Zukunftsforscher sehen Fachgeschäfte klar im Vorteil
SÜFFA 2008 stellt kommende Trends vor: "Wiedergeburt" der Bedientheke, "Heimat-Food" sowie Neudefinition von Luxus und Genuss
"Die Bedientheke ist tot - es lebe die Bedientheke!" - fast paradox mutet dieser übergreifende Konsumententrend für den kommenden Wandel an. Diese neue Hinwendung zur Bedientheke und zum Fachgeschäft wird eine weitgreifende Veränderung der Handelslandschaft nach sich ziehen und ist für das Fleischerhandwerk wie geschaffen. Viele Aussteller auf der SÜFFA 2008, die vom 5. bis 8. Oktober auf dem neuen Stuttgarter Messegelände stattfindet, zeigen praktisch und anschaulich, wie aus einem neuen Trend neue Umsätze im Fleischerfachgeschäft gemacht werden.
Für die "Wiedergeburt" der Bedientheke sprechen eine ganze Reihe von gerade beginnenden Veränderungen, die der Zukunftsforscher Matthias Horx in seiner Studie "100 Top-Trends" (Zukunftsinstitut, 2007) beschrieben hat. Gegenwärtige Beobachtungen im Fleischerhandwerk wie im Lebensmitteleinzelhandel bestätigen diese Prognose.
Luxus und Genuss werden neu definiert
Genuss wird für immer mehr Menschen fester Lebensbestandteil. Es gibt kaum eine Kaufentscheidung, die nicht auch unter Genuss-Aspekten getroffen wird. Luxus und Genuss werden in den kommenden Jahren weniger an Status oder Prestige orientiert sein. Im Mittelpunkt des neuen Luxusgenusses stehen Lebensqualität, individuelles Wohlergehen sowie eine besondere Service- und Erlebnisqualität.
Für das Fleischerhandwerk ist dieser Trend ein Geschenk und gleichzeitig eine Marketingaufgabe: Handwerklich hergestellte Lebensmittel eignen sich hervorragend, um persönliches Wohlbefinden, Fitness und innere Balance herzustellen - es muss dem Kunden natürlich von fachkundigen und erklärungsfreudigen Bedienkräften näher gebracht werden.
Wenn dieser neue Luxus durch "innere Werte" gestützt wird, dann ist dieser Konsumentenwunsch für die Fleischerfachgeschäfte wie geschaffen. Denn der wahre Luxus in der Zeit nach dem Discounterboom heißt Handwerk. Luxusgenuss, das wird in den kommenden Jahren des Wandels immer mehr die Wurst vom Metzger oder das Bäckerbrötchen. Der handwerklich arbeitende Metzger steht für das Wertebewusstsein der neuen Konservativen: handwerkliche hergestellte Lebensmittel sind ein Sinnbild für eine grundsätzlich bessere und gerechtere Welt.
Neben diesen großen Gedanken ist der neue Luxusgenuss wunderschön praktisch: "Cook and Chill"-Fertiggerichte, die frisch zubereitet sind (und so schmecken) schenken den Verbrauchern das kostbare Gut Zeit. Wie nur wenige andere Anbieter auf dem gesamten Lebensmittelmarkt ist das Fleischerhandwerk geradezu dazu bestimmt, die Verbraucherwünsche nach dem neuen Luxusgenuss zu erfüllen. Und es ist gerechtfertigt, wenn das Fleischerhandwerk dabei in Handwerk auf der einen und Discount auf der anderen Seite polarisiert. Denn der Einkaufsfrust beim Discounterbesuch steht in krassem Widerspruch zum Wunsch nach Luxusgenuss - selbst dann, wenn die Produkte als solche diesen versprechen.
Auf der SÜFFA 2008 werden es besonders die Ladenbauer sein, die neue Wege aufzeigen. Die wachsende Investitionsbereitschaft der Unternehmerinnen und Unternehmer im Fleischerhandwerk gibt den Ladenbauern erkennbar den Mut, neue konzeptionelle und einfallsreiche gestalterische Wege zu gehen.
