Gegen Wasserpanscher bei der Wurst

Zur Zulässigkeit von Wasser und Wasserbindern in der Fleischverarbeitung

Einsatz von Proteinhydrolysaten bei Fleisch und Fleischerzeugnissen nur in engen gesetzlichen Grenzen möglich – Illegale Praktiken verwässern Fleisch und Wurst - Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit will Sünder jagen - Analysenmethode verbessert - Zusätzlich Betriebsbegehungen angedroht

Einführung

Proteinhydrolysate werden durch Spaltung von tierischem oder pflanzlichem Eiweiß entweder durch Zugabe von Säuren unter hohen Temperaturen und Druck oder durch den Einsatz von Enzymen gewonnen. Dabei entstehen je nach Prozessführung kürzere Eiweißketten und Aminosäuren. Nach dem gleichen Prinzip werden Speisewürzen und Sojasaucen sowie Gelatine hergestellt. Eine neuere Entwicklung stellen die so genannten Functional Meat Proteins (FMP) dar, die aus Abschnitten von Muskelfleisch oder aus nach dem Fleischhygienerecht als tauglich beurteilten Nebenprodukten wie Knochen, Blut oder Häuten durch enzymatische Spaltung bei Temperaturen um 60 Grad Celsius hergestellt werden. Von der Lebensmittelindustrie werden Proteinhydrolysate hauptsächlich verwendet zur Beeinflussung von Geschmack und Aroma, aber auch zur Verbesserung von Lebensmittel-Oberflächen, des Wasserbindungsvermögens und zur Optimierung der ernährungsphysiologischen Eigenschaften. Proteinhydrolysate kommen beispielsweise in Gewürzen, Süßwaren, Molkereiprodukten und in Sportlernahrung zum Einsatz.

Rechtslage und Beurteilungspraxis bei Fleisch- und Fleischerzeugnissen

Nach deutschem Recht (§ 4 (1) Nr. 5 der Fleisch-Verordnung) dürfen Fleischerzeugnisse gewerbsmäßig nicht in den Verkehr gebracht werden, wenn bei ihrer Herstellung Proteinhydrolysate verwendet wurden. Ausgenommen sind Würzen, die zum unmittelbaren Verzehr bestimmt sind und deren Gehalt an Gesamtstickstoff nicht über  4,5 Prozent liegt. In der Praxis bereitet diese Regelung häufig Probleme bei der lebensmittelrechtlichen Beurteilung, da mit der Kenntlichmachung als Würze der Einsatz von Proteinhydrolysaten verschleiert werden kann. Wird das Produktgewicht durch die Beigabe von Wasser bzw. Fremdproteinen künstlich erhöht, so ist der Einsatz von Würzen auf Proteinhydrolysatbasis als Irreführung des Verbrauchers im Sinne des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes anzusehen. 

Bei frischem Geflügelfleisch wurden im Rahmen der amtlichen Überwachung wiederholt überhöhte Wassergehalte bedingt durch den Einsatz von Wasserbindern (Proteinhydrolysate) festgestellt. Derartig behandelte Produkte verstoßen gegen geltendes Recht der Europäischen Union (vgl. Artikel 5 der Richtlinie 71/118/EWG zur Regelung gesundheitlicher Fragen beim Handelsverkehr mit frischem Geflügelfleisch). Danach ist die Zugabe von Wasserbindern auf allen Stufen der Nahrungskette verboten. Der erhöhte Wassergehalt und die fehlende Kenntlichmachung von Wasser bindenden Stoffen stellen eine Verbrauchertäuschung besonderen Ausmaßes dar. In diesem Zusammenhang hat die Europäische Kommission die Mitgliedstaaten gebeten, ihre Überwachungsaktivitäten zu verstärken. Diese Aufgabe nehmen in Deutschland die Länder wahr. Außerdem hat das Lebensmittel- und Veterinäramt der EU (Food and Veterinary Office) für das Jahr 2005 Inspektionen in den Mitgliedstaaten angekündigt, um den Erfolg der Überwachungsmaßnahmen zu überprüfen.

Analytischer Nachweis von Proteinhydrolysaten in Fleisch und Fleischerzeugnissen

Zum spezifischen Nachweis von Proteinhydrolysaten werden biochemische und molekularbiologische Untersuchungsverfahren, beispielsweise PCR (Polymerase-Kettenreaktion, Elektrophorese und ELISA (Enzyme linked immunosorbent Assay) herangezogen. Außerdem müssen bei der Analytik der Einfluss der genetischen Variabilität, der Fleischreifung und der Verarbeitungstechnologie berücksichtigt werden. 

Diese routinemäßig angewandten Methoden führten allerdings bisher nicht immer zum Nachweis unrechtmäßig zugesetzter Fremdproteine. Dies ist unter anderem auf den gestiegenen Reinheitsgrad der eingesetzten Proteinhydrolysate und die Komplexität von Fleischuntersuchungen zurückzuführen. Ein neuer Ansatz zur Bestimmung von Fremdprotein-Zusätzen in frischem Fleisch könnte sich mit der Bestimmung des Musters der freien Aminosäuren abzeichnen:  Aminosäuren kommen in freier Form je nach Tierart in unterschiedlicher Häufigkeit vor. Durch einen Vergleich der Aminosäure-Muster von frischem Fleisch mit behandelten Produkten kann zum Beispiel der Zusatz von Proteinhydrolysaten aus Geflügelfleisch in frischem Schweinefleisch nachgewiesen werden. Eine analytische Herausforderung stellte bisher der Zusatz von Proteinhydrolysaten zu Fleisch gleichartiger Herkunft dar, also beispielsweise aus Schweinefleisch gewonnenes Proteinhydrolysat, das in Schweinefleisch eingesetzt wird. Auch hierfür könnte sich die Aminosäurebestimmung eignen. Dazu müssen im Rahmen von Vorversuchen mit Proben definierter Zusammensetzung weitere Ergebnisse gesammelt und ausgewertet werden, um daraus eine Datenbank von Vergleichsmustern zu erstellen. 

Maßnahmen

Zur Weiterentwicklung der Analysenmethoden für Fleisch und Fleischerzeugnisse, die Proteinhydrolysate enthalten wird eine Projektgruppe unter Beteiligung von Experten aus den Bundesländern, der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel sowie des BVL in Kürze die Arbeit aufnehmen.

In Anlehnung an eine Empfehlung der EU-Kommission hat das BVL die Untersuchung von Wassergehalt und Wasser bindenden Stoffen in Puten-, Schweine-, und Rindfleisch sowie Fleischerzeugnissen im Rahmen der bundesweit koordinierten Überwachungsprogramme für die Jahre 2005 und 2006 vorgeschlagen.

Quelle: Berlin [ bvl ]

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