Rede von Präsident Manfred Rycken bei der Matinee des Deutschen Fleischer-Verbandstages
Offizielles Redemanuskript mit dem Vorbehalt, dass das gesprochene Wort abweichend sein könnte
Meine sehr geehrten Damen und Herren,liebe Kolleginnen und Kollegen,
unser Verbandstagsmotto „Fleischerhandwerk – Das Original“ drückt all das aus, was uns charakterisiert: Tradition, Regionalität, Handwerkskunst, Qualitätsanspruch und Kundenorientierung.
Ich darf Sie beruhigen, ich habe keineswegs nach der Rede des letzten Jahres gegriffen. Der Bezug auf das Verbandstagsmotto von 2008 ist ganz bewusst gewählt, denn ich möchte Ihnen verdeutlichen, dass unser diesjähriges Motto „Fleischerhandwerk – Klares Profil“ die konsequente, ja zwingende Fortschreibung unseres Themas von Hannover ist. Im letzten Jahr ist etwas gelungen, was weit über den Verbandtags hinaus Wirkung gezeigt hat. Wie selten zuvor konnten wir einen so deutlichen Impuls für unsere Arbeit setzen. Das gipfelte darin, dass wir das Motto zur zentralen Aussage unserer Fernsehwerbung erhoben haben. Schon zuvor hatten einige Innungen und Landesverbände „Das Original“ für eigene Werbeaktionen genutzt.
Wir haben – das können wir heute feststellen – den Nerv der Zeit getroffen. Es hat sich in den vergangenen Monaten in besonderer Weise gezeigt, dass wir den Anspruch, das Original zu sein, völlig zu Recht erheben. Das gilt übrigens nicht nur für die traditionelle Entwicklung der Fleischbranche, sondern durchaus auch für den Qualitätsanspruch den wir vertreten.
Es wird gelegentlich behauptet, dass die Unternehmen der Fleischwirtschaft sowie die Produkte, die angeboten werden, einen sehr schlechten Ruf besitzen. Wir sehen das etwas differenzierter.
Zwar haben verschiedene Skandale der Vergangenheit nicht gerade zur positiven Imageförderung beigetragen, wir sind aber überzeugt davon, dass es im Ansehen große Unterschiede innerhalb der Fleischwirtschaft gibt. Das ist ja gerade der Grund dafür, dass viele unserer Konkurrenten durch Kopieren versuchen, vom hervorragenden Ruf des Fleischerhandwerks zu profitieren. Wie anders ist es zu erklären, dass von Industriebetrieben und großen Handelsketten Begriffe wie Meisterqualität, Fachgeschäft oder Meister-Fleischerei verwendet werden?
Es ist uns in den letzten Monaten in besonderer Weise gelungen unsere Stärke als das Original klar zu formulieren. In der Folge gilt es nun, diese Stärken durch ein klares Profil transparent zu machen. Was ist damit gemeint?
Wir stehen vor der Herausforderung, uns so zu präsentieren, dass den Kunden immer wieder deutlich wird, dass im Fleischerhandwerk – und zwar vor allem hier – Meisterqualität und hervorragender Service geboten werden.
Diese deutliche Abgrenzung ist vielen Verbrauchern nicht mehr bewusst. Seriöse Befragungen haben gezeigt, dass die Mehrzahl der Verbraucher unsere Betriebe nicht mehr als Handwerksunternehmen erkennt. In den Augen von vielen jungen Menschen stehen unsere Fachgeschäfte auf einer Stufe mit den Theken des Handels.
Es zeigt sich also zunehmend die Situation, dass wir zwar objektiv viele Punkte anführen können, die uns von anderen Anbietern von Fleisch und Wurst unterscheiden, dass diese Grenze aber für viele Verbraucher immer mehr verschwimmt. Und genau hier setzt konsequenterweise unser diesjähriges Verbandstagsmotto an. Wir werden, um unseren Vorsprung zu erhalten, unser Profil weiter schärfen müssen.
Das bedeutet keineswegs, dass sich alle unsere Unternehmen in die gleiche Richtung entwickeln müssen. Zwar gibt es die Klammer, die uns alle umschließt:
Wir alle bieten handwerkliche Spitzenprodukte aus eigener Herstellung, für die der Meister oder die Meisterin persönlich mit dem eigenen Namen einsteht.
