Zucker, Fett & Co.:Firmen laufen den Lobbyverbänden bei der Kennzeichnung der Nährwerte davon
vzbv will obligatorische Nährwertkennzeichnung
Die Lobbyverbände der Lebensmittelbranche wehren sich seit langem gegen eine Nährwertkennzeichnung auf den Verpackungen. Das verblüffende Ergebnis einer Untersuchung der Verbraucherzentralen zeigt jetzt: Was die Branchenverbände heftig bekämpfen, wird von den Unternehmen inzwischen häufig praktiziert. Knapp die Hälfte von 1400 untersuchten Lebensmittelpackungen war mit Informationen zum Nährwert versehen. In zwei Drittel dieser Fälle machten die Hersteller diese Angaben sogar freiwillig. "Unsere Studie zeigt: Eine durchgängige Nährwertkennzeichnung ist machbar und praktikabel," sagte Prof. Dr. Edda Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). "Der Widerstand der Lobbyisten läuft der verbraucherfreundlichen Praxis vieler Firmen längst hinterher."Der vzbv rief dazu auf, die Nährwertkennzeichnung für alle verpackten Lebensmittel europaweit gesetzlich zu verankern. "Im Interesse der Firmen, die schon jetzt freiwillig mehr machen als vorgeschrieben, brauchen wir verbindliche Regeln für alle", so Edda Müller. Nährwertangaben sind bislang nur in wenigen Fällen gesetzlich vorgeschrieben, etwa bei Diätprodukten oder Säuglings- und Kleinkindernahrung.
Unternehmensverbände lehnten in der Vergangenheit Forderungen nach einer besseren Kennzeichnung ihrer Produkte mit Angaben zu Fett, Eiweiß, Zucker, Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen häufig ab. Als Gründe dafür wurden mangelnder Platz auf den Etiketten, eine mit der Kennzeichnung einhergehende mögliche Verteuerung der Lebensmittel und angeblich fehlendes Interesse der Konsumenten angeführt. Die Untersuchung der Verbraucherzentralen zeigt nun, dass viele Lebensmittelhersteller ihre Produkte mit Angaben zum Nährwert versehen - den Argumenten der Verbände zum Trotz.
Der Untersuchung zufolge waren insgesamt 47 Prozent der Produkte mit Angaben zum Nährwert versehen. Während nur etwa jedes sechste Produkt pflichtgekennzeichnet war, hatten die Hersteller rund jedes Dritte freiwillig mit solchen Informationen versehen.
An erster Stelle der freiwillig gekennzeichneten Lebensmittel standen trotz des hohen Fettgehalts Chips und Snacks (62 Prozent). Fruchtjoghurts und alkoholfreie Getränke wurden in gut der Hälfte der Fälle freiwillig mit Angaben zu Nährwert und Energie versehen (58 bzw. 53 Prozent). Das Schlusslicht bildeten Backwaren, Fleisch und Wurst. Hier waren nur 16 beziehungsweise 21 Prozent mit Nährwertangaben gekennzeichnet. Besonders bei den Fleisch- und Wurstwaren ist die Kennzeichnung stark herstellerabhängig. Produkte mit niedrigem Fettgehalt werden hier bevorzugt mit Informationen zum Nährwert versehen.
Die Untersuchung zeigt, dass viele Lebensmittelhersteller bereits auf Verbraucherwünsche reagiert und ihre Produkte mit Nährwertangaben versehen haben. "Die Kennzeichnung ist offenbar doch nicht so aufwendig und teuer, wie die Industrieverbände immer wieder behaupten", sagte Edda Müller.
Nährwertkennzeichnung - das soll auf die Packung:
In den USA und vielen anderen Ländern ist es längst üblich, auf allen verpackten Lebensmitteln Angaben zu den folgenden Nährwerten zu machen:
- Energiegehalt
- Kohlenhydrate (Zucker)
- Ballaststoffe
- Mineralstoffe
- Eiweiß
- Fettgehalt (gesättigte/ungesättigte Fettsäuren)
- Vitamine
Bei den Nährwerten sollen sowohl der absolute Gehalt (in Gramm oder Milliliter) als auch der Anteil am Referenzwert angegeben werden. Die sogenannten europäischen Referenzwerte sind vergleichbar mit der empfohlenen Tagesmenge.
Quelle: Berlin [ vzbv ]