Einweghandschuhe: Beim Putzen eher Gefahr als Schutz

Eine wissenschaftliche Auswertung der Behandlungsdaten von mehr als 800 Reinigungskräften mit Hauterkrankungen belegt, dass sich die Mitarbeiter dieser Branche nicht effektiv vor den Gefahren des Berufs schützen. In einer aktuellen Studie stellten die Wissenschaftler der Klinik für Dermatologie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden fest, dass besonders der Gummi-Zusatz Thiuram und die in vielen Desinfektionsmitteln enthaltenen Chemikalien wie Formaldehyd, Glyoxal, Glutaraldehyd und Benzalkoniumchlorid Ursache für schwere Hautreizungen und -allergien der Reinigungskräfte sind.

Würden die Betroffenen ihre Hände nach den einschlägigen Arbeitsschutz- Regelungen schützen, blieben sie weitestgehend von diesen Hauterkrankungen verschont. Auch im Haushalt verhalten sich viele Menschen falsch: Sie setzen ebenfalls auf einfache oft gepuderte Einweg-Gummihandschuhe, die Unverträglichkeitsreaktionen der Haut hervorrufen können und zudem nicht vor vielen in Putzmitteln und Haushaltschemikalien enthaltenen Stoffen schützen. Dabei stellen einfachste Verhaltensregeln einen wirksamen Schutz der Haut sicher.

Im Haushalt beliebt und in der Reinigungsbranche weit verbreitet sind Einmalhandschuhe aus Naturlatex, die sich an die Haut anschmiegen und sehr preiswert sind. Kaum bekannt ist jedoch, dass besonders dieser Typ von Handschuhen für Reinigungsarbeiten völlig ungeeignet ist und schwere Hautreaktionen provozieren kann. So hält die dünne Gummischicht zwar zumeist Viren, Pilze und Bakterien zurück und bietet damit dem medizinischen Personal in Krankenhäusern einen guten Schutz, sofern die Mitarbeiter nicht allergisch auf Latexprodukte und Gummichemikalien reagieren. Doch die in Reinigungsmitteln enthaltenen Chemikalien können oft die besonders dünnen Einmalhandschuhe problemlos durchdringen und so die Haut schädigen.

Eine aktuelle Studie der Klinik für Dermatologie des Dresdner Uniklinikums, deren Ergebnisse die Wissenschaftler um Privatdozentin (PD) Dr. Andrea Bauer in der britischen Zeitschrift „Contact Dermatitis” veröffentlichten, machte den Gummi-Zusatz Thiuram und die in vielen Desinfektionsmitteln enthaltene Chemikalien Formaldehyd, Glyoxal, Glutaraldehyd und Benzalkoniumchlorid als Hauptursachen für allergische Hautreizungen – sogenannte allergische Kontaktekzeme aus: „Kontaktekzeme sehen anfänglich oft harmlos aus und werden nicht ernst genommen. Zunächst entstehen Irritationen der Haut, die sich nur durch Rötungen und Schuppungen bemerkbar machen. Wenn sich aber auf der Basis der gestörten Hautbarriere Allergien gegen Berufsstoffe entwickeln, kann das im schlimmsten Fall zur Berufsunfähigkeit führen“, sagt PD Dr. Andrea Bauer. Die Oberärztin an der Klinik für Dermatologie hat sich auf das Fachgebiet der Berufsdermatologie spezialisiert. Neben der Diagnostik und Therapie berufsbedingter Hauterkrankungen engagiert sich die Hautärztin in der Vorbeugung dieser Leiden.

Der Hautkontakt zu Thiuramen ebenso wie zu Chemikalien in Desinfektionsmitteln ließe sich mit dem richtigen Schutzhandschuh leicht vermeiden: Für Reinigungskräfte, die auf den Gummi-Zusatz reagieren, gibt es eine Vielzahl von thiuramfreien Alternativen aus Nitril oder beispielsweise Handschuhe aus PVC, sogenannte Vinylhandschuhe. Wer mit aggressiven Reinigern oder Chemikalien arbeitet, sollte zudem auf chemikalienundurchlässige dickere Mehrweg-Handschuhe zurückgreifen: Das Latex der Einmalhandschuhe ist in der Regel kaum dicker als ein Zehntel Millimeter und bildet keine wirksame Barriere. „Die in der Studie ermittelte Häufigkeit der Ursachen für die Hauterkrankungen der Reinigungskräfte deutet darauf hin, dass viele Firmen die Gesundheit ihrer Mitarbeiter durch falsche Arbeitshandschuhe aufs Spiel setzen“, sagt Dr. Bauer.

Doch nicht nur professionelle Reinigungskräfte sollten unbedingt dicke, chemikalienundurchlässige Handschuhe tragen: Auch bei Arbeiten im Haushalt sind medizinische Einweghandschuhe fehl am Platz. Ein Blick in die Auslage der Drogeriemärkte zeigt jedoch, dass neben den tatsächlich schützenden Handschuhen eine Vielzahl preiswerter aber nicht schützender Einmalhandschuhe verkauft werden. Aber es sind nicht nur Allergie auslösende Stoffe und Chemikalien, die die Haut angreifen: Auch häufiges Händewaschen oder übermäßiges Schwitzen senken deren Widerstandskraft.

