Neues aus der Forschung zu Fleisch und Fleischerzeugnissen

Kurzbericht zur 46. Kulmbacher Woche




Bildautorin ist Brigitte Dresel, MRI

Ganz im Zeichen der Verbesserung und Erhaltung von Qualität und Sicherheit von Fleisch und Fleischerzeugnissen stand die 46. Kulmbacher Woche des Max Rubner-Instituts am Standort Kulmbach. In 18 Vorträgen präsentierten Wissenschaftler des Forschungsinstituts und Forscher aus Tschechien, Serbien und Russland am 3. und 4. Mai in der Dr.-Stammberger-Halle Kulmbachs neue Ergebnisse der Fleischforschung. Ein besonderer Schwerpunkt war in diesem Jahr der vorverpackte Rohschinken.

Im Themengebiet „Fleischgewinnung und Fleischqualität“ wurden neben anderen neuen Ergebnissen aktuelle Erkenntnisse zur Variabilität der Gewebeanteile beim Schwein gezeigt. Aus umfangreichen Zerlegeversuchen an einer repräsentativen Stichprobe der Schweinepopulation in Deutschland konnte im Gesamtmittel ein Anteil von 58 Prozent Magerfleisch, 24 Prozent Fett und 10 Prozent Knochen festgestellt werden – was beim Fett eine Verringerung von bisherigen Werten um etwa drei Prozent bei gleichem Knochenanteil ergab. Am gesamten Magerfleisch im Schweine-Schlachtkörper hat der Schinken einen Anteil von 32 Prozent, die Koteletts von 17 und der Bug von 16 Prozent. Diese relativen Werte variieren sehr wenig, wie die Wissenschaftler zeigen konnten. Dies zeigt, dass eine Erhöhung des Magerfleischanteils nicht über eine Verschiebung der Körperproportionen, sondern ausschließlich über eine Verschiebung der Gewebeverhältnisse selbst erreicht werden kann.

Mit modernen histologischen Methoden zur Ermittlung der Fleischzusammensetzung hat sich ein Wissenschaftler-Team des Allrussischen Fleischforschungsinstituts in Moskau befasst. Dort konnte festgestellt werden, dass bestimmte pflanzliche und tierische Inhaltsstoffe, die beim Herstellungsprozess von Fleischwaren eingesetzt werden, unabhängig von Rohstoff und Verarbeitungstechnologie zuverlässig nachgewiesen werden können. Im Vortrag wurden Nachweismethoden zur Ermittlung von Verfälschungen und zur Qualitätsbeurteilung von Rohstoffen vorgestellt, die bereits großteils in die Staatlichen Standards der Russischen Föderation übernommen worden sind.

Die Technologische und sensorische Qualität von vorverpacktem Rohschinkenaufschnitt wurde im Rahmen der 46. Kulmbacher Woche umfassend beleuchtet. Die Entwicklung weg von der Bedienungs- bzw. Thekenware hin zu vorverpackten, portionierten Rohschinken-Scheiben und –Würfeln hat teilweise zu veränderten Herstellungsverfahren und in diesem Zuge zu veränderten sensorischen Eigenschaften geführt. Ein großer Teil der vorverpackten Ware zeichnet sich durch eine deutliche Oberflächenvergrößerung und durch mäßige Abtrocknung bei gleichzeitig sehr langen Haltbarkeitsfristen aus. Der Anspruch, die Größe und Form der Rohschinken möglichst gleich zu halten, führt dazu, dass Rohlinge von Nuss- und Lachsschinken sowie Schinkenspeck zu größeren Einheiten zusammengefügt und mit Hilfe von Bindemitteln, Kunstdarmhüllen oder Pressvorrichtungen formstabilisiert werden. Ein neuer Trend ist die Vermarktung von Rohschinken-Erzeugnissen, zum Beispiel aus Geflügelfleisch, ähnlich dem Formfleisch. Allerdings werden die beim Formfleisch verwendeten Behandlungsverfahren zur Formstabilisierung, wie Hitze- oder Gefrierbehandlung bei Schinkenerzeugnissen nicht angewendet. Vielmehr werde der Zusammenhalt der Einzelstücke im Endprodukt durch die Anwendung von Struktur bildenden Enzymen sowie durch bestimmte „Kleber“ bestehend aus Alginat, Stärke, Protein bzw. Enzymen erreicht, so die Einschätzung der Wissenschaftler.

