Fleischerpräsident sieht positiv stabilisierte Umsatzentwicklung für das Fleischerhandwerk
Positives Signal nach schweren Jahren - Rückschau vor dem Verbandstag
Schlechte Stimmung im Land drückt Geschäftsklima - Erstes Halbjahr 2004 erstmals wieder mit leichtem Plus - Rückgang der Verkaufsstellen gebremst - Betriebe schreiben wieder schwarze Zahlen - Preiserhöhungen in der Theke nötig - Kritik an Änderung der HandwerksordnungFür Fleischerpräsident Manfred Rycken ist die allgemeine Stimmungslage in Deutschland ein Graus: Deutschland jammert. Leider ist es häufig genug so, dass die trübe Stimmung erst viele derjenigen Probleme verursacht, über die man klagt. Kaufzurückhaltung, Schnäppchenjagd und - im Gegensatz zu Meinungsäußerungen - die Vernachlässigung von Qualität sind häufig genug nicht Folge, sondern Auslöser von Krisen.
Darunter haben auch unsere Fachgeschäfte zu leiden. Aber aktuelle Beispiele zeigen, dass inzwischen auch große Handelsunternehmen in beachtliche Schwierigkeiten geraten können. Wir fühlen uns an die Frage nach Huhn oder Ei erinnert, wenn wir fragen, ob die Stimmung so schlecht ist, weil viele Firmen Personal abbauen oder aber müssen viele Firmen Schwierigkeiten bewältigen, eben weil die Stimmung so schlecht ist?
Aber an manchen Stellen zeichnet sich eine gewisse Trendwende ab. Deshalb gibt es glücklicherweise auch gute Nachrichten zu berichten: Zahlen, die ein Plus vor der Null stehen haben. Das ist noch kein großer Aufschwung unserer Branche, aber ein Impuls, der uns Hoffnung macht und bestätigt in dem, was der Verband im vergangenen Jahr für das Fleischerhandwerk geleistet hat.
Positive Umsatzentwicklung
Als besonders deutliches Zeichen dieser Entwicklung versteht Rycken die positiv stabilisierte Umsatzentwicklung, die das Fleischerhandwerk im ersten und zweiten Quartal 2004 zu verzeichnen hatte.
Die Umsatzentwicklung im Fleischerhandwerk litt im vergangenen Jahr noch unter der starken Preisorientierung und dem Trend zum Discount. Nach einem schwachen Jahresbeginn war jedoch auch 2003 schon eine stabilere Umsatzentwicklung zu beobachten. Dennoch hatten die deutschen Fleischer am Ende des Jahres einen Umsatzrückgang von 4,6 Prozent oder 0,74 Mrd. Euro gegenüber 2002 zu verzeichnen.
Im ersten Halbjahr 2004 jedoch sind die Umsätze gegenüber dem Vorjahreszeitraum leicht um 0,3 Prozent angestiegen. Gegenüber dem 2. Vorjahresquartal sogar um 0,8 Prozent, so dass hier von einer deutlichen Stabilisierung, wenn auch auf einem niedrigeren Niveau, gesprochen werden kann!
Bessere Kennzahlen
Auch die anderen Kennzahlen des Fleischerhandwerks lassen auf ein Ende des Abwärtstrends der vergangenen Jahre hoffen.
Obwohl das Fleischerhandwerk mit beinahe 30.000 Verkaufsstellen nach wie vor die zahlenmäßig stärkste Anbietergruppe von Fleisch und Fleischerzeugnissen darstellt, waren die Betriebszahlen jahrelang rückläufig. Aber auch dieser Trend schwächt sich ab und bei der Zahl der Filialen gibt es wieder positive Entwicklungen.
Zum Jahreswechsel 2003/2004 wurden 18.320 eigenständige Betriebe ermittelt, das sind 449 weniger als zum Stichtag im Jahr davor. Diese Veränderung errechnet sich aus 1.744 Betriebsschließungen, denen eine Zahl von 1.245 Neugründungen gegenübersteht.
Diese Zahl erklärt sich einerseits aus wettbewerbsbedingten Faktoren, die zweithäufigste Ursache ist jedoch die Nachfolgeproblematik. Gerade kleinere und umsatzschwächere Betriebe finden oft keinen Nachfolger, zum einen wegen des hohen unternehmerischen Risikos in dieser Zeit, zum anderen aber auch wegen der hohen Anfangsinvestition, die bei einer Erstausstattung oder der Modernisierung eines alten Betriebs getätigt werden muss.
Bürokratie hemmt
Dazu kommt eine immer stärker werdende administrative und bürokratischer Belastung, die bei vielen älteren Betriebsinhabern zur Entscheidung für den vorzeitigen Ruhestand führt.
Erfreulich ist jedoch, dass der Rückgang der eigenständigen Betriebe im ersten Halbjahr 2004 rund ein Drittel geringer ausgefallen ist, als im Vorjahreszeitraum.
