Schlechte Karten für Kleinunternehmen bei Kreditfinanzierung

Finanzierungsmöglichkeiten müssen verstärkt für Kleinst- und Kleinbetriebe ermöglicht werden, so die Forderung von ZDH-Präsident Philipp anlässlich der Vorstellung einer Umfrage zur Praxis der Kreditvergabe im Handwerk. Kritik übt Philipp an den Förderinstrumenten, die die aktuellen Probleme der Betriebe - etwa beim Aufbau von Eigenkapital - nicht berücksichtigen.

Es gibt drei handfeste Gründe, warum Handwerksbetriebe zur Zeit Finanzierungsprobleme haben.

Erstens: Eine schwache Konjunktur mit rückläufigen Erträgen.

Zweitens: Viele Kunden zahlen ihre Rechnungen verspätet oder gar nicht, während das Finanzamt schon bei Rechnungsstellung die Umsatzsteuer einfordert, die der Handwerker noch gar nicht hat.

Drittens: Ausgerechnet in dieser Situation sind die Banken mit ihrer Kreditvergabe spürbar zurückhaltender - und schwächen dadurch zusätzlich Liquidität und Investitionskraft der Betriebe.

Die im Frühjahr veröffentlichte KfW-Verbändeumfrage hat einmal mehr gezeigt, wie stark sich die Finanzierungssituation im Mittelstand verschlechtert hat. Über 43 Prozent der Betriebe geben an, dass die Kreditaufnahme spürbar schwieriger geworden ist. Im Handwerk liegt dieser Anteil sogar bei 49,5 Prozent.

Vor diesem Hintergrund haben wir mit 11 ostdeutschen und 24 westdeutschen Handwerkskammern eine Sonderumfrage zur Praxis der Kreditvergabe durchgeführt. Dabei hinterleuchten wir die generellen Trendaussagen und erhalten Informationen über das Geschäftsverhältnis zwischen Betrieben und Kreditinstituten. An der Umfrage haben sich insgesamt über 13.800 Betriebe mit über 180.000 Beschäftigen beteiligt; sie geben Auskunft über die vergangenen 12 Monate.

Kreditnachfrage und Erfolg von Kreditverhandlungen

42,7 Prozent der Betriebe haben in diesem Zeitraum mit ihren Kreditinstituten über Kredite oder Bürgschaften verhandelt. Das belegt, wie stark die Handwerksbetriebe auf die externe Finanzierung angewiesen sind. Aber: Fast 30 Prozent der Verhandlungen enden mit einer Ablehnung durch die Hausbanken. Die Ablehnungsquote ist im Osten mit 39,5 Prozent deutlich höher als im Westen (27,1 Prozent).

Gründe für Kreditablehnungen sind vorrangig unzureichende Sicherheiten oder zu geringes Eigenkapital, des weiteren mangelnde Ertragskraft oder gar die Festlegung, für bestimmte Branchen generell keinen Kredit mehr auszureichen.

Mittel- oder langfristige Finanzierungen spielen nur eine geringe Rolle, im Vordergrund steht die kurzfristige Finanzierung: 61,8 Prozent der verhandelnden Betriebe wollen  eine Erhöhung der Kontokorrentlinie oder ein kurzfristiges Darlehen. Diese Zahl spiegelt die Not vieler Handwerksbetriebe wider. Sie müssen  auf akute Finanzierungsprobleme schnell reagieren. Da bleibt oft nur die teuerste Form der Finanzierung, der Kontokorrentkredit. Dabei wäre es in vielen Fällen angebracht, sich frühzeitig über eine längerfristige und damit kostengünstigere Finanzierung Gedanken zu machen. Dies setzt aber auch eine entsprechende Beratung durch das Kreditinstitut voraus.

Betreuung durch die Kreditinstitute

Zu einer vernünftigen Beratung gehört auch, dass mit dem Unternehmer über seine Probleme gesprochen wird. Spätestens mit Basel II ist Transparenz im Verhältnis zwischen Unternehmer und Kreditinstitut ganz entscheidend geworden. Die Hausbanken dürfen Transparenz jedoch nicht als einseitige Pflicht des Unternehmens interpretieren.