Wir alle bieten unsere Produkte in Fachgeschäften an, in denen der Kunde Service und Beratung erwarten kann.
Wir alle haben die Möglichkeit, mit dem deutlichen Herausstellen der f-Marke mit dazu beizutragen, dass das Fleischerhandwerk als wichtige Einkaufsquelle gesunde Lebensmittel wahrgenommen wird.
Trotz all dieser Gemeinsamkeiten, ist es gerade die Individualität unserer Betriebe, die eine unserer großen Stärken ausmacht. Bei uns gibt es eben nicht die vielerorts übliche Einheitsware, sondern jeweils eigene, auf die jeweiligen Kundenwünsche zugeschnittene Sortimente. Auch Vertriebswege und Dienstleistungen werden an unterschiedlichen Standorten jeweils anders zu wählen sein.
Klares Profil heißt also nicht, dass alle Unternehmen einen identischen Auftritt haben. Vielmehr ist damit gemeint, dass hier durchaus jeder sein eigenes Profil gestalten kann. Dabei wird es ganz wesentlich darauf ankommen, die Stärken, die alle Unternehmen des Fleischerhandwerks auszeichnen, und die jeweils eigenen Stärken zu verbinden und gezielt herauszustellen.
Wir freuen uns, dass wir Herrn Eckart Schlamann gewinnen konnten, uns heute Hinweise zu diesem Thema zu geben. Herr Schlamann, Sie werden uns die Bedeutung eines scharfen Profils für den Unternehmenserfolg aufzeigen. Ich weiß, dass Sie dabei aus Ihrer Praxis viele Fallbeispiele benennen können. Wir freuen uns auf Ihren Vortrag, seien Sie uns herzlich willkommen.
Heute Nachmittag werden wir dann in unserem Arbeitsforum konkretisieren, welche Maßnahmen für den einzelnen Betrieb machbar und sinnvoll sind, um das eigene Profil zu schärfen. Auch hier wird uns Herr Schlamann als einer der Diskussionsteilnehmer zur Verfügung stehen. Als weiterer Experte steht Herr Professor Franz-Theo Gottwald bereit, der weitere „Stellschrauben fürs Profil“, so der Titel des Forums, benennen wird.
„Fleischerhandwerk – Klares Profil“. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe ihnen erläutert, dass wir dieses Motto vor allem programmatisch für unsere eigene Ausrichtung verstehen. Gleichzeitig ist es aber auch eine deutliche Ankündigung, wie wir die politische Arbeit unseres Verbandes auch in Zukunft gestalten werden.
Vor zwei Wochen fanden im unserem Land Bundestagswahlen statt, die uns – so viel können wir wohl schon festhalten – zumindest teilweise eine neue Ausrichtung der Politik gebracht haben. Ich möchte Sie an dieser Stelle nicht durch eine weitere umfangreiche Analyse des Wahlkampfs und der Ursachen für das nun vorliegende Ergebnis langweilen. Davon haben wir alle in den vergangenen Tagen von allen möglichen tatsächlichen oder vermeintlichen Experten mehr als genug gehört.
Auch eine Spekulation, welche Partei nun welche Ministerien mit welchen Köpfen an der Spitze besetzen wird, ist müßig. Ganz gleich, welche Politikerinnen oder Politiker schließlich Verantwortung in den für uns besonders relevanten Ministerien tragen werden, wir werden selbstverständlich alles dafür tun, den traditionell engen Kontakt mit den jeweiligen Häusern fortzusetzen.
Die Bundestagswahl hat insoweit unmittelbare Auswirkung auf unseren Verbandtags, weil es uns im Vorfeld nicht möglich war, einen hochrangigen Bundes-Politiker einzuladen, heute zu uns zu sprechen.
Das liegt daran, dass vor der Wahl nur schwer abzuschätzen war, wer heute überhaupt noch hochrangig ist beziehungsweise, wer es geworden ist. Auch war klar, dass nach nur so kurzer Zeit nach der Wahl, mitten in Koalitionsverhandlungen, nur schwer konkrete Aussagen zu erhalten sind.