Neben den eigenständigen Betrieben ist im Zeitraum Januar bis Dezember 2003 auch die Zahl der Filialen zurückgegangen, von 11.332 auf 11.148. Insgesamt 1.651 Schließungen standen 1.467 Eröffnungen gegenüber. Dieser Rückgang um 184 Niederlassungen relativiert sich, wenn man gleichzeitig sieht, dass im vergangenen Jahr 346 Filialen in eigenständige Betriebe umgewandelt worden sind.
Schwarze Zahlen
Inzwischen schreibt das Fleischerhandwerk auch hier wieder schwarze Zahlen, bis zu Jahresmitte 2004 stieg die Zahl der Filialen wieder um 62 auf 11.210. Noch immer kommen in Deutschland auf 100.000 Einwohner im Durchschnitt 36 Verkaufsstellen des Fleischerhandwerks.
Auf Grund der Umsatzentwicklung im vergangenen Jahr und des massiv gestiegenen Kostendrucks ist auch die Zahl der im Fleischerhandwerk beschäftigten Personen im vergangenen Jahr erneut zurückgegangen. Insgesamt waren 2003 im Durchschnitt 169.400 Personen im Fleischerhandwerk tätig. Das entspricht einem Rückgang um 7.300 oder 4,1 Prozent.
Positiv bewerten kann man dabei, dass der Stellenabbau im Gegensatz zum Vorjahr nur um 0,1 Prozent angestiegen, von einem personellen Kahlschlag kann deswegen keinesfalls die Rede sein. Der durchschnittliche Handwerksbetrieb beschäftigte 2003 9,3 Personen, das Verhältnis der Arbeitsteilung von 4:6 bei Produktion und Verkauf hat sich dabei, wie in den letzten Jahren, nicht verändert.
Im ersten Halbjahr 2004 hat sich der Beschäftigungsrückgang erfreulicherweise weiter abgeschwächt. Denn die Beschäftigungsverhältnisse in Fleischer-Fachbetrieben sind, im Gegensatz zu manch anderem Wirtschaftszweig, immer langfristig angelegt. Abgesehen von der stark teambasierten Zusammenarbeit in einem kleinen Betrieb, in der ein gutes, vertrauensvolles Betriebsklima unbedingt nötig ist, muss ein Betriebsinhaber daran interessiert sein, seinen Personalstamm unter allen Umständen zu schützen.
Warum? Weil qualifizierte Fachkräfte, ergänzt durch fachkundige Aushilfen das A und O jedes Fleischer-Fachgeschäftes sind! Gerade an der Bedientheke, wo noch der persönliche Umgang mit den Kunden gepflegt wird, können keine austauschbaren und unqualifizierten Hilfskräfte eingesetzt werden, wie man sie anderenorts häufig findet!
Vertrauen ist Stärke
Das Vertrauensverhältnis, das sich zwischen einer Stammkundin und der erfahrenen Fleischerfachverkäuferin entwickelt oder die Ernährungstipps, die der junge Nachwuchsfleischer seiner gesundheitsbewussten Kundschaft kostenlos mit auf den Weg gibt - das sind die Alleinstellungsmerkmale des Fleischerfachgeschäftes! Ohne eine verantwortungsvolle Personalpolitik kann diese Stärke des Fleischerhandwerks nicht erhalten und ausgebaut werden!
Deswegen bedeutet für die Betriebe eine Stabilisierung der Lage auch so viel. Die Gefahr eines weiteren Personalabbaus ist zunächst gebannt.
Trotzdem müssen sich auch die Betriebe betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten anpassen können. Dazu muss man im Personalbereich flexibel reagieren können. Leider ist es in Deutschland jedoch genauso schwer, seinen Personalstamm verschlechterten wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen, wie flexibel auf eine Verbesserung der Lage zu reagieren. Die komplizierten arbeitsrechtlichen Vorschriften sind deshalb in hohem Maße beschäftigungsfeindlich zu nennen!
Arbeitsrecht flexibilisieren
Es ist eine seit langem bestehende Forderung des Handwerks eine, besonders für kleine und mittlere Betriebe günstige Flexibilisierung des Arbeitsrechts vorzunehmen. Gerade jetzt, wo sich eine schwache Verbesserung der Lage abzeichnet, muss jeder Betrieb nach seinen eigenen Bedarf Mitarbeiter einstellen können, ohne dass er sich für lange Zeit verpflichtet.
Problem Marktverschiebung
Es ist zu beobachten, dass andere Mitbewerber verstärkt in den Markt der Fleischer-Fachgeschäfte eindringen. Der seit Jahren anhaltende Trend zum Discount geht eindeutig zu Lasten der Bedienungstheken im Lebensmitteleinzelhandel, aber auch im Fleischerhandwerk. Umso wichtiger ist es hier, dass das Fleischerhandwerk hier seine Stärken ausspielt!
Der Trend zum Discount wurde noch verstärkt durch die Aufnahme von Frischfleisch in die Sortimente einiger großer Discountketten, mit dem das Handwerk noch stärker unter Druck geriet. Im Mittelpunkt der Preisaktionen standen vor allem Schweinefleisch und gemischtes Hackfleisch.
