Lebensmitteleinzelhandel muss nachhaltiger werden
Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) müsste seinen Einfluss deutlich stärker nutzen, um den Umbau der Ernährungssysteme voranzubringen und seine Rolle als „gatekeeper“ zu den Konsumenten und Konsumentinnen wirklich auszufüllen. Das zeigt eine aktuelle Studie, die das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FIBL) im Auftrag des Umweltbundesamts (UBA) erstellt hat.
Überhaupt nicht oder nur unzureichend nutzen die Unternehmen ihren Handlungsspielraum insbesondere in den Bereichen Sortimentsgestaltung und Sensibilisierung von Konsumenten und Konsumentinnen. Mit Sortimentsgestaltung ist der (nachhaltige) Einkauf der Produkte und Rohwaren gemeint. Sensibilisierung umfasst Maßnahmen im Bereich der Ladengestaltung, Produktplatzierung und Werbung, um die Menschen zu umweltfreundlicheren Kaufentscheidungen zu motivieren. So werden zum Beispiel tierische und umweltschädlichere Produkte deutlich stärker beworben als die umweltfreundlicheren pflanzlichen Alternativen.
Hingegen schneiden die Unternehmen bei der Berichterstattung zu Umweltzielen sowie bei Energieeffizienzsteigerungen in den Filialen und Produktionsstätten eher gut ab. Auch in Bezug auf Umweltkampagnen und Sensibilisierungsmaßnahmen erzielten die acht Supermärkte, die für 75 Prozent des Umsatzes in Deutschland verantwortlich sind, gute Ergebnisse. So nutzen die Unternehmen zum Beispiel Branchenstandards und Zertifizierungen für bestimmte Rohstoffe wie Kakao, Kaffee oder Palmöl und arbeiten daran, sich wissenschaftsbasierte Klimaziele oder Ziele für entwaldungsfreie Lieferketten zu setzen. Weitere positive Beispiele sind Aktionen zur Reduktion von Lebensmittelverschwendung, vor allem im Bereich Obst und Gemüse und das große Angebot an Biolebensmitteln. Insgesamt 62 Prozent des Umsatzes mit Biolebensmitteln werden inzwischen im konventionellen LEH erzielt.
Die Studie wurde Mitte September 2022 in Berlin vorgestellt. In der anschließenden Diskussion der Ergebnisse mit Vertretern und Vertreterinnen aus Handel und Wissenschaft sowie und vielen externen Experten und Expertinnen wurde klar, dass man ohne eine gut aufeinander abgestimmte Politik nicht vorankommen werde. Bisher sei aktiver und konsequenter Umweltschutz kein Wettbewerbsvorteil für die Unternehmen. Zu einem Politik-Mix, der die Neuausrichtung des Ernährungssystems unterstützt, sollte zum Beispiel die Neuausrichtung der Mehrwertsteuer für Lebensmittel nach ökologischen Kriterien gehören. Ohne den Mut zu regulatorischen Maßnahmen werde es ebenfalls nicht gehen. Dazu zählt beispielsweise die Einbeziehung externer Kosten – Umweltkosten der Produktion, wie Luftverschmutzung oder Klimaschäden in die Verbraucherpreise. Bisher werden diese externen Kosten von der Gesellschaft getragen und so lange sind sie nun mal nicht die „wahren Preise“.
Britta Klein, www.bzfe.de