Obwohl sich der vorverpackte Schinken zunehmender Beliebtheit erfreut, gab es bislang keine systematischen Untersuchungen zur mikrobiologischen Sicherheit und Qualität dieser Erzeugnisse. Diese Lücke konnte von den Kulmbacher Wissenschaftlern nun geschlossen werden. Insgesamt zeigten die Ergebnisse, dass es sich beim vorverpackten Rohschinkenaufschnitt deutscher Hersteller in Bezug auf zwei wesentliche Mikroorganismen, L. monocytogenes und S. aureus, um mikrobiologisch sichere Erzeugnisse mit überwiegend angemessenen Haltbarkeitsdaten handelt.

Weitere Vorträge befassten sich mit verschiedenen Zusatzstoffen, insbesondere Farbstoffen und deren Wirkungen sowie dem Nachweis dieser Substanzen. Da die Farbe bei Würsten ein sehr wichtiges Bewertungskriterium ist, wurde auf die Farbe von Fleischerzeugnissen eingehend eingegangen. Neben der Zugabe von Farbstoffen, auch in Form von Gewürzen wie etwa Paprika, sind für die Intensität der Rotfärbung von Fleischerzeugnissen auch die Konzentration des roten Blutfarbstoffs, technologische Prozesse und die Lagerbedingungen wichtig. Zahlreiche chemische Reaktionen in Fleischprodukten, die die Oxidation des roten Blutfarbstoffs betreffen, insbesondere die Lipidoxidation, beeinflussen die Farbe. Wie die auf der Kulmbacher Woche vortragenden tschechischen Wissenschaftler zeigen konnten, lässt sich dieser Oxidationsprozess durch die Zugabe von Gewürzextrakten mit antioxidativen Eigenschaften hemmen. Üblich seien Extrakte aus Salbei, Oregano und Rosmarin. Die Wirkung dieser Gewürzextrakte sei dabei vielfach höher als die von synthetischen Antioxidantien.

Ein noch neues Forschungsgebiet ist die Untersuchung der Gesamtheit der Stoffwechselprodukte in einem Produkt oder Organismus, dem sogenannten Metabolom. In einem gemeinsamen Projekt der Arbeitsgruppe Analytik und des Instituts für Sicherheit und Qualität bei Milch und Fisch des Max Rubner-Instituts wurden qualitätsrelevante Stoffwechselprodukte, etwa freie Aminosäuren, in den Lebensmitteln Fisch, Fleisch und Milch untersucht. Im Vortrag stand die ernährungsphysiologische Bedeutung der Metabolitengehalte und ihr Beitrag zur Abschätzung der Aufnahme mit der Nahrung im Mittelpunkt. Ernährungsphysiologisch interessant ist die freie Aminosäure Taurin, die unter anderem bei der Entwicklung des zentralen Nervensystems eine Rolle spielt. Sie wurde in dem erst im September 2010 begonnenen Projekt in Schweinefleisch, Milch, Forellen- und Karpfenproben analysiert. Dabei zeichnete sich der Karpfen durch vergleichsweise hohe Taurin-Werte aus.

Zu den unerwünschten Stoffen, die bei der Erhitzung von Lebensmitteln entstehen, gehört das 3-MCPD (3-Monochlor-1,2-propandiol). Im Tierversuch wurde für die Substanz nachgewiesen, dass sie in höheren Dosen tumorbildend wirkt. Für bestimmte Lebensmittel gibt es bereits Höchstwerte, für andere sind solche geplant. Mit einem Forschungsprojekt trägt die Arbeitsgruppe Analytik des MRI dazu bei, die Datengrundlage hierfür zu schaffen. Unter anderem untersuchten die Wissenschaftler des MRI die Bildung von 3-MCPD beim Grillen von Schweinenackensteaks unter verschiedenen Bedingungen (z. B. Holzkohlen-, Gas- und Elektrogrill). Bisher wurden in Abhängigkeit von diesen Bedingungen3-MCPD-Gehalte zwischen drei und 380 Mikrogramm pro Kilogramm ermittelt.

In Kürze finden Sie bei meat-n-more.info die Kurzzusammenfassungen der Vorträge der Kulmbacher Woche. Hierzu wird es auch einen Sondernewsletter geben

Quelle: Kulmbach [ MRI ]

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