Kalorienarme Zucker in Lebensmitteln
Das Institut für Lebensmitteltechnologie.NRW (ILT.NRW) der Hochschule OWL ist beteiligt am Forschungsprojekt „Healthy Sugars“. Gemeinsam mit Partnern aus Industrie und Wissenschaft und mit Förderung des Bundeslandwirtschaftsministeriums untersuchen die Lemgoer und Detmolder Forscherinnen und Forscher die Anwendung von Zuckeralternativen. Zucker führt zu Übergewicht, Diabetes und Karies – das ist den Verbraucherinnen und Verbrauchern bewusst. Doch die Verführung des Süßen ist groß und es mangelt an geschmacklich gleichwertigen Alternativen zum Haushaltszucker. Um das zu ändern, forschen Wissenschaft und Industrie gemeinsam im Projekt „Healthy Sugars“. Die Hochschule Ostwestfalen-Lippe ist hieran mit den Fachgebieten Getränketechnologie (Leitung: Professor Dr. Jan Schneider) und Backwarentechnologie (Leitung: Professorin Dr. Ute Hermenau) beteiligt. Die besondere gesellschaftliche Bedeutung des Projektes stellt die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner heraus, indem sie den Zuwendungsbescheid für die Projektförderung am 29. November 2018 den beteiligten Partnern im Ministerium persönlich überreichte.
Wachsender Bedarf
„Durch Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation und das zunehmende Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung wird die Nachfrage nach kalorienarmen und gesunden Alternativen zur Saccharose in Zukunft stetig ansteigen. Nach allem was wir heute über die neurobiologischen-psychologischen Vorgänge im Einkaufs- und Ernährungsverhalten wissen, reicht es leider nicht aus, aufzuklären oder Verzichtanreize zu geben“, sagt Professor Jan Schneider, Leiter des Fachgebietes Getränketechnologie. Die heutzutage eingesetzten Alternativen – also vor allem Zuckeraustausch- und Süßstoffe – haben Nachteile in der Sensorik und stoßen deshalb bislang nur auf eine mäßige Akzeptanz bei den Verbrauchern. Denn Zucker ist in Lebensmitteln zwar vor allem wichtig für die Süßung; aber er beeinflusst auch maßgeblich die Körper- und Farbgebung, das Mundgefühl und die Konservierung der Produkte.
Zwei neuartige Zucker
Das Forschungsprojekt untersucht deshalb zwei neuartige Zucker: Allulose und Cellobiose. Allulose wird aus Maisstärke gewonnen und bisher in Asien und den USA produziert, wo sie als unbedenklich eingestuft ist. In Europa ist sie noch nicht zugelassen. Ihre Süßkraft liegt bei 70 Prozent derer von Haushaltszucker. Cellobiose erreicht 20 Prozent der Süßkraft im Vergleich zum herkömmlichen Zucker. Sie entsteht durch den Abbau von Cellulose durch beispielsweise Bakterien oder Pilze und kann unter anderem neue Möglichkeiten für Lactose-intolerante Verbraucher eröffnen. „Durch das unterschiedliche Eigenschaftsprofil beider Zucker ergeben sich komplementäre oder miteinander kombinierbare Einsatzfelder in Lebensmitteln. Gemeinsam ist beiden Zuckern jedoch der im Vergleich zur Saccharose deutlich geringere Brennwert und glykämische Index“, sagt Professorin Ute Hermenau, Leiterin des Fachgebiets Backwarentechnologie.
Untersuchung der Akzeptanz
Das Forschungsprojekt zielt auf die Entwicklung der Herstellung von Allulose und Cellobiose sowie auf die Nutzungsmöglichkeiten der Zucker zur Saccharose- und damit zur Kalorienreduzierung in Getränken und Lebensmitteln. Ein Fokus liegt dabei auf den sensorischen und qualitativen Eigenschaften des Endprodukts sowie auf den gesundheitlichen Auswirkungen und der Verträglichkeit der eingesetzten Stoffe. Entstehen sollen Reformulierungen der Zusammensetzungen der Produkte, die einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Markteinführung markieren. Das ILT.NRW der Hochschule OWL erforscht den Einsatz der beiden neuen Zucker in Getränken und Backwaren. Das Team der Getränketechnologie betrachtet gleichermaßen Getränke mit und ohne Alkohol. Beim Team der Backwarentechnologie reicht die Bandbreite von Feinen Backwaren über Kleingebäcke bis zu Broten. Die weiteren Projektpartner befassen sich mit Süßwaren, Konfitüren und Fruchtzubereitungen sowie Instantprodukten und Nahrungsergänzungsmitteln. Dabei decken die Projektbeteiligten die gesamte Wertschöpfungskette von der Herstellung der Zucker über die Produktion von Zwischenprodukten bis zum fertigen Lebensmittel ab.
Förderung und Partner
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft fördert dieses Forschungsprojekt im Rahmen der Nationalen Reduktionsstrategie für Salz, Fett und Zucker. Das Projekt mit dem ausführlichen Titel „Neuartige kalorienarme Zucker in Lebensmitteln“ läuft seit März 2018 bis Februar 2021, die Arbeiten an der Hochschule OWL sind im September 2018 gestartet. Es hat ein Volumen von rund drei Millionen Euro; fast 450.000 Euro davon fließen an die Hochschule OWL. Neben der Hochschule Ostwestfalen-Lippe ist die RWTH Aachen beteiligt sowie die Unternehmen Pfeifer & Langen GmbH & Co. KG (Verbundkoordinator), KRÜGER GmbH & Co. KG sowie das Start-up Savanna Lebensmittel GmbH.
Lebensmitteltechnologie an der Hochschule OWL
Die Hochschule Ostwestfalen-Lippe zählt zu den forschungsstärksten Fachhochschulen in Deutschland. Einer ihrer profilbildenden Forschungsschwerpunkte ist die Lebensmitteltechnologie, deren Kompetenzen vor allem im Institut für Lebensmitteltechnologie.NRW (ILT.NRW) gebündelt sind. Gemeinsam mit dem hochschuleigenen Institut für industrielle Informationstechnik (inIT) ist das ILT.NRW Kern der Initiative smartFoodTechnologyOWL, die Industrie 4.0-Technologien in der Lebensmittelbranche erforscht und entwickelt. Dabei kooperiert die Hochschule OWL mit mehr als 40 Partnern aus Industrie, Handwerk, Handel und weiteren Forschungseinrichtungen. Gefördert wird die Initiative mit vier Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Eine weitere Stärkung erfährt das Themenfeld durch den Bau einer Forschungsfabrik für die Digitalisierung der Lebensmittelproduktion auf dem Innovation Campus Lemgo. Hierfür hat die Hochschule OWL im Oktober 2018 eine Förderzusage über neun Millionen Euro aus dem Projektaufruf „Forschungsinfrastrukturen NRW“ erhalten.
Weitere Informationen: www.hs-owl.de/ilt-nrw