Fleischerlehrlinge werben für Nachwuchs
„Deutschland sucht den Food-Designer (DSDFD)“ – spektakuläres Open-Air-Festival mit Auszubildenden und Schülern
Wenn eine Stadt ihren Wochenmarkt verlegt und wenn die „f“-Fahne am Rathaus gehisst wird, dann muss schon viel geschehen sein. In Rothenburg ob der Tauber ging es in der Tat um eine spektakuläre Live-Aktion. Sie trug den Titel „Deutschland sucht den Food-Designer (DSDFD)“ und war eine der ungewöhnlichsten und erfolgreichsten Nachwuchs-Werbeaktionen fürs Fleischerhandwerk.Die Stars der dreistündigen Open-Air-Abendveranstaltung auf dem Rothenburger Marktplatz waren 110 Auszubildende und 30 Schülerinnen und Schüler aus den Haupt- und Realschulen. Sie betraten nach einem zweitägigen Seminar die 80-Quadratmeter-Bühne, um den 1200 Zuschauern voller Stolz ihr meisterliches Können zu präsentieren und dann modisch und kosmetisch gestylt den 40 Meter langen Laufsteg abzuschreiten. Als Veranstalter fungierten die Staatliche Berufsschule Rothenburg, das Wallufer Gewürzunternehmen Van Hees, die Fleischerinnungen Ansbach und Rothenburg sowie der Deutsche Fleischer-Verband. Eingekleidet wurden die 140 jungen Menschen vom Berufskleider-Leasingunternehmen DBL. Schirmherr der großen Schau war Oberbürgermeister Walter Hartl, der nicht nur eine kurze Ansprache hielt, sondern der auch den Rathausbalkon für die Fahnen des Fleischerhandwerks sowie der Firmen Van Hees und DBL freigegeben hatte.
Die Aktion „Deutschland sucht den Food-Designer“ war eine Weiterentwicklung der erfolgreichen Van-Hees-Seminarreihe „Das Auge isst mit“, das unter der Regie von Sven und Neslihan Tholius bei Berufsschülern Spaß, Stolz und Selbstbewusstsein entfachen soll. „In Rothenburg haben wir erstmals auch 30 Schüler von Haupt- und Realschulen in das Programm mit einbezogen, die noch nicht in der Berufsausbildung stehen und die hier einen zweitägigen Schnupperkurs absolvieren konnten“, erläuterte Marketingleiter Robert Becht. Sie erfuhren, was heute in der Ausbildung im Fleischerhandwerk gefragt ist und dass es sich um moderne und ausbaufähige Berufsbilder handelt, die kein bisschen weniger attraktiv sind als beispielsweise der Beruf des Kochs. Becht: „Das Bild des Fleischers wurde ins rechte Licht gerückt.“
Der Rothenburger Berufsschullehrer Hans Grum war der Initiator der Aktion, er hatte sie bei der Süffa kennen gelernt. Die Idee zu dem erweiterten Konzept stammte vom Deutschen Fleischer-Verband, der unter dem Motto „Talente gesucht“ Nachwuchswerbung für die Berufe Fleischer und Fleischerei-Fachverkäuferin betreibt. Die Verbindung von jungen Menschen, die sich schon für den Beruf entschieden haben und solchen, die demnächst eine Entscheidung für ihren Berufsweg treffen müssen, trug in Rothenburg schon reiche Früchte: Mehrere Schüler erklärten bei der Abschlussveranstaltung, dass sie den Fleischerberuf in die engste Wahl gezogen haben. Drei von ihnen – die Food-Designer-Sieger Erijona Hoxha, Yves Scherer und Ida Eisenmann – wurden denn auch von DFV-Präsidiumsmitglied Heinz-Werner Süß zum Besuch des Bundesleistungswettbewerbs der Fleischerjugend in Augsburg eingeladen.
Das Seminar fand unter der Regie von Van-Hees-Convenience-Produktmanager Sven Tholius und seiner Frau Neslihan in der Berufsschule am Bezoldweg statt. Der Spaß der Lehrlinge und Schüler, ihre Kreativität bei der Herstellung von Fingerfood-Spezialitäten voll zu entfalten, nahm an den beiden Tagen in einem Maße zu, das sie selbst nicht erwartet hatten. Ihre Motivation wurde noch dadurch gesteigert, dass sie eine Mode- und Stylingberatung erfuhren, die aus manchem unscheinbaren Entlein einen schönen und stolzen Schwan werden ließ. Die 1200 Gäste belohnten dies beim Abschlussabend mit stürmischem Beifall.
Die Vorbereitung der Live-Veranstaltung auf dem Marktplatz lag ebenso in den Händen der jungen Menschen wie das Kredenzen und das Servieren der Produkte sowie das auf einer Großleinwand übertragene Front-Cooking. Das Auditorium war aufgeteilt in einen VIP-Bereich für geladene Gäste und einen Bereich für die Öffentlichkeit. Sie alle erlebten live mit, dass die vielfältigen Vorurteile gegenüber dem Fleischerberuf, die bei jung und alt noch vorherrschen, ganz und gar unberechtigt sind.
Der Abend wurde eingestimmt mit einem Film über Rothenburg und über den Seminartyp „Talente gesucht“, über den schon manche Sendung im Fernsehen gelaufen war. Die eigentliche Show begann mit einem anschaulichen Vergleich zwischen den Berufen Fleischer und Koch, wobei der fachkundige Umgang der Fleischer mit dem wertvollen Rohstoff Fleisch deutlich wurde. Dann servierten die Lehrlinge und Schüler – von Musik, Geschichten und aktuellen Filmclips von den zwei Seminartagen begleitet – die vier Gänge des Abends, bei denen es unter anderem um phantasievolle Grill- und Schnitzelplatten ging. Gleichzeitig verteilten 20 Lehrlinge vom Catwalk aus ihre im Seminar hergestellten Finger-Food-Produkte. Den Abschluss und Höhepunkt bildeten der Auftritt auf dem Catwalk und die Siegerehrung.
Am Rande der Show gab es eine Lehrstellenbörse der besonderen Art: Auf einer großen Tafel hieß es „Wir suchen einen Ausbildungsplatz“, darunter waren Blätter mit den Fotos und Namen von etwa 30 Schülern angebracht, die sich dafür gemeldet hatten. Die anwesenden Fleischer konnten über die Schule Kontakt mit den Lehrstellen-Suchenden aufnehmen, wovon auch reichlich Gebrauch gemacht wurde. Für Fachlehrer Hans Grum war dies ein höchst erfreuliches Ergebnis.
Am Ende der dreistündigen Veranstaltung gaben die jungen Leute – erst zögerlich und dann immer selbstbewusster - vor den 1200 Gästen Statements ab, die zu Beginn des Seminars nicht zu erwarten waren. Der Tenor: „Ich habe mich wohl gefühlt, ich habe viel gelernt.“ Das Ziel war offensichtlich erreicht, ein neues Selbstwertgefühl bei den Lehrlingen zu entwickeln, das ihnen bisher oft gefehlt hatte. Drei Schüler meinten sogar: „Diesen Beruf will ich ergreifen.“ Und als Neslihan Tholius auf dem Catwalk zu den Lehrlingen und Schülern sagte: „Ich bin stolz auf euch, ihr habt das toll gemacht“, da schallte der Marktplatz von dem lautstarken und nicht enden wollenden Applaus wider.
Quelle: Rothenburg ob der Tauber [ Van Hees ]