VIER PFOTEN: Ungenügende Vorgaben schreiben millionenfaches Tierleid fest

EU verabschiedet Richtlinie für Masthühner

In Brüssel hat der EU-Ministerrat für Landwirtschaft und Fischerei Haltungsvorgaben für Masthühner beschlossen. "Die neue Richtlinie ignoriert wissenschaftliche Erkenntnisse und legitimiert schwere Tierschutz-Defizite", erklärt Markus Pfeuffer, Leiter Tierschutzprogramme von VIER PFOTEN. Kernpunkte der VIER PFOTEN Kritik sind die Festschreibung viel zu hoher Tierdichten im Stall und die weitgehende Ausklammerung gravierender Tierschutzprobleme durch die einseitige Turbo-Zucht. "Mit dieser Entscheidung verspielt der Ministerrat eine wichtige Chance für den Tierschutz in Europa", sagt Pfeuffer. In der EU werden jedes Jahr fünf Milliarden Masthühner geschlachtet, Deutschland belegt mit jährlich rund 480 Millionen Tieren Platz fünf.

Nach der neuen Richtlinie werden sich in Zukunft bis zu 26 Masthühner auf einem Quadratmeter Stallfläche drängen. Dies entspricht dem beschlossenen Maximum von 42 Kilogramm pro Quadratmeter. "Masthühnern wird damit drastisch weniger Platz zugestanden als Legehennen in Käfigbatterien, die ab 2012 EU-weit verboten sind", so Pfeuffer. VIER PFOTEN und andere Tierschutzorganisationen forderten bei den Beratungen eine Besatzdichte von höchstens 15 Tieren pro Quadratmeter. Dieses Maximum hatten auch die Veterinärexperten der EU empfohlen, um größere Tierschutzprobleme zu vermeiden. Der in der Richtlinie festgeschriebene Grundwert von 33 Kilogramm pro Quadratmeter wird in der Praxis für die wenigsten Mastbetriebe eine Rolle spielen, da sie die Zusatzanforderungen für eine Aufstockung einhalten werden.

Schritte zur Vermeidung schwerer Tierschutzprobleme aufgrund der einseitigen Turbo-Zucht auf raschen Fleischzuwachs klammert die Richtlinie gänzlich aus. Zunächst soll hierzu lediglich ein Bericht erstellt werden. Dabei sind die schädlichen Auswirkungen dieser Zucht wissenschaftlich seit langem unstrittig. Die heutigen High-Tech-Hähnchen werden bereits nach 35 Tagen geschlachtet. Die Todesraten sind bei diesen Turbo-Masthühnern siebenmal höher als bei gleichaltrigen Legehennen und viermal höher als bei langsamer wachsenden Rassen. "Nicht selten sind mehr als 30 Prozent der Masthühner krank oder verletzt, wenn sie am Schlachthof ankommen", erklärt Pfeuffer. Infolge der miserablen Haltungsbedingungen und der Überzüchtung leiden viele Tiere an Stoffwechselerkrankungen, Lahmheit und Hautkrankheiten, die Eingangspforten für Infektionen bilden. In den strukturlosen, dunklen Ställen können die Hühner ihr natürliches Verhalten nicht ausleben.

Viele Umfragen belegen, dass der Tierschutz für europäische Bürgerinnen und Bürger immer stärker an Bedeutung gewinnt. Mit dem so genannten "Aktionsplan für Tierschutz" möchte die EU der rasch steigenden Bedeutung des Tierschutzes Rechnung tragen. "Die neuen Standards für Masthühner verkehren dieses Ziel ins Gegenteil", kritisiert Pfeuffer. "Aus unserer Sicht ist die neue Richtlinie ein Armutszeugnis für die europäische Tierschutzpolitik, denn schwere Tierschutzprobleme werden nicht verhindert, sondern gesetzlich legitimiert."

Im Koalitionsvertrag hat die deutsche Bundesregierung ausdrücklich eine Erhöhung der Tierschutzstandards in der EU als Ziel und politische Verpflichtung festgeschrieben. "Mit der gestern verabschiedeten Richtlinie hat die deutsche Ratspräsidentschaft diesem Ziel einen Bärendienst erwiesen", erklärt Pfeuffer abschließend. In Ländern mit höheren Tierschutzstandards für Masthühner, darunter Deutschland, Österreich, Großbritannien und Schweden, wird nun auf nationaler Ebene der Kampf um die Absenkung auf das EU-Niveau beginnen. Die deutsche Vereinbarung für die Haltung von Masthühnern legte bisher eine maximale Besatzdichte von 35 Kilogramm pro Quadratmeter fest.

Quelle: Hamburg [ Vier Pfoten ]

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