Heimat und globale Gesellschaft
Der immer schnellere technische und wirtschaftliche Wandel stärkt die Sehnsucht vieler Menschen nach der Vertrautheit der heimatlichen Region. Das Kunstwort "Glokalisierung" beschreibt, dass die Menschen einerseits in der globalen Gesellschaft angekommen sind, gleichzeitig aber der Wunsch nach Rückzug in das Lokale und Regionale wächst.
Das Fleischerhandwerk hat einen enorm starken Vorteil, wenn es darum geht, aus diesem Konsumententrend einen geschäftlichen Vorteil zu gestalten. Denn Fleischerfachgeschäfte leben, arbeiten und wirtschaften in regionalen Waren- und Wirtschaftskreisläufen. Umso deutlicher die Unternehmerinnen und Unternehmer im Fleischerhandwerk damit werben, desto besser kann dieser Vorteil in Anspruch genommen werden. Es geht darum, werblich in den Mittelpunkt zu stellen, wie das Fleischerhandwerk seit je her arbeitet: Fleisch von Tieren aus der Region verarbeiten und vermarkten, Mitarbeiter aus der Region beschäftigen, an Kunden aus der Region verkaufen. Kein anderer Anbieter von Lebensmitteln verkörpert "Heimat" so sehr, wie der persönlich verantwortliche Fleischermeister, der mit seiner Familie oft seit Generationen am Ort verwurzelt ist. Und zu diesem Wunsch nach "Heimat-Food" passt nun mal die Bedientheke in einem Fleischerfachgeschäft viel besser, als die SB-vorverpackten Lebensmittel in einem Discounter.
Auf der SÜFFA 2008 wird dieser Trend auf der Kollegenbörse erlebbar sein. Und diese Hinwendung zu heimatlichen Lebensmitteln wird das Geschäftfeld "Einkaufen beim Kollegen" beziehungsweise "An Kollegen verkaufen" neuen und zusätzlichen Schwung geben. Weiterhin sind es die Genossenschaften des Fleischerhandwerks und ihre Spitzenorganisation Zentrag, die sich auf der SÜFFA als geradezu ideale Einkaufsquelle für die zum Trend passenden Zukaufartikel präsentierten.
Wiedergeburt "alter" Werte
Handwerk - das klang vielleicht in manchen Ohren schon einmal so gestrig wie "Tante Emma". Doch jetzt beweist uns die gesellschaftliche Renaissance traditioneller Werte, wie angesagt das Handwerk im Allgemeinen und das Fleischerhandwerk im Besonderen ist und künftig sein wird. Diese Werte betreffen Begriffe wie Familie, Gemeinsinn sowie Ehrlichkeit, Anstand und Benehmen. Das Fleischerhandwerk kann sich hier deutlich als Systemalternative gegenüber dem industriellen Wirtschaften profilieren. Da eine solche Wiedergeburt traditioneller Werte naturgemäß eher die wirtschaftlich abgesicherten Verbraucher berührt, wird deutlich, dass nur exzellente Kunden- und Produktspezialisten diese Werte über ihre Produkte, ihren Service und ihre Geschäfte darstellen können.
Zu diesem Wertebedürfnis vieler Verbraucher zählt, dass die soziale Verträglichkeit eines Unternehmens immer wieder neu und nach neuen Maßstäben bewertet wird. Vieles, was heute als Skandal gilt, etwa hinsichtlich Dumping-Löhnen oder Subventionsmissbrauch, wäre vor 30 Jahren kaum eine Nachricht wert gewesen. Es sind die Verbraucher, die ein gesellschaftlich korrektes und umweltverträgliches Wirtschaften der Unternehmen einfordern. Erfüllen Unternehmen dies nicht, lehnen die Konsumenten die Produkte ab - egal, ob es sich um Mobiltelefone oder Lebensmittel handelt.
