Studie zur Führungskräftegewinnung in der Nahrungsmittelindustrie
Erwartungen, Anreize und Recruitingmaßnahmen Was fordern Unternehmen aus der Nahrungsmittelbranche von potenziellen Führungskräften? Was erwarten diese wiederum von ihren zukünftigen Arbeitgebern? Wie finden beide Seiten zueinander? Auf Initiative der TOPOS Personalberatung Nürnberg befragte die Fachhochschule Erfurt im Rahmen einer bundesweiten Studie Unternehmen und Bewerber, besondere Beachtung fand die Vermittlerrolle von Personalberatungen.
Zunächst die gute Nachricht für alle kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) der Nahrungsmittelbranche: Sie werden von drei Vierteln der Kandidaten, die sich für eine Führungsposition bewerben, bevorzugt. Für große Konzerne konnte sich bei der Frage nach der präferierten Unternehmensgröße lediglich die Hälfte der Bewerber begeistern. Mehrfachnennungen waren hierbei möglich. Die Gründe sind vielfältig: „Kürzere Entscheidungsphasen, flachere Hierarchien, die Möglichkeit, rascher eine verantwortungsvolle Tätigkeit zu übernehmen und somit schneller Karriere zu machen, sind aus meiner Sicht nur einige Faktoren, die die kleineren Unternehmen besonders attraktiv machen“, sagt Studienleiter Prof. Dr. Steffen Schwarz. Offensichtlich traut man den kleineren Firmen eher eine gute Unternehmenskultur sowie ein angenehmes Betriebsklima zu. Das ist für über 90 % der Bewerber der wichtigste Anreiz, den ein (neuer) Arbeitgeber bieten kann. Führungsverantwortung (75%), ein angemessenes Gehalt (66%) und gute Aufstiegschancen (57%) folgen dahinter.
Die Unternehmen in der Nahrungsmittelbranche haben diese Signale verstanden, decken sich doch ihre nach außen kommunizierten Vorzüge weitestgehend mit den nachgefragten. Lediglich das Weiterbildungsangebot (70%) wird von Firmenseite stärker als Anreiz gesehen, als dies die potenziellen Führungskräfte tun (46%).
Dass man so nahe an den Wünschen der Bewerber ist, hat seinen guten Grund.
Rund zwei Drittel der Unternehmen beabsichtigen in den nächsten 1-3 Jahren Führungskräfte zu gewinnen. Demgegenüber stehen 80% Bewerber, die sich um eine Führungsposition bemühen wollen. Auf den ersten Blick eine gute Ausgangsposition für die Unternehmen. Doch zum Zeitpunkt der Befragung waren 55% der Unternehmen von Fach- und Führungskräftemangel tangiert bzw. sahen sich davon zukünftig gefährdet. „Es ist also vielerorts Zeit zu handeln und sich für qualifizierte Kandidaten interessant zu machen“, so Prof. Schwarz.
Besonders die Sparten Produktion (35%), technischer Bereich (22%) und Abteilungs- bzw. Teamleitung (17%) sind laut Auskunft der Unternehmen vom Führungskräftemangel am stärksten betroffen. Der Wunschkandidat – und seine Aufgabenbereiche Zielorientiert sollte er sein, über analytisches und unternehmerisches Denkvermögen verfügen, großes Engagement bzw. Eigeninitiative zeigen und hohe fachliche Kompetenz vorweisen – der Traumbewerber. Mit je 86% stehen diese Eigenschaften an der Spitze der Erwartungen, die Unternehmen an Kandidaten für eine Führungsposition haben. Knapp dahinter finden sich Flexibilität (85%), Selbstmotivation und überdurchschnittliche Belastbarkeit (81%). Eher unwichtig sind dagegen Reisebereitschaft (45%), Fremdsprachen (41%) oder Auslandserfahrung (23%). Kein Wunder, werden internationale Projekte auch kaum (16%) an zukünftige Führungskräfte übertragen. „Dieses Ergebnis ist aus Sicht des Personalberaters erstaunlich. Eigentlich könnte man erwarten, dass der Exportmeister Deutschland auch in der Nahrungsmittelbranche die internationalen Möglichkeiten zu seinen Gunsten nutzt“, so Carl Christian Müller, Gründer der TOPOS Personalberatung Nürnberg.
