KPMG-Umfrage: Deutsche trinken immer weniger Bier
Brauereien blicken mit Sorge in die Zukunft
Die Bierbrauer in Deutschland blicken mit Sorge in die Zukunft: 95 Prozent rechnen mit einem rückläufigen Absatz (88 Prozent) bzw. mit Stagnation (7 Prozent). Der Grund: In Deutschland wird immer weniger Bier – insbesondere immer weniger Pils – getrunken. Signifikante Wachstumschancen erwarten die Bierbrauer nur beim Export ins Ausland. Die Mehrheit rechnet für die nächsten Jahre mit einem weiteren Zusammenschluss von Brauereien in Deutschland und mit einem verstärkten Einstieg internationaler Konzerne. Das sind zentrale Ergebnisse einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG unter 260 Brauereien in Deutschland (Rücklaufquote: 21,5 Prozent).Fünf Prozent weniger Absatz bis 2009
In den letzten zehn Jahren ist der Bierausstoß in Deutschland um elf Prozent gesunken. Im selben Zeitraum ist der Weinkonsum um 17 Prozent gestiegen. Bis 2009 erwarten die Brauereiunternehmen ein weiteres Absatzminus von rund fünf Prozent. Diese Entwicklung steht im Zusammenhang mit dem sinkenden Anteil der jungen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung (demografischer Faktor) und mit veränderten Trinkgewohnheiten (Vielfältigkeit statt Markentreue, Einzug neuer Mixgetränke). Besonders heftig trifft es das Pils, für das der größte Absatzrückgang befürchtet wird. Zuwächse werden lediglich bei Biermixgetränken erwartet (z.B. Bier-Cola, Radler). Auch Weizenbier und Saisonbiere werden vergleichsweise gut nachgefragt.
Absatz über Discounter nimmt zu – PET-Flasche auf dem Vormarsch
Die Mehrzahl der befragten Brauereien geht davon aus, dass der Absatz über die Discounter zunimmt. Dagegen wird die Gastronomie weiter Marktanteile verlieren. Der Absatz an andere Brauereien und damit die Vertriebskooperation mit Brauereien hat ebenfalls rückläufige Tendenz. Die PET-Flasche ist weiter auf dem Vormarsch, die Einwegflasche büßt demgegenüber ein.
Konsolidierungsdruck wächst
„Die große Mehrheit der Brauereien in Deutschland erwartet, dass der Konsolidierungsdruck wächst und dass internationale Konzerne verstärkt in den deutschen Brauereimarkt einsteigen“, so Reiner Klinz, Senior Manager bei der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG. Nachdem sich zum Ende der 1990er Jahre nur einzelne Brauereien zusammengeschlossen haben, begann sich der Konzentrationsprozess mit dem Einstieg von Holsten bei König, von Inbev (früher Interbrew) bei Beck’s und von Heineken bei Paulaner/Kulmbacher zu beschleunigen. Die Fusionswelle erreichte 2004 mit dem Einstieg des dritten ausländischen Braukonzerns – Carlsberg – bei Holsten, der Übernahme von König und Licher durch Bitburger und den Kauf von Brau&Brunnen durch Radeberger einen Höhepunkt. Die acht größten Braukonzerne in Deutschland vereinigen inzwischen einen Marktanteil von rund zwei Dritteln auf sich. Inbev, Heineken und Carlsberg haben mit Unternehmenskäufen in Deutschland – dem drittgrößten Biermarkt der Welt – signifikante Absatzmengen von ca. 30 Mio. hl erwerben können.
Trotz der eingetretenen Konsolidierung ist die Anzahl der betrieblichen Braustätten nahezu unverändert geblieben. Deutlich zugenommen haben die Kleinstbrauereien (auch Gasthausbrauereien) mit einem Ausstoß unter 10.000 hl und die großen Braustätten mit einem Ausstoß über 1 Mio. hl. Brauereien mit einem Ausstoß zwischen 10.000 hl und 1 Mio. hl befinden sich dagegen auf dem Rückzug. Der Konsolidierungsdruck zu Lasten der mittelständischen Brauereien wird in Zukunft noch stärker werden.
Unternehmensrisiken und Wachstumschancen
Die Brauereien sehen die größten Gefahren für den Bestand ihres Unternehmens in einem weiteren Rückgang des Bierkonsums, den anhaltenden Überkapazitäten, den Absatzproblemen im Einzelhandel und der schlechten Kundenbonität in der Gastronomie. Das Umsatzwachstum im Discountbereich sowie der Absatzanstieg bei Handelsmarken führen zu einem erheblichen Druck auf die Absatzpreise und damit auf die Deckungsbeiträge der Brauereien.
Optimistisch sind die Unternehmen aber hinsichtlich ihrer Exportchancen ins Ausland. Reiner Klinz: „Hier sind auch zukünftig zweistellige Wachstumsraten durchaus möglich, jedenfalls für die Brauereien, die sich frühzeitig im internationalen Wettbewerb positioniert und entsprechende Vertriebsstrukturen aufgebaut haben.“
Steuerungsinstrumente
Die wichtigsten Steuerungsgrößen sind Absatz, Umsatz, Jahresergebnis und Liquidität. KPMG-Fachmann Klinz: „Überraschenderweise spielen Shareholder Value-Konzepte kaum eine Rolle, obwohl doch eine weitere Marktkonsolidierung erwartet wird.“
Eine Deckungsbeitragrechnung ist nur bei rund einem Drittel der befragten Brauereien Bestandteil ihrer Berichterstattung. Dabei wäre gerade die laufende Überwachung der Rohmarge (Umsatzerlöse abzüglich Kosten der Produktion) und der Gemeinkosten in Branchen mit geringen Gewinnen sehr wichtig. Nur bei wenigen Brauereien sind die Kennzahlen aus dem Risikomanagementsystem im Berichtswesen enthalten - ein Indiz dafür, dass viele mittelständische Brauereien noch gar keine Risikofrüherkennung implementiert haben.
Strategien und Ausblick
Reiner Klinz: „In einem schrumpfenden Markt versuchen viele Brauereien, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern durch eine Konsolidierungsstrategie (Kostenreduzierung und Effizienzsteigerung) und durch eine Wachstumsstrategie (Entwicklung neuer Produkte und Erschließung neuer Märkte). Umso erstaunlicher ist es, dass 30 Prozent der Unternehmen noch keine Kostenplanung erstellen.“
Eine klare Mehrheit der befragten Unternehmen setzt auf Qualität, entweder durch die Premiummarken-Strategie oder durch die Fokussierung auf Marktsegmente. Klinz: „Bemerkenswert ist, dass nur rund 20 Prozent eine Kooperation mit einer anderen Brauerei als denkbare Wachstumsstrategie ansehen. Dabei könnten insbesondere mittelständische Brauereien, die für Investitionen in neuen Märkten nicht die nötige Finanzkraft haben, über Kooperationen ihre Wettbewerbsposition verbessern. Mögliche Ansatzpunkte für solche Kooperationen sind die Bündelung von Produktionskapazitäten etwa im Abfüllbereich, die gemeinsame Nutzung der EDV und die Zusammenarbeit in Logistik und Vertrieb.“
DIE UMFRAGE ZUM DOWNLOAD [1.330 KB]
Quelle: Berlin [ kpmg ]