Anmerkungen zum Fleischskandal, der eigentlich ein Abfallskandal ist und unkoordinierte Behördenarbeit aufzeigt

Kriminelle Energie ist stärker als Verordnungen - Bayerischer Verbraucherminister eiert und schlägt um sich

Versuchen wir die Aufarbeitung einigermaßen chronologisch:

  • In den letzten zwei Jahren hat, so lassen Untersuchungen vermuten, eine Umwidmung von nicht für den Verzehr gedachten Hühnerkarkassen und Schweineschwarten zu Lebensmittelrohstoffen durch eine Deggendorfer Firma stattgefunden.
  • Ermittelt hat dazu die Zollfahndung Lindau und die Staatsanwaltschaft in Memmingen.
  • Das Bayerische Verbraucherschutz-Ministerium hat nach eigenen Worten von dem Verdacht erst am 11. Oktober 2005 Kenntnis erhalten, und zwar durch eine Mitteilung des Niedersächsischen Verbraucherschutz-Ministeriums, das wiederum von einer dortigen Firma erfahren habe, dass man eine Lebensmittellieferung aus Deggendorf wegen Untauglichkeit zurückgewiesen habe.
  • Am 13. Oktober hat der Stern einen großen und spekulativen Bericht hierzu veröffentlicht.
  • Am 13. Oktober schreibt das bayerische Verbracherministerium: "Mit einer sofort angeordneten Großrazzia bei 39 bayerischen Zwischenbehandlungsbetrieben für ''Fleischnebenprodukte der Kategorie 3'' hat Bayerns Verbraucherschutzminister Werner Schnappauf den ersten Schritt getan, Licht in die offenbar hoch kriminellen Machenschaften zweier bayerischer Fleischbetriebe zu bringen."
  • Am 14. Oktober, so Schnappauf sind die Empfängerbetriebe der falsch deklarierten Fleisch-Rohware identifiziert und Rückrufaktionen gewollt. "Auch wenn derzeit noch nicht abgeschätzt werden kann, in wieweit diese Materialien im Markt verarbeitet sind, sollen alle Anstrengungen unternommen werden, um diese Produkte aus den Regalen zu nehmen."
  • Am 18. Oktober hat das Ministerium zumindest vom 15.12.2004 bis 24.02.2005 produziertes "Hühnerklein" und "Hühnersuppentopf" identifiziert. Darüber seien verschiedene Landes- und das Bundesministerium informiert worden. Die Betroffene Vertriebsfirma wehrt sich gegen den Vorwurf.
  • Am 19. Oktober erklärt das Ministerium, dass dieser Rückruf richtig und rechtens sei.
  • Am 23. Oktober berichtet die Bild am Sonntag, dass die bayerischen Behörden schon seit Juli von dem Verdacht wussten und auch seither 7 mal den Betrieb kontrolliert hatten. (Details hier)
  • Am 24. Oktober hören wir vom Ministerium, dass es erst am 11. Oktober Kenntnis bekommen habe. Zuerst schien es ja, dass die Bayern das gar zuerst im Stern gelesen hätten.

Was folgern wir:

  • Der Skandal ist ein Skandal. Da hat jemand kriminelle Energie beim Umgang mit Lebensmitteln bewiesen und ist erwischt worden.
  • Makaber, aber der Skandal bzw. das Skandalmaterial scheint im wörtlichen Sinne zum größten Teil gegessen (oder spurlos verarbeitet) ...
  • In Bayern gab / gibt es massive Kommunikationsprobleme zwischen Justiz und Ministerien. Die sind beide in "bayerischer Zuständigkeit" und da nutzt auch ein "Zollminister" Eichel nicht als Blitzableiter.
  • Es bleibt absolut unverständlich, dass die Staatsanwaltschaft keinerlei Grund zur dringlichen Information der Verbraucherbehörden sah oder aber den Dienstweg zum "Beerdigen" der Information gestreng einhielt.
  • Auch makaber, sollten Zoll zur besseren Absicherung erster Fahndungserfolge die Betrügerei weiter zugelassen haben, ohne an den Verbraucher zu denken. Aber das wollen wir so nicht hoffen!
  • Eine Frechheit ist die Informationspolitik des Verbraucherministers Schnappauf. Er keilt gegen Länderkollegen und missliebige Bundesminister (Trittin und Eichel), agiert gegen mittelständische Unternehmen, nur ER und sein Ministerium machen alles richtig, wenn sie loslegen.
  • Eine Frechheit ist die Informationspolitik des Verbraucherministers Schnappauf. Braucht er doch 10 Tage um mit der heute gültigen Version der ersten Erkenntnis des Skandals in seinem Hause herauszukommen.
  • Dafür hat Herr Minister Schnappauf aber gleich eine Liste an nötigen Änderungen der "zuständigen" EU-Verordnung zur Hand. Zu guten Teilen prägnant seine Liste. Nur, warum will er gleich noch alle zur weiteren Verarbeitung (Heimtierfutter, technische Rohstoffe) zugelassenen "K3-Abfälle" durch Farbe, Salz oder Aroma dafür untauglich machen. Nachhaltigkeit ist was anderes.

Was folgern wir noch

  • Bayern hat es vorgemacht: Als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet. Nach einem kurzen Hoch zu Beginn der BSE-Krise ist der Verbraucherschutz hinter den Ausgangsstand zurückgefallen. Kontrolleure und Kontrollen werden als mißliebige Kostenfaktoren im Haushalt zurückgestuft. Und im Zweifel ist der Bund schuldig obwohl für die Überwachung gar nicht zuständig.

Lebensmittel sind Vertrauenssache

  • Nur Vertrauen ist gut und Kontrolle besser
  • Viele Lebensmittelbetriebe haben inzwischen gut funktionierende Qualitätssicherungssysteme. Dazu gehört eine intensive Lieferantenbeurteilung ebenso, wie rigide Wareneingangskontrollen (der Betrieb in Niedersachsen hat es vorgemacht) ein funktionierendes Rückrufsystem, falls wirklich mal was schief läuft.

Quelle: Hemsbach [ Ein Zwischenruf von Thomas Pröller ]

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