100 Tage-Bilanz: Als Genhofer und Käfig-Horst in Aktion
Horst Seehofer ist bald 100 Tage im Amt. Das kommentiert Ulrike Höfken [Bündnis 90 / DIE GRÜNEN]
Horst Seehofer hat kein Profil in der Verbraucherpolitik. Konsequenterweise sollte er auf den Titel verzichten und sich nur noch als Landwirtschaftsminister bezeichnen. Die unter Renate Künast etablierte fortschrittliche Verbraucherpolitik ist Vergangenheit.
In den Bereichen Ernährung und Landwirtschaft zeigt Seehofer bislang keine Ambitionen für die mittelständischen Bauern und die Qualitätserzeugung. Vor allem wird die Industrie bedient und die Bauernfunktionäre mit ein bisschen Rhetorik ruhig gestellt. Der Kahlschlag im Bundeshaushalt und auf EU-Ebene im Bereich der Entwicklungsförderung des ländlichen Raumes ist mehr als besorgniserregend. In wichtigen Zukunftsfeldern wie der Regionalvermarktung, dem Tourismus und den Erneuerbaren Energien werden Arbeitsplätze verhindert.
Als erste Amtshandlung hat Horst Seehofer die Zulassung der Genmaissorte Mon810 des US Konzerns Monsanto vorangetrieben. Dabei verfügt diese Sorte nicht einmal über eine legale EU Zulassung als Saatgut und wurde unter den alten Bedingungen der 90 Jahre noch durchgezogen: eine Zumutung für die Verbraucher. Mit der Zulassung ist nun erstmals der kommerzielle Anbau von Gen-Pflanzen in Deutschland möglich. Die bereits angekündigten gesetzlichen Veränderungen bei Haftungs- und Transparenzfragen lassen einen Freifahrtschein für die Agrogentechnik befürchten. Der Minister schickt sich an, als Genhofer in die Analen der Bundesrepublik einzugehen.
Die gleiche verbraucherpolitische Fahrlässigkeit bei den Funden der Druckerfarbe ITX in Getränkekartons: Andere Länder wie Italien und Kroatien starten eine sofortige Rückholaktion. In Deutschland gibt es stattdessen eine lasche Selbstverpflichtung seitens der Industrie.
Das auf dem Höhepunkt der Gammelfleisch-Krise von Horst Seehofer für den Januar angekündigte Verbraucher- Informationsgesetz ist immer noch nicht in Sicht. Die bisher aufgetauchten Entwürfe verschleiern den Verbrauchern, wer umetikettiert und Angaben fälscht. Behörden können weiter nach eigenem Ermessen abwiegeln und der Verbraucher hat kein Recht auf Information seitens der Unternehmen.
Als nächster Streich kündigt sich für den April die Rücknahme des Verbotes der Käfighaltung bei Hühnern an. Das unter grüner Federführung durchgesetzte Käfigverbot ab 2007 soll zugunsten der Geflügelindustrie durch einen Etikettenschwindel mit Namen "Kleinvoliere" ausgehebelt werden.
Quelle: Berlin [ Ulrike Höfken ]