Eine durch Feuchtigkeit gequollene oder durch Hautreizungen geschädigte Oberhaut ist ein ideales Einfallstor für Keime. „Am besten ist es, wenn unter dem Schutzhandschuh noch ein dünner Baumwollhandschuh getragen wird, der die Schwitzneigung der Haut verringert und sich heiß waschen lässt“, rät deshalb die Hautärztin.

Um die Hände beim berufsmäßigen Putzen, aber auch bei der Arbeit im Haushalt umfassend zu schonen, sollten folgende Punkte beachtet werden:

  • Nur dicke, wieder verwendbare Gummihandschuhe sorgen für einen adäquaten Schutz.
  • Die Schutzhandschuhe sollten mit Baumwolle beflockt oder mit Baumwollstrick ausgekleidet sein, damit die Haut nicht so leicht schwitzt und ein direkter Kontakt zum Gummi vermieden wird.
  • Der Handschuh sollte locker sitzen, um ein übermäßiges Schwitzen der Hand zu verhindern.
  • Wer besonders zu schwitzenden Händen neigt, sollte unter dem Schutzhandschuh dünne, in Apotheken erhältliche Baumwollhandschuhe tragen.
  • Bei längerem Arbeiten mit Schutzhandschuhen sind spätestens bei beginnender Durchfeuchtung die Innenhandschuhe durch saubere, trockene zu ersetzen. Die dünnen Innenhandschuhe lassen sich gut waschen und danach wieder nutzen.
  • Wenn – wie im medizinischen Bereich – dünne Einmal-Gummihandschuhe vorschriftsmäßig zum Einsatz kommen, sind nur noch Handschuhe ohne den Allergie erregenden Gummi-Zusatzstoff Thiuram zu verwenden.
  • Das Wasser zum Putzen und Abwaschen sollte lediglich Körpertemperatur haben, um die Schwitzneigung der Haut zu minimieren.
  • Um die Haut auch im Handschuh möglichst gut zu schützen, empfehlt es sich, zwei unterschiedliche Cremes zu verwenden: Während der Arbeit Hautschutzcremes, nach dem Händewaschen und nach der Arbeit Pflegecremes.
  • Welche Creme die richtige ist, kann mit dem Hautarzt oder dem Apotheker besprochen werden. Die Wahl hängt vom Hauttyp und der Art der Tätigkeit ab.
  • Wer empfindliche Haut hat, sollte sich nicht zu oft Hände waschen und dabei lauwarmes Wasser und milde Flüssigseifen verwenden.

Jeder Arbeitgeber ist gesetzlich dazu verpflichtet, seinen Angestellten die für die spezielle Tätigkeit geeigneten Handschuhe und Hautschutzcremes zur Verfügung zu stellen. Diese Vorschrift wird jedoch in der Praxis in vielen Arbeitsbereichen kaum umgesetzt – zum Schaden der Angestellten.

„Die bestehenden Arbeitsschutzregelungen werden oft ignoriert. Im Grunde müssten Einweghandschuhe komplett aus der Reinigungsbranche verschwinden“, sagt Andrea Bauer und rät Betroffenen, die an berufsbedingten Hautirritationen leiden, sofort zum Hautarzt zu gehen. Neben der kompetenten fachärztlichen Versorgung kann hier eine besondere Betreuung der Patienten über die Berufsgenossenschaften eingeleitet werden. Die Berufsgenossenschaften stellen in diesem Fall unkompliziert und kostenlos Hautschutzmittel und Therapien zur Verfügung, um die Erkrankung möglichst frühzeitig einzudämmen und zu heilen und einen Verlust des Arbeitsplatzes zu verhindern.

Neben dem richtigen Schutzhandschuh ist auch die richtige Pflege für eine gesunde Haut wichtig: Die Hände sollten daher regelmäßig mit geeigneten Hautschutzmitteln und Pflegecremes eingerieben werden, über die man sich beim Hautarzt und in der Apotheke informieren kann. Beim Händewaschen sollten schonende Flüssigseifen zum Einsatz kommen. Alle verwendeten Produkte sollten frei von Farb-, Duft- und Konservierungsstoffen sein.

Andrea Bauer rät dazu, Hautreizungen an den Händen in keinem Fall zu unterschätzen: „Die Hände sind unsere wichtigsten Werkzeuge – sie müssen gesund bleiben, sonst kann das die berufliche Existenz gefährden.“

Publikation

„Contact allergy in the cleaning industry: analysis of contact allergy surveillance data of the Information Network of Departments of Dermatology”; Britische Zeitschrift „Contact Dermatitis” (DOI: 10.1111/j.1600-0536.2011.01937.x)

Quelle: Dresdenb [ Universitätsklinikum Carl Gustav Carus ]

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