Ich denke, es war eine richtige Entscheidung, in diesem Jahr keinen Bundespolitiker zur Rede zu bitten. Regelmäßige Besucher unseres Verbandstags wissen, dass der Verzicht auf eine solche Rede nicht in jedem Fall ein Verlust sein muss.
In unserer politischen Arbeit außerhalb des Verbandstags heißt „Klares Profil“ für uns, dass wir Forderungen und Notwendigkeiten aus Sicht des Fleischerhandwerks auch in Zukunft klar benennen werden. Der Bundestagswahlkampf gab hierzu schon ein weiteres Mal Gelegenheit.
Solch herausragende Ereignisse sind natürlich für viele Anlass, nach Möglichkeiten zu suchen, politische Forderungen aufzustellen beziehungsweise klare Positionierungen der Parteien einzufordern. Auch der Deutsche Fleischer-Verband hat diesen Anlass nicht ungenutzt verstreichen lassen.
Viele Verbände erarbeiten vor Wahlen sehr umfangreiche Positionspapiere, Forderungskataloge oder Wahlprüfsteine. Auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks ist hier für das gesamte Handwerk tätig geworden. Hier wurden wichtige Positionen aufgezeigt, die auch für das Fleischerhandwerk von zum Teil existenzieller Bedeutung sind.
Als Beispiele seien nur die Forderungen nach einer besseren Eigenkapitalausstattung der Betriebe oder das Schlagwort „Mehr Netto vom Brutto“ genannt. Diese Forderung wird zwar heute von fast allen Parteien aufgegriffen, ursprünglich handelt es sich aber um eine Position des ZDH; ein gutes Beispiel dafür, wie erfolgreich hartnäckige Verbandsarbeit sein kann.
Der DFV hat dagegen kein eigenes Positionspapier erarbeitet, sondern ist ganz bewusst einen anderen Weg gegangen. Wir konnten uns des Eindrucks nicht erwehren, dass die vielen tausend Seiten, die den Politikern in Wahlkampfzeiten auf den Schreibtisch regnen, möglicherweise nicht alle vollständig gelesen und gewürdigt werden. Es machte nach unserer Auffassung wenig Sinn, auf diesen Papierberg nochmals 40 oder 50 Seiten drauf zulegen. Wir haben deshalb den verbraucherpolitischen Sprechern der im Bundestag vertretenen Parteien einen kompakten Brief geschrieben. Hierin stellten wir fünf für unser Handwerk zentrale Fragen. Wir haben die Politiker gebeten uns diese Fragen zu beantworten.
Die Fragen konzentrierten sich selbstverständlich auf verbraucherpolitische Themen. So fragten wir nach den Positionen zur BSE-Gesetzgebung, zu Kennzeichnungsfragen, insbesondere bei loser Ware, wir fragen nach der Positionierung von Gebührenfestsetzungen für kleine und mittlere Unternehmen und schließlich wollen wir auch Ziele zur Unterstützung regionaler Vermarktungsstrukturen erfahren.
Wir haben ausführliche und aussagefähige Antworten von der Union, von den Grünen und – man beachte – von den Linken erhalten. Die Antwort der SPD war, freundlich ausgedrückt, deutlich kompakter. Auf die Antwort der FDP warten wir noch. Nun ja, ich habe in den Kommentaren der Analysten mehrfach gehört: „Nach der Wahl ist vor der Wahl“. Vielleicht hätten wir den Liberalen gegenüber deutlicher machen müssen, zu welcher Wahl genau wir die Antworten gerne gehabt hätten. Man muss jedenfalls anerkennen, dass die FDP auch so ein ordentliches Ergebnis erreicht hat.
Wie dem auch sei, wir sind überzeugt, dass wir mit unserem Weg die Bundestagswahl zu nutzen, richtig gelegen haben. Zumindest einige verantwortliche Politiker haben sich ernsthaft mit unseren Themen auseinandergesetzt. Wir haben einige sehr konkrete Aussagen erhalten, an die man die Politiker zu gegebener Zeit erinnern kann.
