Kontaminanten- und Isotopenmuster - Verfahren zur Erkennung der geographischen Herkunft?
40. Kulmbacher Woche - Kurzfassung Vortrag
Im Zuge der Rückverfolgbarkeit und Qualitätssicherung von Lebensmitteln sowie des Schutzes des Verbrauchers vor gesundheitlicher Gefährdung, aber auch vor Irreführung und Täuschung gewinnen Methoden zur Dokumentation der Herkunft immer mehr an Bedeutung. In manchen Fällen kann die Frage nach der geographischen Herkunft relativ eindeutig beantwortet werden, in anderen Fällen gestaltet sich eine Klärung dieser Frage aufgrund der möglichen Komplexität als sehr aufwändig und schwierig.Einige Substanzklassen von Organochlorverbindungen (OC-Verbindungen), wie z.B. die Dioxine (PCDD/PCDF), ermöglichen Rückschlüsse auf die Prozesse, die zu ihrer Bildung führten. Hierzu wird das Vorkommen bestimmter Dioxin-Einzelverbindungen (Kongenere) in Proben als "Rückstandsmuster" herangezogen und mit dem "Muster" in bekannten Entstehungsquellen verglichen. Auf diese Weise lassen sich beispielsweise Dioxine als Verunreinigungen in bestimmten Chemikalien von Dioxinen aus Verbrennungsprozessen abgrenzen.
Aber auch OC-Verbindungen aus der Klasse der Pestizide (wie beispielsweise DDT und Metaboliten oder HCH-Isomere) können in Verbindung mit ihrem lokalen Einsatz zu Rückstandsmustern mit regionalen Unterschieden führen. Im Zusammenhang mit Produktions- und Anwendungsverboten für bestimmte Pestizide lassen sich bei deren Nachweis in den untersuchten Probenmatrices durchaus Schlussfolgerungen auf geographische Regionen ziehen.
Der Versuch, aufgrund des Pestizidrückstandsmusters einer Probe eine geographische Herkunft zuzuordnen, besitzt Gemeinsamkeiten mit dem Zusammensetzen eines Puzzle-Spiels, bei dem jedes Unterscheidungsmerkmal ein Teil darstellt, das für sich alleine gesehen nur beschränkten Erkenntnisgewinn bringt, in der Summe jedoch mit einer zunehmenden Zahl an passenden Teilen immer deutlicher das "Bild" der geographischen Herkunft erkennen lässt.
Das Wiedererkennen von "Mustern" bzw. Mengenrelationen chemischer Stoffe spielt auch eine Rolle im Rahmen der sog. Stabilisotopenanalytik. Die meisten chemischen Elemente existieren in zwei oder mehr stabilen, d. h. nicht radioaktiven Isotopen mit gleichen chemischen Eigenschaften, aber unterschiedlichen Atomgewichten. Die Ursache für die isotopisch unterschiedliche Zusammensetzung von Verbindungen sind bei den leichteren Elementen H, C, N, O und S die Isotopeneffekte, die primär aufgrund von Massenunterschieden der Nuklide bei physikalischen Prozessen (z. B. Diffusion) und chemischen/biochemischen Reaktionen (aufgrund unterschiedlicher Reaktionsgeschwindigkeiten) auftreten. Im Gegensatz hierzu gehen die Variationen bei schwereren Elementen (z. B. Sr) auf unterschiedliche geologische Quellen zurück.
Die Isotopenverhältnisse in Tiergeweben werden sowohl von der im Futter bzw. Tränkwasser vorgefundenen regionalen Situation als auch von den leichteren Elementen in reproduzierbarer Art und Weise vom Metabolismus der Tiere geprägt. Es wird derzeit intensiv daran geforscht, Zusammenhänge zwischen vorgegebenen regionalen isotopischen Mustern (geprägt durch Boden, Bodenbewirtschaftung, typische Futterpflanzen, Niederschläge, Klima) und der Isotopenverteilung in den Geweben der entsprechenden Tiere herzustellen und damit ein Instrument zur Erkennung der geographischen Herkunft zu gewinnen. Die gleichzeitige Untersuchung der Isotopenverhältnisse mehrerer Elemente nutzt den Vorteil, dass die spezifische Elementsignatur durch unterschiedliche Prozesse innerhalb des jeweiligen Kreislaufes geprägt wird und somit eine eigenständige Information beinhaltet. Multivariate statistische Verfahren werden angewendet, um die Zusammenhänge herauszumodellieren.
Die Stabilisotopenanalytik ist ein etabliertes Verfahren für die Verifizierung der regionalen Herkunft von Lebensmitteln auf pflanzlicher Basis (z. B. Spargel, Wein, Öle, Fruchtsäfte, Honig). Im Gegensatz zu Pflanzen, die von der Aussaat bis zur Ernte an einem Standort wachsen, kommt bei Untersuchungen an Tieren erschwerend hinzu, dass diese selbst mobil sind, bzw. über weite Entfernungen gehandelt werden können. Auch das Futter stammt nicht zwingend aus der unmittelbaren Umgebung der Tiere. Zukauf von Sojaschrot aus den USA, Futtermittel von anderen landwirtschaftlichen Betrieben können die Isotopenverhältnisse in den tierischen Produkten ändern und damit eindeutige Zuordnungen verhindern. Die Möglichkeit der Entwicklung eines Datenbank gestützten Zuordnungsmechanismus (wie z. B. für Wein vorhanden) scheint damit fraglich. Fallbezogen angewendet, stellt die Stabilisotopenanalytik jedoch sicher ein ausgezeichnetes Instrumentarium zur regionalen Herkunftssicherung bereit.
Quelle: Kulmbach [ K.-H. SCHWIND und H. WAGNER ]