Vergleichende Untersuchungen zum Wasser-Protein-Verhältnis in Hähnchen- und Putenschenkeln

Kurzfassung eines Vortrages der 44. Kulmbacher Woche 2009

In unbehandeltem Geflügelfleisch bzw. in Geflügelteilstücken findet sich ein physiologisch festes Verhältnis von Rohprotein zu fleischeigenem Wasser, das in der sogenannten Federzahl ausgedrückt wird. Zur Beurteilung eines technisch bedingten Wasserzusatzes (Fremdwasser) wird gegenwärtig das physiologische Wasser- Protein-Verhältnis (W/P) herangezogen. Im Sinne der Vermarktungsnormen regelt die Verordnung (EG) Nr. 543/2008 der Kommission die Bestimmung des W/P als Indikator für die technisch unvermeidbare Wasseraufnahme im Produktionsbetrieb. Für die Bestimmung ist u. a. vorgegeben, dass die Teilstücke und Schlachtkörper als Ganzes, d. h. mit Knochen, zu untersuchen sind. Für verschiedene Teilstücke von Hähnchen und Puten sind Höchstwerte definiert, die auf Berechnungen einer EUVergleichsstudie aus dem Jahre 1993 basieren.

Zielsetzung der Untersuchung war die Ermittlung des Einflusses der Probenvorbereitung (Analyse mit oder ohne Knochen) sowie ein Vergleich der physiologischen W/PVerhältnisse von Teilstücken deutscher Produktion aus den Jahren 1993 und 2007. Weitere potentielle Einflussfaktoren auf das W/P unter Praxisbedingungen wurden untersucht. Die Studie umfasste insgesamt 560 Hähnchenschenkel aus verschiedenen Herden und 480 Putenoberkeulen, die jeweils in repräsentativen Schlachtbetrieben entnommen wurden. Die Schlachtbetriebe wiesen in einigen Punkten Unterschiede in der Schlachttechnik auf.

Die Ergebnisse machen deutlich, dass die von der Vorschrift abweichende Analyse nach Entfernen der Knochen insgesamt zu einer signifikanten Erhöhung des W/PVerhältnisses und damit in erheblichem Umfang zu falsch positiven Bewertungen in Hinblick auf die Übertretung der Grenzwerte führt.

Während sich das mittlere physiologische W/P-Verhältnis für Putenoberkeulen gegenüber den Ergebnissen von 1993 nicht wesentlich veränderte, konnte in den Hähnchenteilstücken ein deutlicher Anstieg (um +0,26) gegenüber den Ergebnissen der zurückliegenden Studie von 1993 verzeichnet werden. Damals hatten die Proben aus Deutschland die geringsten physiologischen W/P-Werte aller beteiligten Länder. Die angewandten Schlachttechniken wie Brühverfahren und Kühlmethode wiesen insgesamt keinen erheblichen Einfluss auf das W/P-Verhältnis auf.

Die vorgelegten Ergebnisse legen für die Hähnchenteilstücke nahe, dass die physiologischen W/P-Werte sich im Laufe der letzten 15 Jahre in Deutschland soweit verändert haben, dass die Wahrscheinlichkeit von Überschreitungen der geltenden Grenzwerte im Rahmen amtlicher Fremdwasserkontrollen erhöht ist. Damit wäre auf der Basis der aktuellen Daten eine Neuberechnung der Grenzwerte für Hähnchenschenkel zu diskutieren. Bei den Putenteilstücken wird kein Anpassungsbedarf gesehen.


Quelle: Kulmbach [ HAHN, G., M. JUDAS, M. SPINDLER und W. BRANSCHEID ]

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