Wir werden das mit allem Nachdruck tun, denn aufgrund der besonderen Strukturen sind wir im Fleischerhandwerk auf faire Rahmenbedingungen angewiesen. Das gilt übrigens nicht nur für die Bundes- und Landespolitik, sondern gleichermaßen, womöglich sogar noch verstärkt, für politische Entscheidungen, die aus Brüssel kommen. So gesehen muss man die Wahlbeteiligung bei der Europawahl als ausgesprochen enttäuschend bezeichnen. Es gibt hier eben eine deutliche Diskrepanz zwischen der wahrgenommenen und der tatsächlichen Bedeutung von politischen Instanzen.
Wir werden jedenfalls sowohl in Brüssel als auch in Bonn und Berlin für die Belange der fleischerhandwerklichen Betriebe eintreten.
Zumindest theoretisch sollte es uns nicht schwer fallen, künftig noch stärker als bisher Gehör zu finden. Schließlich sind diejenigen Parteien gestärkt aus der Wahl hervorgegangen, die die Bedeutung von Handwerk und Mittelstand besonders betont haben. Wir werden sehen, wie erfolgreich wir in der Praxis sein können.
Wir wollen durchaus anerkennen, dass wir schon in den letzten Jahren einige wichtige Erfolge für unsere Betriebe erzielen konnten. Dabei hat uns geholfen, dass unsere Belange auch schon in der letzten Legislaturperiode von vielen politisch Verantwortlichen gesehen und berücksichtigt wurden.
Was wir jetzt brauchen, ist ein weiterer deutlicher Abbau der Bürokratie. Ich möchte nicht falsch verstanden werden: Klare Regeln, eine funktionierende Verwaltung und durchaus auch bürokratische Vorschriften sind wesentliche Grundpfeiler für einen funktionierenden Staat.
Zum Ärgernis und zur wirtschaftlichen Belastung wird Bürokratie allerdings dann, wenn sie außer Kontrolle gerät und kein vernünftiges Abwägen zwischen Aufwand und Ertrag mehr stattfindet. Hier gibt es nach wie vor viel zu tun, insbesondere bei den zahlreichen Berichts- und Statistikpflichten, die den Unternehmen aufgebürdet werden. Nach Berechnungen des statistischen Bundesamtes wird die Wirtschaft insgesamt mit einem jährlichen Aufwand von fast 48 Milliarden € belastet. Es ist zu vermuten, dass sich hier das eine oder andere einsparen lässt.
Auch in Bereichen, die unsere Branche im speziellen betreffen, lassen sich Bürokratiekosten einsparen. Die Rindfleischetikettierung ist und bleibt ein Beispiel dafür, wie Bürokratie nicht laufen soll. BSE, der eigentliche Anlass für die Rindfleischetikettierung, ist längst überwunden. Kein Verbraucher interessiert sich mehr für die erzwungenen Informationen. Wohl aber die staatlichen Institutionen. Außer einem gewaltigen organisatorischen und finanziellen Aufwand für Unternehmen und Kontrollorgane wird hier nichts bewirkt. Wir fordern deshalb die Streichung der Etikettierungspflicht für lose Ware in der Ladentheke. Darüber hinaus müssten auch andere Regelungen der BSE-Gesetzgebung dringend auf den Prüfstand.
Dabei ist die Rindfleischetikettierung nur ein kleiner Ausschnitt aus den vielfältigen Überlegungen, die einige rund um Kennzeichnungsfragen entwickeln. Wir werden uns auch weiterhin massiv gegen eine verpflichtende Kennzeichnung von Waren wenden, die lose aus der Theke heraus verkauft werden. Es muss verstanden werden, dass viele Kennzeichnungselemente, die bei vorverpackter Ware möglich sind, bei loser Ware eben nicht umgesetzt werden können. Das, was möglich ist, wollen wir gerne beitragen. Aus diesem Grund werden wir morgen in unserer Mitgliederversammlung unser umfangreiches Kennzeichnungskonzept vorstellen. Hiermit werden wichtige Informationen für unsere Kunden bereitgestellt, und zwar bei denjenigen Produkten, bei denen diese Angaben möglich sind.