Für die Betriebsinhaber ist es schlicht unverständlich, dass sie über die Ursachen von abgelehnten Finanzierungen nicht informiert werden. Fast jeder Fünfte erhält von der Bank damit auch keinen Hinweis, welche Probleme es zu beheben gilt, um die Voraussetzungen für zukünftig positivere Kreditentscheidungen zu schaffen.

Auch sind 44,1 Prozent der Befragten von ihrem Hauptkreditinstitut noch nicht über ihr Rating-Ergebnis informiert worden und haben auch keine Vorschläge für dessen Verbesserungen erhalten. Eine entsprechende Selbstverpflichtung („Code of Conduct zwischen Banken und KMU“) zur Offenlegung der Ratingergebnisse ist bisher nicht zustande gekommen. Das Handwerk fordert daher eine entsprechende Verpflichtung im Richtlinienentwurf der EU-Kommission zur Umsetzung von Basel II.

Gegenseitige Transparenz ist ein zentraler Aspekt bei der Betreuung von Handwerksbetrieben – dazu muss die Beratung über günstige Finanzierungsmöglichkeiten in Form von Förderkrediten kommen. Diese sollen gezielt die kleinen und mittleren Betriebe unterstützen und strukturelle Nachteile ausgleichen.

Doch auch hier enttäuscht die Realität: Die Betreuer der Hausbanken machen lediglich 15,4 Prozent der Betriebe von sich aus ein Angebot für Förderkredite. Wenn die Kreditinstitute aber offensiv Förderkredite anbieten, dann wesentlich häufiger den größeren als den kleineren Betrieben.

So überrascht es denn nicht, dass lediglich 14,7 Prozent der kreditnachfragenden Betriebe angeben, in den vergangenen 12 Monaten mit ihren Instituten über zinsgünstige öffentliche Förderkredite verhandelt zu haben. Zudem liegt die Ablehnungsquote mit 39,9 Prozent deutlich über dem Durchschnitt. Selbst Umschuldungsverhandlungen sind mit einer Ablehnungsquote von 32,6 Prozent im Durchschnitt erfolgreicher als Förderkreditanträge.

Als Grund für die restriktive Fördermittelvergabe nennen die Kreditinstitute nicht kostendeckende Bankenmargen. Derzeit wird daher über die Einführung einer risikodifferenzierten Marge bei Förderkrediten verhandelt. Allerdings ohne ernsthafte und rechtzeitige Einbindung der kreditnehmenden Wirtschaft. KfW und Kreditwirtschaft wollen weg vom einheitlichen Förderzinssatz. Zukünftig soll auch hier die Bonität und die Höhe der vorhandenen Besicherung über die Höhe des Förderzinssatzes entscheiden. Der ZDH wird sich nicht gegen eine Neujustierung der Förderzinssätze sperren, wenn damit gesichert ist, dass wesentlich mehr Unternehmen als heute Fördermittel in Anspruch nehmen können und dies zu günstigeren Konditionen als bei Hausbankprodukten. Doch diesen Nachweis sind sowohl die KfW als auch die Kreditwirtschaft bislang schuldig geblieben.

Eine bessere Beratung über bestehende Finanzierungshilfen seitens der Kreditinstitute ist daher unbedingt notwendig!

Daneben müssen jedoch auch die Förderprogramme so ausgestaltet werden, dass sie den Bedürfnissen der Handwerksunternehmen entsprechen. Dies hat die Verschmelzung der DtA auf die KfW und die damit einhergehende Programmänderung nicht erreicht – das zeigen die Förderzahlen. So reduzierte sich z.B. die Anzahl der im Programm Unternehmerkapital vergebenen Förderkredite im 1. Halbjahr 2004 um fast ein Drittel gegenüber dem Vergleichszeitraum 2003. Im kleinteiligen Bereich der Kredite bis zu  50.000 € wurden in den ersten sechs Monaten lediglich 878 Förderkredite über dieses Programm ausgereicht. Damit dürfte die viel beschworene Eigenkapitaloffensive für den Mittelstand fast komplett am Handwerk vorbeigehen.

