Wirtschaftliche Entwicklung des deutschen Fleischsektors
Die Marktbedingungen des vergangenen Jahres blieben für die Unternehmen der Fleischwirtschaft anhaltend schwierig. Ausschlaggebend hierfür ist die weiterhin schrumpfende Nachfrage für Schweinefleisch in Deutschland und in der EU. Die ge- nerell verringerte Nachfrage nach Fleisch und die wachsenden Abschottungstenden- zen innerhalb der EU führten zudem zu einem weiter rückläufigen Binnenhandel. Die gehandelten Mengen gingen sowohl beim Import als auch beim Export um jeweils gut 2 % zurück.
Positiv entwickelte sich hingegen der Export in Drittländer, der beim Schweinefleisch um 35 % und bei Schlachtnebenerzeugnissen um über 20 % zunahm. Triebfeder hier- für ist vor allem eine starke Zunahme der Lieferungen nach China und in etwas gerin- gerem Umfang auch in andere, vor allem asiatische, Länder. Die starke Abhängigkeit vom Absatz in China birgt aber auch Gefahren. Zudem wächst die Konkurrenz insbe- sondere der Anbieter aus Nord- und Südamerika auf den attraktiven asiatischen Märkten. Der gewachsene Drittlandsexport trug somit auch wesentlich zum Anstieg der Erzeu- gerpreise für Schlachtschweine bei. Wichtig ist hierbei insbesondere, dass die Über- seemärkte Teilstücke und Produkte nachfragen, deren Absatz im EU-Binnenmarkt begrenzt ist. Die Kombination von Absatz im Inland und in Drittländern verbessert die Verwertung der Schlachttiere und trägt zu einer Optimierung im Sinne der Nachhaltigkeit bei.
Nach wie vor kann deutsches Schweinefleisch aufgrund fehlender veterinärrechtlicher Grundlagen aber nicht in alle potentiellen Abnehmerländer geliefert werden. Wäre diese Möglichkeit gegeben, sähe die Absatzsituation für die Schlachtunternehmen vermutlich günstiger aus. Die gestiegenen Erzeugerpreise sind auch eine Folge des Rückgangs der Schweineproduktion in Deutschland und in der Summe im übrigen Europa. Ursache hierfür war die anhaltend schwierige Preissituation des Jahres 2015, die viele Landwirte zur Aufgabe der Produktion gezwungen hat.
Die in den letzten Monaten sehr stark angestiegenen Fleischpreise bilden aber ein großes Problem für die Fleischwarenindustrie, die die gestiegenen Rohstoffkosten nicht an die Abnehmer weitergeben kann. Im Rindfleischsektor ist die Lage etwas positiver. Der Konsum nahm in Deutschland um knapp 2 % leicht zu, und die Produktion blieb nahezu unverändert. Rindfleisch liegt offensichtlich als hochwertiges Qualitätsprodukt weiterhin im Trend der Verbraucher. Dies zeigt sich an der leicht zunehmenden Einfuhrmenge aus Drittländern vor allem Südamerikas. Aber auch beim inländischen Angebot ist eine Zunahme bei hochwertigem Färsenfleisch festzustellen, während die Schlachtungen von Jungbullen rückläufig sind.
Auch im Rindfleischsektor geht der EU-Binnenhandel sowohl bei Ausfuhr als auch bei der Einfuhr deutlich zurück, ein Ergebnis auch der Tendenzen in vielen EU-Ländern, diverse Hürden für die Verwendung von Fleisch aus anderen EU-Ländern aufzubauen. Die starke und deutlich zunehmende Nachfrage nach Rindfleisch weltweit kann weiterhin aus Deutschland kaum bedient werden, da wir wegen fehlender Veterinärabkommen insbesondere mit den wachstumsstarken asiatischen Ländern vom Exportmarkt abgeschnitten sind. Die Drittlandslieferungen Deutschlands spielen sich daher nahezu vollständig in Europa ab mit Norwegen als wichtigstem Zielmarkt vor der Schweiz an zweiter Stelle.
Die Nachfrage in Deutschland leicht rückläufig
Der Fleischverzehr ist in Deutschland im Jahr 2016 gegenüber dem Vorjahr von 61,1 kg pro Kopf der Bevölkerung um gut 1 kg auf 60,0 kg gesunken. Die Entwicklung in Deutschland liegt damit in etwa im europäischen Durchschnitt. Die EU-Kommission kommunizierte für 2016 einen Verbrauchsrückgang von 2,5 %. Beim Niveau des Pro- Kopf-Verbrauchs liegt Deutschland allerdings im europäischen Vergleich hinter Spanien, Dänemark, Österreich, Portugal, Frankreich, Italien und Irland im Mittelfeld.
Auch der Rückgang der privaten Fleischeinkäufe hat sich im zurückliegenden Jahr weiter fortgesetzt. So sank die private Nachfrage für Fleisch insgesamt nach Berechnungen der AMI zwischen Januar und November 2016 um durchschnittlich 0,9 %. Während die Nachfrage nach Rindfleisch leicht um 2,3 % zulegen konnte, kauften die Haushalte rund 4,3 % weniger Schweinefleisch als im Jahr zuvor. Wurstwaren verloren leicht um 0,9 %. Allerdings berücksichtigt die Nachfrage der Privathaushalte nicht die seit Jahren deutliche Steigerung des Außer-Haus-Verzehrs, welche durch die hohe Beschäftigungsquote in Deutschland und die zunehmende Schulverpflegung nochmals zugelegt haben dürfte.