Handwerkliche, integrierte Produktion ist eben etwas anderes als industrielle Linienfertigung. Bedienung aus der Theke heraus ist etwas anderes als Fließbandetikettierung an der Verpackungsstraße. Wir brauchen deshalb Regelungen, die für unsere Betriebe auch erfüllbar sind. Wir werden das mit Nachdruck einfordern.
Was wir ebenfalls nicht brauchen, ist eine Kennzeichnung ganzer Unternehmen, in denen dargestellt wird, wie diese Betriebe bei der staatlichen Lebensmittelüberwachung abgeschlossen haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wozu eine solche Kennzeichnung dienen soll, ist mir noch nicht klar geworden.
Man darf an dieser Stelle vielleicht noch einmal daran erinnern, dass selbst Schwerstkriminelle bei uns in Deutschland keine Kennzeichnung tragen müssen. Warum dagegen Lebensmittelbetriebe womöglich schon bei Ordnungswidrigkeiten, die weit von Straftaten entfernt sind, eine öffentliche Brandmarkung brauchen, bleibt rätselhaft.
Damit hier gar keine Missverständnisse entstehen, betone ich ausdrücklich, dass Verstöße gegen geltendes Lebensmitteloder Hygienerecht mit aller Konsequenz geahndet werden müssen. Schmutzfinken wollen wir nicht dulden. Aber es gibt bereits ein abgestuftes Sanktionssystem, mit Hilfe dessen solche Betriebe aus dem Verkehr gezogen werden können. Es gibt bereits das Instrument der Betriebsschließung, das in Extremfällen durchaus angewendet wird. Diejenigen Betriebe, bei denen es offensichtlich keinen ausreichenden Grund zur Betriebsschließung gibt, durch öffentliche Brandmarkung wirtschaftlich zu ruinieren, ist inakzeptabel. Wir erwarten, dass die Lebensmittelüberwachung ihre Arbeit ordnungsgemäß erledigt, einen Smiley oder eine Veröffentlichung im Internet braucht es dann nicht.
Dass wir mit unserer sachlichen und zielorientierten politischen Arbeit durchaus Erfolge erzielen können, hat die Vergangenheit mehrfach bewiesen. Wir haben eine ganze Menge erreicht, weil sowohl der Deutsche Fleischer-Verband als auch die Landesinnungsverbände immer wieder deutlich machen konnten, dass Handwerk anders funktioniert als Industrie.
Besonders deutlich wird das bei dem alles beherrschenden Thema der letzten Jahre, dem EU-Hygienepaket. Wir befinden uns auf der Zielgeraden der anstehenden Zulassungsverfahren. Nachdem es zunächst sehr schleppend voranging, haben sich die Verfahren in den letzten Monaten deutlich beschleunigt. Die Verbände des Fleischerhandwerks stehen bereit, denjenigen Betrieben, die das Verfahren noch durchlaufen müssen, mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Es wird wohl nicht gelingen, alle zulassungspflichtigen Betriebe bis zum Jahresende tatsächlich abzuarbeiten, wir sind jedoch inzwischen ganz zuversichtlich, dass das zumindest bei einem großen Teil erledigt sein wird.
Wenn man heute eine vorläufige Zwischenbilanz ziehen will, dann muss man feststellen, dass es uns hervorragend gelungen ist, diese gewaltige Herausforderung für unser Handwerk zu stemmen. Ich darf daran erinnern, dass zu Beginn der Diskussionen vor vielen Jahren sehr weitreichende Vorstellungen darüber geherrscht haben, was unsere Betriebe alles erfüllen müssen.
Der von uns gewählte programmatische Ansatz, die Zulassung für möglichst viele Betriebe zu ermöglichen, hat sich im Nachhinein betrachtet als absolut richtig erwiesen. Unser Kampf für handwerksgerechte, angepasste Zulassungsbedingungen hat sich in vollem Umfang gelohnt.
Wir können heute sagen, dass prinzipiell jeder Handwerksbetrieb die Zulassung erreichen kann. Dort, wo es aus unterschiedlichen Gründen zu Schwierigkeiten im Verfahren kommt, stehen unsere Berater unterstützend zur Seite.
