Kampf gegen Übergewicht wird konkreter
"Besser essen. Mehr bewegen." - Auftakt in Berlin
Aus übergewichtigen Kindern werden übergewichtige Erwachsene mit einem hohen Risiko von Altersdiabetes und Folgeerkrankungen. Diese Erkenntnis ist zugegebenermaßen nicht neu aber dadurch nicht weniger aktuell. Das Szenario der gesundheitlichen und finanziellen Folgen für eine übergewichtige Gesellschaft veranlasst das Bundesverbraucherministerium bereits seit Jahren zum Gegensteuern. Eine Maßnahme ist die Kampagne "Besser essen. Mehr bewegen.". Unter diesem Motto fand auch ein Wettbewerb statt, bei dem sich bundesweit regionale und lokale Initiativen in einem Modellvorhaben bewerben konnten. Ziel: gemeinsam dem Übergewicht von Kindern vorbeugen.
Inzwischen sind die 24 Wettbewerbsgewinner von Nürnberg bis Aurich ermittelt. Im Rahmen eines Auftaktforums in Berlin fand am 8. September auch eine Fachtagung "Prävention von Übergewicht bei Kindern - Austausch von Wissenschaft und Praxis" statt, bei der sich die Experten so einig waren, wie selten. "Die Vorbeugung von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen wird eine der größten gesundheitspolitischen Herausforderungen der nächsten Jahre sein", sagte der Staatssekretär beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Gert Lindemann, anlässlich der Eröffnung. Lindemann wies darauf hin, dass die Zunahme von Übergewicht mittlerweile eine globale Entwicklung sei, die gestoppt werden müsse. "Übergewicht ist längst kein Problem aus der Privatecke mehr, sondern eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung", betonte Lindemann. Der Wettbewerb "Besser essen. Mehr bewegen." sei in diesem Sinne eine große Chance. Denn: "Wir verfolgen hier einen neuen methodischen Ansatz, ein Ansatz, der in Europa einzigartig ist", so Lindemann.
Wie wichtig konkrete Maßnahmen und nicht nur die Vermittlung von theoretischem Wissen ist, machte Prof. Volker Pudel von der Universität Göttingen klar: "Eine Erhebung an 2 900 Familien mit Kindern zwischen vier und 16 Jahren belegte, dass die Ernährungserziehung funktioniert. Werden Lebensmittelfotos sortiert, dann ordnen deutsche Kinder z.B. Vollkornbrot in die Gruppe "macht stark" und "ist gesund", während z.B. Hamburger als "macht nicht stark", "macht dick" klassifiziert werden. Allerdings essen sie Vollkornbrot "nicht gerne", Hamburger aber "gerne". Die kognitiven Informationen sind angekommen, wirken aber nicht auf Essverhalten und Präferenzen - eher im Gegenteil", so Pudel.
Und auch beim Thema Bewegung befinden sich Kinder oft in einem Dilemma. Es sei nicht sicher, ob übergewichtige Kinder sich wegen ihres Gewichts weniger bewegen oder ob die motorischen Defizite aufgrund des Bewegungsmangels zu zunehmender Inaktivität führe sagte Dr. Christine Graf, Deutsche Sporthochschule, Köln. "Schulsport und Vereinsaktivitäten können den heutigen Bewegungsmangel nicht kompensieren. Daher ist es umso wichtiger, frühzeitig mit entsprechenden Gegenmaßnahmen die Bewegungsfreude von Kindern zu erhalten und zu fördern, um diesen Teufelskreis zu umgehen", so Graf.
Die 24 Wettbewerbsgewinner gehen somit gestärkt und mit dem nötigen Hintergrundwissen an den Start. Der aid infodienst wird in Kooperation mit der Geschäftsstelle des Wettbewerbs "Besser essen. Mehr bewegen." in den folgenden Monaten in loser Serie über die konkrete Arbeit in der Praxis berichten und einige Projekte vorstellen.
Weitere Informationen unter http://www.besser-essen-mehr-bewegen.de
Quelle: Berlin [ Harald Seitz -aid ]