Diese Entwicklung fordert die Fleischerfachgeschäfte auf, ihr Handwerk und Produktionsweisen werblich klar herauszustellen. Wenn die im Weltmarkt führenden Lebensmittelproduzenten mit "human welfare" und "animal welfare" die Werbetrommel in Sachen Tierschutz und menschenwürdigen Arbeitsbedingungen rühren, so ist das eine Aufforderung an das Fleischerhandwerk. Dieser Aufforderung gerecht werden, bedeutet zu vermitteln, dass durch die handwerkliche Arbeitsweise von jeher ein anständiger Umgang mit Mitarbeitern wie auch mit Tieren und allen daraus hergestellten Lebensmitteln garantiert wurde. Fleischerfachgeschäfte haben zwar hierfür nur selten schriftlich ausformulierte, dafür aber organisch gewachsene Firmenphilosophien und Unternehmensgrundsätze - um so deutlicher der Kunde das erfährt und erlebt, desto mehr profitieren die Fleischer von dieser Entwicklung.
Wenn solche Inhalte von Zukunftsforschern wie Matthias Horx als "Top-Trends" für den Handel prognostiziert werden, so gilt der Interessenvertretung des Fleischerhandwerks - und dabei ganz besonderes dem Landesinnungsverband (LIV) Baden-Württemberg - dem ideellen Träger der SÜFFA, hohe Anerkennung. Denn unabhängig von jeglicher professioneller Zukunftsforschung, waren es die Organisationen des Fleischerhandwerks, die diese Werte stets nach außen kommuniziert haben und das weiterhin erfolgreich tun.
Rückkehr der Kleinflächen im Handel
Auch der Lebensmitteleinzelhandel sehnt sich die "guten alten Zeiten" zurück und favorisiert abseits der großen Konsumpaläste wieder die Kleinfläche. Diese Wiedergeburt der lokalen und regionalen Lebensmitteleinzelhändler spiegelt die wichtigen Zukunftschancen der Fleischerfachgeschäfte wider. Erfolg versprechend ist hier eine Kombination aus besonderer Kundennähe, demonstrierter Frische, "gesunden" Lebensmitteln, Angeboten mit hohem Grad an Convenience und komfortablen Verzehrmöglichkeiten. Gleichberechtigt neben dem Erlebnis einer besonderen Frische steht für Fleischerfachgeschäfte dabei, das Serviceerlebnis für den Kunden deutlich zu machen. Denn, was viele Konsumenten aus den Discountern vertreibt, sind nicht die angebotenen Lebensmittel, sondern der fehlende Service. Die weitere Förderung des fachlichen Wissens der Bedienkräfte im Fleischerhandwerk wird unter diesem Aspekt noch wichtiger.
Für den Konsumenten der Zukunft wird der Einkauf von Lebensmitteln der Gesundheit, dem körperlichen Wohlbefinden und der Fitness dienen. Die Befriedigung dieser Bedürfnisseversprechen sich die Kunden in besonderem Maße vom Einkauf an der Bedientheke im Fleischerfachgeschäft.
Ein Besuch auf der SÜFFA 2008 verspricht auch hier, mit neuen Ideen vom neuen Messegelände nach Hause zu fahren. Neben den beispielhaften Aktivitäten des baden-württembergischen LIV zur Förderung der Ernährungskompetenz widmen sich eine ganze Reihe von Ausstellern den geschäftlichen Möglichkeiten dieses Zukunftstrends: Da sind die neuen computergestützten Ladenwaagen, auf denen "Ernährungsberatung über die Ladenwaage" stattfinden kann - die Bedienkräfte erhalten beispielsweise über die Eingabe der PLU-Taste neben Artikelnamen und Preis gleich die Nährwertangaben eingeblendet. Da sind es die Ladenbauer, die den traditionellen Metzgerimbiss neu erfinden, damit auf den ersten Blick deutlich wird: Essen vom Metzger schmeckt nicht nur gut, sondern fördert auch die Fitness. Die Anbieter von Verpackungsmaschinen und Verpackungsmaterial zeigen, wie Fitness fördernde Lebensmittel gut aussehen. Und der Gemeinschaftsstand der Fleischer-Genossenschaften wird zum wahren Eldorado für neue ernährungsbewusste Snackideen.
Auf der SÜFFA 2008 werden diese Themen nicht nur durch das Angebot der Aussteller in den Hallen auf dem neuen Stuttgarter Messegelände gegenwärtig. Das fachliche Rahmenprogramm wird sich zu dieser Fachmesse als entscheidender Impulsgeber für das künftige Wachstum der Fleischerfachgeschäfte beweisen.
Quelle: Stuttgart [ Messe Stuttgart ]