Deutschland wird zum Einwegland
Gewinner und Verlierer durch Dosenpfand
Das zum 1. Mai 2006 startende nationale Rücknahmesystem für bepfandete Einweg-Getränkeverpackungen wird den Verpackungstrend in Richtung Einweg bei den Alkoholfreien Getränken weiter stark beschleunigen, teilt die Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke e.V. (wafg) heute in Berlin mit. Das durch die Verpackungsverordnung gerade auch zum Schutze der Mehrwegbetriebe eingeführte Dosenpfand bewirkt genau das Gegenteil des von ihr bezweckten Ziels. "Mehrweg", so Präsident Martin Möller, "wird mittel- bis langfristig bei den Alkoholfreien Getränken nur noch für regional agierende Getränkeabfüller Bedeutung haben."
Zu dieser Analyse kommt die wafg aufgrund der Entwicklung des Verpackungsmarktes seit Einführung des Pflichtpfandes, der geringeren Prozess- und Logistikkosten für Einweggetränke im Handel und der aus Convenienceaspekten bevorzugten Einweggetränke durch die Verbraucher.
Die Mehrwegquote bei Alkoholfreien Getränken ist seit Ende 2002 von 51,8 Prozent auf nur noch 41,8 Prozent im Jahr 2005 zurückgegangen. Für das 2. Halbjahr 2005 ergeben sich für die einzelnen Getränkesegmente folgende Mehrwegquoten:
- Erfrischungsgetränke 53,5 % 1 (2002: 53,97 % 2)
- Wässer 51,7 % 1 (2002: 68,33 % 2)
- Fruchthaltige Getränke 11,4 % 1 (2002: 29,46 % 2)
Bereits im Vorgriff auf das einheitliche Einweg-Rücknahmesystem ab Mai 2006 haben sowohl der Lebensmitteleinzelhandel, vor allem aber die Discounter, Alkoholfreie Getränke in Einweg großflächig wieder eingelistet und bauen ihr Einweg-Sortiment kontinuierlich weiter aus. Fast alle Großen des Handels haben auch bereits Einweg-Rücknahmeautomaten geordert.
Einweg-Getränkeverpackungen sind leichter und beanspruchen weniger Volumen und Fläche. Nach einer aktuellen Studie des EuroHandelsinstituts in Köln (EHI) verursachen sie auch bis zu 70 Prozent weniger Prozesskosten im Handel. Nach Einschätzung der Wirtschaftvereinigung Alkoholfreie Getränke e.V. ist es daher nur eine Frage der Zeit, dass Mehrweg bei Alkoholfreien Getränken mehr oder weniger aus den Regalen verdrängt wird.
Einweggetränke mit ihren leichten Umverpackungen sind laut wafg inzwischen auch für den Verbraucher wesentlich einfacher zu handhaben als Mehrwegkästen und aufgrund der Bepfandung erkennt der Kunde keinen Unterschied mehr zwischen Einweg und Mehrweg. Schließlich entfallen für den Verbraucher mit Einführung des einheitlichen Rücknahmesystems die derzeit noch vorhandenen Nachteile durch die komplizierte Rücknahme von entleerten Einweggebinden.
Nach Ansicht der wafg wird in erster Linie der Verbraucher von dem Einwegpfand profitieren. Die Verkaufspreise für Einweg im Handel sind deutlich geringer als für Mehrweg, der Transport und die Rückgabe sind einfacher. Außerdem erhält er bei jedem Kauf eine neue Verpackung ohne die typischen Gebrauchsspuren einer wiederverwendbaren Mehrwegflasche.
Auf der Verliererseite stehen die deutschen Mehrwegbetriebe und ihre Mitarbeiter. Wegen der nicht mehr erforderlichen Mehrweglogistik wird sich die Getränkeabfüllung zwangsläufig weiter internationalisieren. Der Druck auf die deutschen Hersteller wird weiter zunehmen und der Strukturwandel in der Alkoholfreien Getränkewirtschaft sich weiter beschleunigen.
Die Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke e.V., die ein kontinuierliches Wachstum des AFG-Marktes in Deutschland, Mehrweg- ebenso wie Einweg-Verpackungen für erforderlich hält, bedauert die sich abzeichnende Entwicklung. Sie hatte sich von Anfang an gemeinsam mit der deutschen Ernährungsindustrie und dem Handel für eine Abschaffung des Zwangspfandes eingesetzt. "Es ist außerordentlich schade," so Martin Möller, "dass die eindringlichen Appelle von Wirtschaft und Gewerkschaft, auf das Einwegpfand doch noch zu verzichten, auch bei der neuen Bundesregierung kein Gehör finden.
Leider hat sich auch der neue Bundesumweltminister Gabriel bereits öffentlich darauf festgelegt, dass das Dosenpfand auch von der großen Koalition nicht beseitigt wird und die geltende Verpackungsverordnung vollzogen wird."
- Quelle: GfK ConsumerScan
- Quelle: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Quelle: Berlin [ wafg ]