Angesichts der Ausgestaltung des Programms ist das kein Wunder. So gilt beispielsweise für alle Programmvarianten: Bürgschaften der Bürgschaftsbanken sind als Sicherheit ausgeschlossen. Vor dem Hintergrund der fehlenden Sicherheiten im Handwerk eine Regelung, die dringender Überarbeitung bedarf.

Ein weiteres Problem ist die angespannte Liquiditätslage: Sie bringt viele Unternehmen aktuell in Schwierigkeiten. Immerhin 11 Prozent der Handwerksunternehmen, die Kreditverhandlungen geführt haben, fragen nach Liquiditätshilfe bzw. Überbrückungskredit - meist ohne Erfolg.

Dies zeigt, dass wir dringend ein zinsgünstiges, unbürokratisches Liquiditätsprogramm brauchen. Für die Hausbanken muss es durch eine pauschale Marge gerade bei kleinen Kreditgrößen interessant werden. Bisherige Programme etwa der KfW kommen diesen Bedürfnissen nicht ausreichend entgegen.

Klein- und Kleinstunternehmen

Quer durch alle Umfrageergebnisse wird ganz deutlich: Bei Klein- und Kleinstbetrieben des Handwerks werden Kredit- oder Bürgschaftswünsche wesentlich häufiger abgelehnt als bei mittleren und größeren Betrieben. Das betrifft also mehr als 90 Prozent der Handwerkswirtschaft, Kleinstbetriebe mit bis zu 5 und Kleinbetriebe mit bis zu 50 Mitarbeitern. Ihnen wird allein aufgrund ihrer Größe und des daraus vermeintlich resultierenden höheren Risikos typischerweise eine niedrigere Bonität unterstellt. Der Vorteil für kleine Unternehmen, im Rahmen von Basel II in das Retailportfolio eingegliedert zu werden und somit eine vergleichsweise niedrigere Eigenkapitalunterlegung für diese Kredite zu erhalten, wird durch die  Bankenpraxis konterkariert. Qualitative Faktoren wie der Meisterbrief und damit die Ausbildung zum Unternehmer finden im hier angewendeten Scoringverfahren kaum Berücksichtigung. Eine günstigere Bonitätseinstufung ist nur über eine spürbare Verbesserung der Eigenkapitalquote möglich. Das bleibt angesichts der aktuellen Probleme jedoch eine eher theoretische Möglichkeit.

So wird verstärkt auf Sicherheiten abgestellt, die jedoch in aller Regel nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen. Auch wird die Ablehnung von Krediten überdurchschnittlich oft mit der geringen Kredithöhe begründet.

Bei Kleinbetrieben sollten das StartGeld-Programm und das Mikrodarlehen mit der Möglichkeit zur Haftungsfreistellung in Höhe von 80 Prozent sowie einer pauschalen Durchleitungsmarge unabhängig von der Kreditsumme helfen. Doch das StartGeld-Programm können nur Existenzgründer und das Mikrodarlehen nur Unternehmen in Anspruch nehmen, die nicht länger als drei Jahre am Markt sind. Wir regen daher an, das Mikrodarlehen für alle Unternehmen zu öffnen, unabhängig von der Zeit ihres Bestehens.

Zahlungsmoral

Das Thema Unternehmensfinanzierung ist umso dringlicher, weil unsere Betriebe auch durch andere Entwicklungen in Liquiditätsprobleme geraten. Hier ist vor allem die Zahlungsmoral zu nennen.

Fast 40 Prozent der Handwerksbetriebe beurteilen die Zahlungsmoral ihrer Kunden mit den Noten mangelhaft oder ausreichend. Skandalöserweise gilt das vor allem auch für öffentliche Kunden: Von ihnen geraten rund 44 Prozent in Zahlungsverzug, bei den Privatkunden ist es etwa ein Viertel (Quelle: Creditreform). Bei vielen Insolvenzen liegt die Ursache nicht zuletzt in Forderungsausfällen und stark verzögerten Zahlungen begründet – mit negativen Folgen auch für die Arbeitsplätze.