Mit unserer Leitlinie, dem inzwischen berühmt gewordenen „Gelben Ordner“, haben wir viele Monate vor der Veröffentlichung der Durchführungsverordnung und der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift den Standard gesetzt, den unsere Betriebe erfüllen können.
Mit dieser aktiven Gestaltung des Anwendungsprozesses haben wir nahtlos an die Grundlagenarbeit angeknüpft, die unser Büro in Brüssel in enger Zusammenarbeit mit dem Internationalen Metzgermeister-Verband im Verordnungsgebungsverfahren des Hygienepakets geleistet hat. Schon hier wurde dafür gesorgt, dass die Formulierungen der Verordnungen den Belangen der handwerklichen Betriebe gerecht werden.
Es sind häufig die kleinen Erfolge, die große Wirkung auf die Arbeit unserer Handwerksmeister haben. Nehmen wir zum Beispiel die Regelungen rund um HACCP. Was sollte nicht alles dokumentiert werden? Wir haben erreichen können, dass der Aufwand dafür für handwerkliche Betriebe auf das Notwendigste reduziert wird.
Man sieht an solchen Beispielen, dass es an vielen Stellen der Politik tatsächlich das aufrechte Bestreben gibt, Bürokratie zurückzufahren. Wir werden gemeinsam mit diesen Kräften weitere Vorschläge erarbeiten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, „Klares Profil“, das heißt auch, dass wir als Fleischerhandwerk auch in der Öffentlichkeit kraftvoll auftreten.
Ich darf sagen, dass uns das in den letzten Monaten wieder an vielen Stellen eindrucksvoll gelungen ist. Da ist zum einen unsere Fernsehwerbung, deren zweite Staffel vor wenigen Tagen ausgelaufen ist. Nicht nur wegen des neuen Slogans, den wir aus dem letztjährigen Verbandstagsmotto abgeleitet haben, können wir uns hier über einen großen Erfolg freuen.
Vor allem sind wir auch stolz und dankbar, dass so viele Landesinnungsverbände, Innungen und einzelne Mitgliedsbetriebe unseren Slogan auch für ihre eigenen Werbemaßnahmen genutzt haben. Durch diese breite Verwendung auf ganz unterschiedlichen Ebenen und mit ganz unterschiedlichen Werbeträgern haben wir wie selten zuvor eine hervorragende Werbewirkung für unser Handwerk und unsere Betriebe erreicht.
Unterstützt wird diese Werbekampagne durch zahlreiche Presse- und Fernsehberichterstattungen, die wir auch in den letzten 12 Monaten haben initiieren können.
Eine besondere Rolle spielt hierbei der Leistungswettbewerb der Fleischerjugend, der nun schon seit Jahren Gegenstand einer ganz umfangreichen Fernsehberichterstattung ist. Wenn wir im Anschluss die Sieger des letzten Leistungswettbewerbs auszeichnen, kann ich sie also gleichzeitig mit Fernsehstars bekannt machen.
Wir dürfen uns auf solchen Erfolgen natürlich nicht ausruhen. Wenn es uns darum geht, „Klares Profil“ zu zeigen, dann werden wir unsere Anstrengungen in diesem Bereich eher noch intensivieren müssen. Nun ist uns allen bewusst, dass die enormen Werbeetats, die unsere Konkurrenten aufbringen, für unsere Organisationen Utopie bleiben müssen. Dieses Manko werden wir auch in Zukunft mit großem persönlichem Einsatz, mit Ideenreichtum und sinnvollen Kooperationen auffüllen.
In diesem Zusammenhang bietet sich für uns ab dem nächsten Jahr eine neue Option. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks wird Anfang 2010 mit einer groß angelegten Imagekampagne rund um das Handwerk beginnen. Im Rahmen dieser Werbeaktion, die über mehrere Jahre laufen soll, soll ganz bewusst auch einzelnen Fachverbänden die Möglichkeit gegeben werden, eigene Werbeaktivitäten mit der Kampagne zu verknüpfen.