Das ist aus Perspektive des Handwerks umso kritischer zu sehen, wenn man bedenkt, dass die Beschaffungspreise gerade für Schweinefleisch seit Jahresbeginn 2004 dramatisch gestiegen sind. Im Durchschnitt bewegen sich die Preissteigerungen für diesen wichtigsten Rohstoff des Fleischerhandwerks um rund 50 Prozent!
Damit hat sich die Ertragslage der Fleischer-Fachgeschäfte bundesweit nochmals eingeengt, denn Sie können sich denken, dass im herrschenden harten Preiswettbewerb diese Schwankungen nicht unmittelbar an den Verbraucher weitergegeben werden können.
Dennoch gehen wir davon aus, dass sich die gestiegenen Einkaufspreise, wenn auch mit einiger Zeitverzögerung, in den Ladenpreisen niederschlagen werden.
Zusammenfassend kann man festhalten, dass das Fleischerhandwerk versucht deutlich zu machen, dass die Kunden für Top-Qualitäten einen höheren Preis akzeptieren müssen. Es ist unsere Überzeugung, dass für extreme Billigpreise auch nur Billig-Qualität zu haben ist.
Es gibt auch in diesem Jahr wieder manches zu berichten, was die Fleischer belastet, aber eine positive Stabilisierung der Lage ist ein durchaus erfreuliches Ergebnis nach einem schwierigen Jahr 2003.
Vor einem Jahr waren die Zahlen, die wir zu vermelden hatten, deutlich schlechter. Zudem bestand damals noch eine weitere Gefahr, nämlich dass die Handwerksordnung und insbesondere der Meisterbrief für unser Handwerk demontiert würde.
Handwerksordnung
In buchstäblich letzter Minute konnte das gesamte Handwerk in Deutschland einen Erfolg verbuchen und so eine Degradierung des Fleischerhandwerks verhindern: Die Meisterpflicht im Fleischerhandwerk bleibt erhalten.
Der Deutsche Fleischer-Verband und die Landesinnungsverbände haben sich auf allen politischen Ebenen dafür eingesetzt, dass der Meisterzwang im Fleischerhandwerk erhalten bleibt. Im Sinne eines aktiven Verbraucherschutzes wäre es fatal gewesen, bei der Be- und Verarbeitung und beim Verkauf von Lebensmitteln die notwendige Qualifikation für die Verantwortlichen in diesem Bereich abzusenken.
In gemeinsamer Arbeit ist es gelungen, darauf hinzuwirken, dass der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat einen Kompromiss zur Novelle der Handwerksordnung ausgehandelt hat. Die Liste der Berufe in der Anlage A wurde auf 41 erweitert, so dass nun auch die Lebensmittelhandwerke weiterhin der Meisterpflicht unterliegen.
Andererseits muss auch eingeräumt werden, dass die Handwerksordnung insgesamt durch das Kleinunternehmergesetz und die Altgesellenregelung langfristig unterhöhlt wurde. Die hier entstandenen Schäden für das Handwerk sind noch gar nicht abzusehen.
Dennoch war es für den Fleischerverband ein wichtiger, psychologischer Erfolg. Das Vertrauen des Verbrauchers in die Fleischerei als Lieferant gesunder Lebensmittel hätte durch einen Wegfall der Meisterpflicht unschätzbaren Schaden genommen.
Dabei ist gerade dieses Vertrauen in die Leistungen des Fleischerhandwerks einer der wichtigsten Faktoren. Wir tun viel dafür, dieses Bewusstsein bei unseren Kunden zu fördern.
Mit der f-Marke zum Beispiel, dem Erkennungszeichen handwerklicher Spitzenqualität im Fleischerhandwerk. Denn Betriebe, die sich für einen Teilnahme entscheiden, verpflichten sich zur Einhaltung handwerkstypischer Qualitätskriterien.
Und die Verbreitung der f-Marke schreitet ständig voran. Im Dezember 2003 wurde der 5.000 f-Markenvertrag unterzeichnet, im ersten Halbjahr 2004 sind bereits 319 weitere Verträge hinzugekommen.
Präsident Rycken sieht handwerkliche Spitzenqualität und fachkundige Beratung als die entscheidenden Erfolgsfaktoren für das Fleischer-Handwerk. Ohne diesen hohen Anspruch ist auf Dauer kein Erfolg zu haben.
Deswegen steckte die Spitze des Fleischerverbandes soviel Energie in den Erhalt der Meisterpflicht, deswegen werden die Fleischer weiterhin in die Zukunft investieren. Zum Beispiel in die Aus- und Weiterbildung der Verbandsmitglieder, die sich mit Seminaren auf dem neuesten Stand halten, um noch besser auf die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden reagieren zu können.
Zum Beispiel mit Unterstützungsleistungen, die den Mitgliedsbetrieben helfen, in einem verstärkten Wettbewerb zu bestehen. Und natürlich in unseren Nachwuchs. Denn auch von der Ausbildung im Fleischerhandwerk gibt es - neben einigen kritischen Anmerkungen, auch Positives zu berichten.
Quelle: Frankfurt [ dfv ]