Deutscher Fleischkongress 2021
Bereits zum 16. Male tagte der deutsche Fleischkongress, diesmal in Mainz. Wieder einmal wurde auf dem deutschen Fleischkongress darüber diskutiert, was in Zukunft wohl auf die Fleischbranche zukommt. Zu den treibenden Herausforderungen gehören Tierwohl und Nachhaltigkeit sowie Klimaschutz und alternative Proteine. Nach allgemeiner Auffassung ist der Fleischsektor weit entfernt von einer Apokalypse. Man reagiere auf gesellschaftspolitische Forderungen, veränderte Ernährungsmuster und Konsumgewohnheiten. Dies ist wohl auch notwendig, denn der GFK-Marktforscher Helmut hübsch interpretierte die neuesten Umfragen dahingehend, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher ihren Fleischverzehr in Deutschland reduzieren wollen. Darüber hinaus sind es genau diese Verbraucher, die auch den Absatz von Fleischersatzprodukten forcieren. Der Trend weg von der Massentierhaltung hin zur Förderung von höheren Haltungsstufen und damit zu einer Verteuerung der Produktionskosten wird weiter anhalten.
Dass die Vermarktung mit einer höheren Wertschöpfung durchaus gelingen kann, stand im Zentrum eines Talks mit Händlern und Metzgern. Richard Brown vom französischen Beratung- und Marktforschungsunternehmen Gira erwartet für das nächste Jahr eine stärkere Importnachfrage aus China. Damit könnte auch der Preis für Schlachthälften wieder ansteigen. Insgesamt sei der globale Fleischmarkt, trotz der vielen Herausforderungen, stabil und auf einem guten Weg. Auch wenn, durch Corona und vor allem durch ASP, der weltweite Fleischkonsum einen Dämpfer erhalten hatte, so glaubt Herr Brown, dass 2022 wieder eine Trendwende zu erwarten sei. Herr Brown erklärte auch, dass trotz steigender Preise der Fleischkonsum seit 2009 weltweit zunehme. So hat sich seit 2009 der Preis für Schaffleisch mehr als verdoppelt, beim Rind die Preise um ca. 70 % und beim Geflügel um mehr als 40 % zugenommen. Und - wenn es im Moment auch anders erscheint, so legte auch das Schwein weltweit seit 2009 um 30 % im Preis zu. Dennoch steht die Branche vor großen Herausforderungen. Themen wie Umweltschutz, Tierwohl, Gesundheit und Antibiotika stünden weltweit im Fokus. In vielen Ländern werde es für die Fleischbranche zudem schwieriger Arbeitskräfte zu finden. Dr. Ingo Stryck von der PHW Gruppe (Wiesenhof) gab einen Überblick zur aktuellen Lage auf dem Markt für Fleischalternativen und beurteilte die weiteren Perspektiven.
Die PHW-Gruppe hat als größter deutsche Produzent von Geflügelfleisch mit den alternativen Proteinen ein weiteres Geschäftsfeld aufgebaut. Mit eigener Produktentwicklung, Vertriebspartnerschaft und strategischen Investments will der familiengeführte Konzern von dem Trend einer fleischärmeren Ernährung profitieren. Statistiken zeigen einen starken Absatzanstieg von Fleischersatzprodukten – egal, ob vegan oder vegetarisch. Seit 2019 verdreifachte sich die Absatzmenge im deutschen Lied Lebensmitteleinzelhandel auf knapp 10.000 t im Monat berichtete Stryck. Während beinahe wöchentlich neue pflanzenbasierte Fleischersatzprodukte auf den Markt kommen, ist mit einer Markteinführung von tierischen Zellkulturen erzeugtem Cultered Meat in Europa erst mittelfristig zu rechnen. Hauptgrund dafür ist das, in der Novell-food-Verordnung geregelte, aufwändige Zulassungsverfahren für solche Produkte. PHW rechnet deshalb erst ab 2035 mit einem stark wachsenden Markt. In der Fermentation sieht er dagegen ein Verfahren, das schneller eine größere Bedeutung erlangen könnte. Dabei produzieren Mikroorganismen Proteine für die Verarbeitung von Lebensmitteln.
Gegenüber Insekten als Proteinquelle sieht er zu große Vorbehalte beim Verbraucher. Allerdings könnten sie im Tierfutter die Sojaimporte als wesentlicher Bestandteil ergänzen oder ersetzen? Für das Jahr 2035 prognostiziert der BCG & Blue Horizon Report 2021 eine weltweite Produktion von 6 Millionen t kultiviertem Fleisch, 22 Millionen t über Fermentation erzeugtes Fleisch und 69 Millionen t Fleischersatzprodukte durch pflanzliche Rohstoffe. Für die globale konventionelle Fleischproduktion rechnet die Welternährungsorganisation FAO in ihrem 10 Jahresausblick bis 2030 mit einem Anstieg auf rund 374 Millionen t. Das bedeutet, dass die wachsende Weltbevölkerung ihren Proteinbedarf auch in einem Jahrzehnt noch zu einem großen Teil mit natürlich erzeugtem Fleisch von Rind, Schwein und Geflügel abdecken.