Ich halte diese Möglichkeit, auch angesichts unserer begrenzten Ressourcen, für einen ausgesprochenen viel versprechenden Weg. Wenn man bedenkt, dass unsere Fachgeschäfte nur noch von einem Bruchteil der Verbraucher als Teil des Handwerks erkannt werden und stattdessen eher dem Lebensmitteleinzelhandel zugeordnet werden, spricht das zusätzlich für eine Verknüpfung mit der groß angelegten Handwerkskampagne.
Wir werden zu gegebener Zeit mit den Fachleuten unserer Verbände darüber beraten, ob und in welcher Weise wir die ZDH-Kampagne nutzen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt einen weiteren Bereich, in dem ein klares Profil unerlässlich ist. Teil unseres Selbstverständnisses ist die hervorragende Qualifikation unserer Unternehmerinnen und Unternehmer sowie unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir bauen hinsichtlich der Kenntnisse und Fertigkeiten auf eine lange und starke Tradition, übersehen aber auch nicht die Entwicklungen, denen sich unsere Betriebe anpassen müssen.
Schon vor einigen Jahren haben wir deshalb die Ausbildungsordnungen sowohl für unseren Verkaufs- als auch für unseren Produktionsberuf überarbeitet und diesen Erfordernissen angepasst. In einem nächsten Schritt werden wir nun eine Neuordnung der Meisterprüfung im Fleischerhandwerk einleiten. Die wesentlichen Grundlagenarbeiten innerhalb unserer Organisation sind inzwischen abgeschlossen. Ich möchte an dieser Stelle auf die besondere Bedeutung dieses Schrittes hinweisen. Die Ausbildung der Menschen, die in unserem Handwerk arbeiten, ist das größte Pfund, mit dem wir wuchern können. Mindestens ebenso wichtig ist jedoch, dass die Inhalte der Ausbildung eben auch Ausdruck unseres Selbstverständnisses sind. Die große Intensität, mit der um einzelne Formulierungen unserer Überarbeitungen gerungen wurde, macht dies auch besonders deutlich.
Ich bin froh, dass wir nunmehr einen weiteren Schritt zur Festigung der Tradition und zur Modernisierung unseres Handwerks gehen können. Das wird uns auch große Hilfe sein, wenn es darum geht, immer wieder junge Menschen für unser Handwerk zu begeistern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich habe versucht, deutlich zu machen, wie umfassend wir den Begriff des „Klaren Profils“ verstehen wollen:
- Klares Profil als geschlossenes Handwerk mit vielen Stärken
- Klares Profil als einzelnes Unternehmen, das diesen Stärken ganz eigene hinzufügt
- Klares Profil in der politischen Auseinandersetzung
- Klares Profil im Auftritt unseres Handwerks in der Öffentlichkeit
- Klares Profil in den Berufsbildern und in der Ansprache von jungen Menschen.
Eines ist mir dabei besonders wichtig:
Das Motto „Fleischerhandwerk – Klares Profil“ formuliert kein Ziel, das wir möglichst bald erreichen wollen. Es ist vielmehr eine mit großer Überzeugung vorgetragene Beschreibung des aktuellen Ist-Zustandes. Es ist Fakt, dass wir ein so hohes Ansehen genießen, dass unsere Konkurrenten mit unseren Attributen werben, ohne sie je erfüllen zu können. Es ist Fakt, dass wir wie kein anderer für Regionalität, Qualität und Nachhaltigkeit stehen. Es ist Fakt, dass nur wir in ganz persönlicher Verantwortung für den gesamten Produktions- und Verkaufsprozess einstehen.
Wir haben ein klares Profil. Aber das entbindet uns nicht von der Verpflichtung an einer weiteren Schärfung dieses Profils zu arbeiten. Die Konkurrenz schläft nicht, das fordert uns heraus.
Dieser Herausforderung stellen wir uns – als ganzes Fleischerhandwerk, als Organisationen im Dienste unserer Mitglieder und als einzelner Betrieb, der sich dem Wettbewerb um den Kunden stellt.
Wir sind das Original – und ein klares Profil sorgt dafür, dass der Kunde das bei jedem Einkauf merkt.
In diesem Sinne eröffne ich den 119. Deutschen Fleischer - Verbandstag.
Quelle: Bremerhaven [ DFV ]