Mit einem statistischen Pro-Kopf-Verzehr von 36,2 kg liegt Schweinefleisch trotz eines Rückgangs von 1,7 kg weiterhin deutlich an der Spitze der Verbrauchergunst. Wichtigste Ursachen für den Rückgang dürften in der demografischen Entwicklung, in der stets weiter zunehmenden Entwicklung hin zum Außer-Haus-Verzehr und im Anstieg des Anteils von Bevölkerungsgruppen, die Schweinefleisch aus dem Ernährungsraster ausschließen, zu finden sein. Auch die Preisrelationen zwischen den Fleischarten haben einen Einfluss, der weiterhin das Geflügelfleisch begünstigt. Hier stieg der Pro- Kopf-Verzehr erneut um 0,5 % auf 12,5 kg an. Der Verzehr von Rindfleisch ist ebenfalls um 0,2 kg auf 9,7 kg angestiegen. Bei dieser Fleischart liegt Deutschland im EU-Ver- gleich ziemlich weit hinten in der Reihenfolge. Nur in Polen, Rumänien, Zypern, Litauen, Kroatien, Lettland, Spanien und Belgien wird je Einwohner weniger Rindfleisch verbraucht als in Deutschland. Vor 35 Jahren, bei deutlich niedrigerem durchschnittlichem Einkommen, lag der Verbrauch in Deutschland noch um rund 5 kg/Kopf über dem heutigen Niveau. Auf den Verzehr von Schaf- und Ziegenfleisch entfielen 0,6 kg und andere Fleischarten (insbesondere Innereien, Wild, Kaninchen) sind mit 0,9 kg zu veranschlagen.
Das Angebot
Im Jahr 2016 blieb die Fleischerzeugung gegenüber dem Jahr 2015 nahezu unverändert. Rein rechnerisch weist die Statistik eine Steigerung von 4.500 t auf 8,25 Mio. t. aus. Diese geringe Veränderung liegt aber unterhalb der möglichen Fehlergröße bei der Datenermittlung. Der rechnerische Anstieg der Erzeugung geht auf die leicht gestiegene Geflügelfleischerzeugung zurück (+ 0,3 %).
Die Zahl der Schlachtungen von Schweinen ging 2016 gegenüber dem Vorjahr um 0,1 % (63.400 Tiere) auf 59,3 Mio. Stück minimal zurück. Das Schlachtaufkommen von Schweinen inländischer Herkunft sank dabei um 447.100 (– 0,8 %) auf 54,6 Mio. Tiere. Die Anzahl der Schlachtungen ausländischer Schweine stieg im gleichen Zeitraum hin- gegen um 383.700 (+ 9,0 %) auf 4,7 Mio. Tiere. Aufgrund des im Durchschnitt etwas höheren Schlachtgewichts blieb die Produktion von Schweinefleisch gegenüber dem Jahr 2015 bei 5,57 Mio. t in etwa unverändert.
Die Anzahl von gewerblich geschlachteten Rindern erhöhte sich gegenüber dem Jahr 2015 um 0,5 % (+ 16.400) auf 3,6 Mio. Tiere. Wegen des gesunkenen durchschnittlichen Schlachtgewichts der Rinder (– 2,0 kg), insbesondere aufgrund der Verschiebung der Struktur zugunsten der weiblichen Tiere, sank die erzeugte Schlachtmenge allerdings um 0,2 % (– 1.800 t) auf 1,13 Mio. t.
Fleischwarenindustrie unter Druck
Bei einer stabilen Produktionsentwicklung berichten die Unternehmen der deutschen Fleischwarenindustrie von empfindlichen Ertragseinbußen, weil sich die Preise für Verarbeitungsteilstücke zur Herstellung von Wurstwaren seit Monaten auf einem hohen Niveau halten und keine Änderung der Situation in Sicht ist. So haben die Preise für Schweinefleisch im ersten Quartal des laufenden Jahres im Vergleich zum Vorjahres- zeitraum um rund 20% zugelegt. Sauenfleisch, das in der Verarbeitung eine besondere Rolle spielt, legte gar um fast 40% zu. Diese schwierige wirtschaftliche Situation könnte die strukturellen Verschiebungen der bislang mittelständisch geprägten Branche weiter beschleunigen.
Bislang ist es meist nur unzureichend gelungen, die höheren Kosten im rückläufigen Markt durch die Preise weiterzugeben. Im zurückliegenden Jahr erzielten die Unternehmen der deutschen Fleischwarenindustrie deshalb nur ein leichtes Umsatzplus von 2,8 % von 18,3 Mrd. € auf 18,8 Mrd. €. Es wurden 61.600 Mitarbeiter beschäftigt, 4,5 % mehr als im Vorjahr.