Videobildauswertung an Kälberschlachtkörpern

40. Kulmbacher Woche - Kurzfassung Vortrag

Die Eignung der Videobildauswertung (VIA) für die Klassifizierung von Rinderschlachtkörpern sowie für die Handelswertbestimmung von Schlachtkörpern von Rindern, Schweinen und Puten wurde bereits durch mehrere Untersuchungen belegt. Bislang lagen jedoch noch keine Erfahrungen über das Verhalten der VIA bei Kälberschlachtkörpern vor. Zielsetzung der vorliegenden Untersuchung war daher die Erprobung eines VIA-Systems für die Klassifizierung von Kälberschlachtkörpern. Darüber hinaus sollten Schätzformeln zur Bestimmung der Teilstück- und Gewebegewichte ermittelt werden.

Die Untersuchung wurde im Schlachtbetrieb Westfleisch eG in Hamm an Feldmaterial durchgeführt. Für die Bestimmung der Handelsklasse wurden 1519 Kälberschlachtkörper von einem Experten der Bundesanstalt für Ernährung und Lebensmittel, Standort Kulmbach, gemäß EUROP-Schema über eine 15-Punkte-Skala (5 Hauptklassen mit je 3 Unterklassen) eingestuft. Die Handelsklassenverteilung der Stichprobe entsprach der üblichen Marktverteilung. Für die Bestimmung der Teilstück- und Gewebegewichte wurde eine geschichtete Stichprobe von 125 Schlachtkörpern so gezogen, dass die biologisch möglichen Kombinationen der Fleischigkeits- und Fettgewebeklassen möglichst gleichmäßig besetzt waren.

Unmittelbar vor der Klassifizierungsstation wurden die ungespaltenen Kälberschlachtkörper mit dem Videobildsystem VBS 2000 der Fa. e + v, Oranienburg, vermessen. Von jedem Schlachtkörper wurde jeweils eine Farbaufnahme der dorsalen und der lateralen Ansicht gemacht.

Nach Abkühlung wurden die Schlachtkörper zur Ermittlung der Referenzwerte für die Teilstück- bzw. Gewebegewichte nach DLG-Schnittführung und nachfolgender Praxisschnittführung zerlegt.

Die Schätzformeln wurden mit Hilfe der multiplen Regressionsanalyse berechnet. Für jedes Zielmerkmal wurden Schätzformeln auf der Basis der Variablen aus der Dorsalansicht, auf der Basis der Variablen aus der Lateralansicht sowie auf der Basis der Gesamtheit der Variablen berechnet.

Die Schätzung der Handelsklassen durch das VIA-System erfolgt mit ausreichender Sicherheit. 87 % (Fleischigkeitsklasse) bzw. 89 % (Fettgewebeklasse) der Schlachtkörper werden richtig oder mit nur einer Unterklasse Abweichung von der Referenzklasse eingestuft. Der Anteil der Klassenabweichungen von 3 Unterklassen (eine Hauptklasse) liegt unter 2,5 %.

Die Gewichte der Viertel sowie der Hauptteilstücke (Keule, Roastbeef, Bug und Dünnung) lassen sich mit Hilfe der VIA sehr genau schätzen. Die Bestimmtheitsmaße liegen zwischen 93 und 99 %, die relativen Schätzfehler zwischen 1,4 und 4,7 %. Sie erfüllen somit die generellen Anforderungen an eine ausreichend hohe Schätzgenauigkeit. Erwartungsgemäß fallen die Schätzergebnisse bei den differenzierter zugeschnittenen Teilstücken sowie den nach Betriebsstandard zugeschnittenen Teilstücken etwas ab. Für die meisten Teilstücke werden Bestimmtheitsmaße zwischen 80 und 87 % und relative Schätzfehler zwischen 4,3 und 6,5 % erzielt; die absoluten Schätzfehler liegen zwischen 100 und 300 g. Die Schätzung ist damit für eine innerbetriebliche Sortierung nutzbar. Für die Teilstücke Hals, Brust (DLG-Schnitt) und Filet (Betriebsschnitt) fällt die Schätzgenauigkeit dagegen deutlich ab (rel. RSD = 7,6-10,2 %).

Unter den verschiedenen Geweben lassen sich die Gesamtfleischmenge und die Fleischmenge zum Verkauf mit großer Genauigkeit schätzen (R2 = 0,98 bzw. 0,95; rel. RSD = 2,3 bzw. 3,6 %). Etwas weniger sicher ist die Schätzung des Knochengewichtes (R2 = 0,75, rel. RSD =  5,5 %). Für die Schätzung von Fleisch zur Verwendung als kleinere Bratenstücke oder als Verarbeitungsfleisch sowie für die Schätzung der Fettgewebeabschnitte können keine befriedigenden Schätzergebnisse erzielt werden. Hier steigen die Schätzfehler auf bis zu 13 % an.

Alle angegebenen Schätzgenauigkeiten gelten für eine Schätzung unter alleiniger Verwendung von Variablen aus der Dorsalansicht. Die zusätzliche Verwendung der Variablen aus der Lateralansicht verbessert die Schätzgenauigkeit nur für wenige, für die Praxis unbedeutende Zielmerkmale. Daher sprechen praktische und finanzielle Erwägungen für die alleinige Nutzung der Dorsalansicht.

Die vorliegende Untersuchung hat gezeigt, dass die Video-Image-Analyse grundsätzlich auch für die Klassifizierung und Handelswertbestimmung von Kälberschlachtkörpern geeignet ist. Vor einem flächendeckenden Einsatz der VIA sind allerdings noch weitere Untersuchungen notwendig, um die an der Berechnungsstichprobe ermittelten Schätzformeln an einer unabhängigen Stichprobe zu validieren.

Quelle: Kulmbach [ Monika SÖNNICHSEN, A. DOBROWOLSKI, M. SPINDLER, W. BRANSCHEID, Kulmbach und D. BRINKMANN, Bonn ]

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