Tierartbestimmung in Fleischerzeugnissen mittels PCR - Möglichkeiten und Grenzen
39. Kulmbacher Woche
Seit dem 1.7.2003 sind verpackte Lebensmittel, die an den Endverbraucher abgegeben werden, evtl. nach den QUID-Leitlinien (Quantitative Ingredient Declaration) entsprechend der EU-Richtlinie RL97/4/EG zu kennzeichnen. Der Gesetzgeber erhofft sich durch die neue Kennzeichnungspflicht, dass der Verbraucher beim Kauf von Produkten objektiver informiert wird und somit eine "bessere" Auswahl treffen kann. Im Zuge dieser Entwicklung gewinnen auch Methoden zur Quantifizierung tierischer Bestandteile in Lebensmitteln zunehmend an Bedeutung.Derzeit werden große Anstrengungen unternommen, quantitative Methoden zur Bestimmung von tierischen Zutaten bereitzustellen. Erste Systeme für die Tierarten Rind und Schwein werden bereits kommerziell angeboten und in der Überwachung eingesetzt. Diese Systeme sind in der Lage, Fleischanteile einer Tierart relativ, d. h. bezogen auf den Gesamtfleischanteil, zu bestimmen, indem sie die Kopienzahl eines tierartspezifischen Gens (Zielgen) in Bezug zur Kopienzahl eines allgemeinen tierspezifischen Gens (Referenzgen) setzen.
Für die Tierart Ziege wurde von uns ein Quantifizierungssystem entwickelt, welches es ermöglicht, Ziegenfleischanteile in Fleischerzeugnissen semiquantitativ zu bestimmen. Als Referenzgen für den Gesamtfleischanteil, dient ein 97 bp (Basenpaare) langer DNA-Abschnitt aus dem Myostatingen. Für die Tierart Ziege wurde ein spezifisches Primer-Sonden-System, basierend auf dem nukleären single-copy Gen beta-Casein entwickelt. Die Systemvalidierung erfolgte an Brühwurstproben mit Ziegenfleischanteilen von 2 % bis 100 %, hergestellt bei unterschiedlichen Erhitzungsstufen. Für die Bestimmung der Kopienzahlen kam die Polymerase Kettenreaktion (PCR) zur Anwendung. Die Amplifikation der DNA-Abschnitte erfolgte unter Verwendung des Echtzeit (Real-Time)-PCR-Systems Rotor Gene 2000. Der relative Anteil an Ziegenfleisch bezogen auf den Gesamtfleischanteil im Fleischerzeugnis wurde auf Grundlage der delta-delta CT-Methode berechnet.
Die durchgeführten Untersuchungen an den Referenzproben zeigen, dass eine semiquantitative Bestimmung des Fleischanteils in Fleischerzeugnissen mit einer festgestellten Messunsicherheit von 20 - 40 % prinzipiell möglich ist. Die Ergebnissicherheit ist jedoch abhängig vom Prozessierungsgrad (Temperatur, pH-Wert, Scherkräfte, Enzymaktivität) der untersuchten Probe, von der Art des Gewebes und dessen natürlichen Schwankungen im DNA-Gehalt. Fettgewebe besitzt gegenüber dem Muskelgewebe nur ein Viertel der DNA-Menge. Demgegenüber existiert in der Leber ein etwa zehnfach höherer DNA-Gehalt im Bezug zum Muskelgewebe. Der Einsatz von Leber in Fleischerzeugnissen sowie der Fettanteil beeinflussen somit die Quantifizierung des Fleischanteils.
Es konnte gezeigt werden, dass bei der Ergebnisfindung der Ver- und Bearbeitungsgrad des Fleischerzeugnisses individuell berücksichtigt werden muss. Unter dieser Voraussetzung ist es möglich, geringe Mengen (Kontaminationen) von etwa 1 - 2 % oder darunter von wertbestimmenden Fleischanteilen (>10 %) zu unterscheiden.
Quelle: Kulmbach [ R. BINKE, Katrin ALTMANN, F. SCHWÄGELE ]