Italienisches Lebensgefühl, motivierte Arbeitskräfte und niedrige Steuern
Rumäniens Lockruf an Deutschlands Mittelständler
Deutschlands Mittelständler halten Rumänien für einen der interessantesten Standorte in Osteuropa. Das lässt sich aus dem Zulauf schließen, den eine gemeinsame Konferenz des rumänischen Generalkonsulats, der internationalen Kanzlei Nörr Stiefenhofer Lutz und der Industrie- und Handelskammer München fand. Rund 180 Vertreter überwiegend mittelständischer Unternehmen waren am Dienstag (26. Juli) nach München gekommen, um sich über Investitions- und Standortbedingungen in dem Land am Schwarzen Meer zu informieren.Gründe, warum dieses Interesse gerechtfertigt ist, lieferte Andreas Willaczek von dem Wälzlager-Hersteller Ina Schaeffler KG. "In unserem Haus gilt der Aufbau der Produktion in Rumänien als Erfolgsprojekt", berichtete er. Das Unternehmen habe die Zahl seiner Mitarbeiter dort von 152 im Jahr 2003 bis heute auf mehr als 1.000 vergrößert. Im Oktober kommenden Jahres soll die dritte Fertigungshalle stehen. "Qualifizierte Facharbeiter und hervorragende Ingenieure zu finden, ist kein Problem", sagte Willaczek. Der Durchschnittsbruttolohn pro Monat betrage 200 Euro, die Mitarbeiter seien motiviert, Krankenstand und Fluktuation seien niedrig.
Wortwörtlich als "eines der attraktivsten Länder in Mittelosteuropa" bezeichnete Dr. Martin Schmucker, der Geschäftsführer der Reif Bauunternehmung, Rumänien. Der Nachholbedarf an Infrastruktur-Investitionen sei gewaltig. Seit Mitte der 90er Jahr wachse die Baubranche jährlich um zehn Prozent. Die Arbeitskosten lägen mit 1,50 Euro pro Stunde etwa bei einem Zwanzigstel des Werts für die alten Bundesländer. Beim Bau einer Fertigungshalle für einen Automobilzulieferer sind nach Schmuckers Worten von der ersten Kontaktaufnahme mit dem Kunden über die Erstellung des Lastenhefts und Abbrucharbeiten für ein altes Gebäude bis zur Fertigstellung nur elf Monate vergangen.
"In der Euphorie über schnelle und erfolgreiche Investitionen sollten Unternehmer jedoch nicht die Vorsicht des Kaufmanns vergessen", warnte Dr. Jörg K. Menzer, Rechtsanwalt von Nörr Stiefenhofer Lutz in Bukarest. Die Eigentumsverhältnisse an Grundstücken müssen vor dem Kauf geprüft werden, sonst droht eine Rückabwicklung. Statt eine Niederlassung oder Geschäftsstelle einzurichten, sollte eine Tochtergesellschaft in Form der rumänischen SRL gegründet werden, das Pendant zur deutschen GmbH. "Dann bleibt die Haftung auf die Tochtergesellschaft begrenzt, die Konzernmutter ist vor einem Durchgriff geschützt", so Menzer.
Auch die Verlustnutzung sollte professionell geplant werden, um nicht mehr Steuern entrichten zu müssen als nötig - auch wenn die Steuerbelastung insgesamt niedrig ist. Der Körperschaftsteuersatz liegt bei 16 Prozent. Dividenden werden mit 10 Prozent besteuert, sofern der Steuerpflichtige im Inland wohnt. Bei einem Wohnsitz im Ausland sind es 15 Prozent. Die Mehrwertsteuer liegt bei 19 Prozent.
"Hinzu kommt das italienische Lebensgefühl", sagt Menzer. Und darin liege die eigentliche Gefahr einer Investition in Rumänien. "Die Mischung aus wirtschaftlichen und kulturellen Reizen habe schon manchen grundsoliden deutschen Mittelständler seine kaufmännische Vorsicht hintanstellen lassen."
Quelle: München [ nsl ]