damit die Funktionsfähigkeit der Ökosysteme als Grundlage der Landwirtschaft erhalten bleiben. Das Ziel des BMEL ist deshalb eine Landwirtschaft in Deutschland, die nachhaltiger, ökologischer und damit zukunftsfester ist. Der Beschluss wird nun gesichtet und darüber beraten, was zu tun ist, um Artenvielfalt, Gewässer und Böden angemessen auf nationaler Ebene zu schützen und die Ziele des Koalitionsvertrages in dem nun vorgegebenen unionsrechtlichen Rahmen weiter verfolgen zu können.
Hintergrund:
In der Sitzung des Ständigen Ausschuss der EU Kommission für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (SCoPAFF) kam keine qualifizierte Mehrheit für den KOM-Vorschlag zustande. Der Vorschlagsentwurf der Europäischen Kommission wird nun an den Berufungsausschuss verwiesen. Dieser setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern aller EU Länder zusammen. Die Entscheidung im Berufungsausschuss bedarf ebenfalls einer qualifizierten Mehrheit. Sollte auch hier keine qualifizierte Mehrheit erzielt werden, wird ein Kollegium der EU Kommissare über die Wiederzulassung beschließen.
Glyphosat ist das am häufigsten eingesetzte Totalherbizid – es tötet flächendeckend alle vorhandenen Pflanzen ab. Dadurch werden Pflanzen aber auch der Boden stark beeinträchtigt. Insekten, Vögeln und anderen Tieren wird die Nahrungsgrundlage entzogen. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse belegen, dass Glyphosat der Artenvielfalt schadet.
In ihrer Bewertung von Glyphosat weist die EFSA darauf hin, dass keine eindeutigen Schlussfolgerungen dazu möglich seien, welche Risiken dieser Wirkstoff für die Artenvielfalt birgt. Auf Ebene der EU Mitgliedstaaten fehlt es zudem an einer harmonisierten Bewertungsmethode sowie spezifischer Vorgaben zum Schutz der Artenvielfalt.
Das BMEL at sich daher stets gegen eine Erneuerung der Wirkstoffgenehmigung ausgesprochen und diese kritische Haltung frühzeitig gegenüber der EU Kommission und den Mitgliedstaaten deutlich gemacht. Denn entscheidend für die Artenvielfalt ist es, dass sie in ganz Europa gleichermaßen geschützt wird.
Dass ein Wirtschaften mit weniger beziehungsweise ohne Glyphosat möglich ist, zeigen nicht nur Ökobetriebe, sondern auch viele konventionelle Betriebe zum Beispiel mit vielfältigen Fruchtfolgen und einem guten Bodenmanagement, also den klassischen Maßnahmen des Integrierten Pflanzenschutzes.
Hinweis in eigener Sache: die EU-Kommission hat gestern die Glyphosat-Zulassung dennoch um weitere 10 Jahre verlängert.