Genügend Interessenten (45%) für eine berufliche Tätigkeit außerhalb Deutschlands wären jedenfalls vorhanden. Somit ist hier die Nachfrage fast drei Mal so hoch wie das Angebot. Noch deutlicher wird die Kluft, wenn es um den Posten „Assistenz der Geschäftsleitung“ geht. Den möchten Unternehmen von 55 Prozent der Kandidaten bekleidet sehen, jedoch zeigen nur magere 12 Prozent von ihnen daran Interesse. Umgekehrt sieht es bei der Übertragung von nationalen Projekten aus. Hier sehen 68 Prozent der Bewerber ihr zukünftiges Betätigungsfeld, leider bietet nur jedes vierte Unternehmen adäquate Aufgaben an. Nahezu Deckungsgleichheit herrscht auf dem Gebiet der Abteilungsleitung bzw. Teamleitung. Hier würden 80 Prozent der Unternehmen gerne Aufgaben an die neuen Führungskräfte übertragen, 89 Prozent von ihnen würden sie gerne übernehmen.
Suchen und finden
Hoch qualifizierte Führungskräfte, die nicht nur fachlich, sondern auch charakterlich zu einem Unternehmen passen, sind meistens weder schnell noch leicht zu finden. Laut der Studie greifen Firmen deshalb bei der Akquise auf verschiedene Möglichkeiten zurück. Besonders beliebt sind Printanzeigen (66%), eigene Netzwerke (64%) und Anzeigen bei Internet- Jobbörsen. Die Unterstützung von Personalberatern haben des weiteren bereits 57% der befragten Firmen in Anspruch genommen. Hauptaufgabe der Berater war mit deutlichem Abstand die externe Personalbeschaffung (88%).
Trainingsmaß-nahmen, um beispielsweise den Vertrieb zu verbessern, folgen mit 48% vor den Coachings und Workshops zur Mitarbeiterentwicklung (je 40%).
Als Gründe für die Inanspruchnahme externer Personalberater wurde die Spezialisierung der Berater (56%), kein passender interner Personalbestand für die offene Stelle (48%), professionelles Know-how (ebenfalls 48%) sowie die Zeitersparnis genannt. Auch in Zukunft will rund die Hälfte aller Unternehmen nicht auf die Unterstützung der Personalberater verzichten. Dabei sehen die Unternehmen die Hauptaufgabe der Berater weiterhin bei der externen Personalbeschaffung (86%). Coaching (52%) und die Beurteilung der Führungskräfte (24%) folgen auf Rang zwei und drei.
Bei der Auswahl der Personalberater ist für die auftraggebenden Unternehmen vor allem eine hohe Branchenkompetenz sowie die Beraterpersönlichkeit (jeweils 71%) wichtig. Dass beide Fähigkeiten gleich gewichtet werden ist nicht verwunderlich. „Nur wer über eigene berufliche Erfahrung in der Branche verfügt, dem wird auch zugetraut, das vorhandene Problem zu lösen. Nur wer den Markt kennt, das Wettbewerbsumfeld einschätzen kann und nicht zuletzt auch über Einblicke in das Unternehmen verfügt, kann beurteilen, welche Qualitäten, fachlich wie charakterlich, ein Bewerber für die offenen Stelle mitbringen muss“, so Müller.
Auf der Bewerberseite wurden als Hilfsmittel bei der Stellensuche mit jeweils 94% Anzeigen auf Internet-Jobbörsen und Personalberatungsfirmen genannt. Persönliche Kontakte belegten mit 82 Prozent den dritten Platz.
Ausschlaggebend für die Zusammenarbeit mit Personalberatern sind für die Bewerber vor allem die interessanten, spezifischen Angebote (69%), die Kooperation der Berater mit Unternehmen (52%) wie auch die Spezialisierung der Personalberater (51%).
Als wichtige Anforderungen an die Berater wurden die Beraterpersönlichkeit (84%), die Branchenkompetenz (82%) und bestehende Kundenbeziehungen (79%) genannt. 86% der Bewerber sind offensichtlich von der Arbeit und dem Angebot der Personalberater überzeugt. Sie wollen auch zukünftig eine Personalberatung in Anspruch nehmen.
Quelle: Erfurt [ Fachhochschule Erfurt ]