Mit dem nunmehr in den Bundestag eingebrachten Forderungssicherungsgesetz kann die Liquidität der Handwerksunternehmen verbessert werden. So soll etwa nach der Abnahme eines Werks durch den Auftraggeber künftig der Bauträger seinen Subunternehmern die Abnahme nicht mehr wegen angeblicher Mängel verweigern dürfen. Auch sollen Abschlagszahlungen erleichtert werden. Alle Parteien sind daher dringend aufgefordert, für eine zügige Verabschiedung zu sorgen.

Ist-Versteuerung

Angesichts der schlechten Zahlungsmoral ist es für die Betriebe erst recht nicht verständlich, dass sie die Umsatzsteuer schon abführen müssen, während die Rechnung noch unbezahlt beim Kunden liegt.  Diese Verpflichtung zur Vorfinanzierung der Umsatzsteuer belastet insbesondere mittelständische Unternehmen. Der ZDH plädiert daher für eine rasche und deutliche Anhebung der bisherigen Ist-Besteuerungsgrenzen in den alten und neuen Bundesländern auf einen einheitlichen Betrag von mindestens 2 Millionen €.

Langfristig unterstützen wir das Modell einer generellen Ist-Versteuerung unter gleichzeitiger Einbeziehung der Vorsteuerseite. Die mit einer solchen Maßnahme verbundenen positiven finanziellen Effekte würden die anfänglichen Umstellungskosten bei weitem übertreffen. Zum Einen hätte dies eine Stärkung der Unternehmensliquidität zur Folge. Zum Anderen sind mit einem an den Zahlungszeitpunkt der Rechnung gekoppelten Vorsteuerabzug zwei grundsätzliche Vorteile verbunden: Die Finanzverwaltung erhält verbesserte, weil zeitnähere Zugriffs- und Überprüfungsmöglichkeiten, wodurch der Umsatzsteuerbetrug erheblich erschwert wird. Des Weiteren steigt der Anreiz für die Unternehmen, Arbeiten mit eigenem Personal durchzuführen, anstatt dafür Subunternehmen zu beauftragen. Insgesamt dürfte ein solches Modell sowohl zur Eindämmung des Umsatzsteuerbetruges als auch zu höheren Steuereinnahmen und vermehrter Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen führen.

ERP-Sondervermögen

Die Bundesregierung beabsichtigt, das bisher vom BMWA verwaltete ERP-Sondervermögen, aus dem für Handwerksunternehmen wichtige Förderprogramme finanziert werden, in das Eigenkapital der KfW zu überführen und hierbei 2 Milliarden Euro aus dem bisherigen Sondervermögen in den Bundeshaushalt einzustellen. Begründet wird letzteres mit – vorgeblichen – Effizienzgewinnen einer Vermögensverwaltung durch die KfW statt durch das BMWA. Sollte sogar – wie kürzlich verlautbart – das ERP-Sondervermögen komplett in den Bundeshaushalt überführt werden, sind diese Fördermittel unseres Erachtens für den Mittelstand verloren. Denn das die ERP-Förderprogramme aus dem laufenden Haushalt finanziert werden, daran zu Glauben, fehlt uns der Wille und die Zuversicht.

Der ZDH fordert daher die Beibehaltung des ERP-Sondervermögens als originäre Finanzierungsbasis einer sachgerechten Mittelstandsförderung in ungeschmälerter Höhe. Sofern – durch eine Neuorganisation der Mittelverwaltung –tatsächlich Effizienzgewinne erzielt werden können, müssen diese zu einer Verstärkung der Mittelstandsförderung verwandt werden, statt sie zur Deckung akuter Haushaltsdefizite des Bundes heranzuziehen.

Quelle: Berlin [ zdh ]

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