„Nachhaltigkeit“ als Marketinginstrument
In einem Gastbeitrag hinterfragt Klemens Schulz, Zentralverband der Deutschen Schweineproduktion e.V., den Begriff Nachhaltigkeit
Bis auf „Die Linken“ haben alle Bundestagsfraktionen in einem gemeinsamen Antrag (17/7182) Ende letzten Jahres die Bundesregierung aufgefordert, sich für eine deutliche Beschleunigung bei der weltweiten Transformation von nationalen Volkswirtschaften hin zu ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltigen Wirtschaftsmodellen einzusetzen.
Erstmals wird mit dieser Forderung zugestanden, dass sich „Ökologie“ auch rechnen muss. Eine Orientierung nach Ökoeffizienzkriterien ist bereits heute die Grundlage für die Bewertung von Produkten oder Produktionsprozessen in vielen Industrieunternehmen. Spezialsoftware hilft dabei.
Leider treibt das „Nachhaltigkeitsmarketing“ auch merkwürdige Blüten. Dazu zählt z.B. die Reduktion von „Nachhaltigkeitslabeln“ auf GVO-Verzicht, auf den Tierschutz oder „regionale Erzeugung“.
Dabei vernachlässigen die Verantwortlichen, dass derartige Kriterien zunächst einmal nichts mit Nachhaltigkeit zu tun haben. Sie müssen wie jedes andere Produktionsverfahren auch, zunächst nach Ökoeffizienzkriterien bewertet werden. So besteht die Gefahr einer Halbwertzeit von wenigen Wochen mit katastrophalen wirtschaftlichen Auswirkungen für Zulieferbetriebe, die weltweit im Wettbewerb stehen. Wohin das führen kann, zeigen die Beispiele der Schweinehaltung in Großbritannien, Schweden und der Schweiz oder der Ausstieg aus der Käfighaltung in Deutschland.
Ein Verzicht auf die Ökoeffizienzbewertung beeinträchtigt die Wettbewerbsfähigkeit, reduziert die Selbstversorgung, führt zu einer Verlagerung der Produktion ins Ausland und damit zu mehr Importen.
Der Verbraucher weiß mittlerweile, dass der Kauf eines importierten Apfels im Sinne der Ökoeffizienz durchaus ökologischer sein kann, als der eines lokal produzierten Apfels. Freier Welthandel mit Agrarprodukten ist u.U. nicht nur effizienter als nationale Abschottung, sondern auch sozial und ökologisch durchaus sinnvoll. Die vergleichende Ermittlung des Energieumsatzes der Lebensmittelbereitstellung aus regionalen und globalen Prozessketten zeigt oft, dass regionale Klein- und Kleinstbetriebe energetisch bei weitem nicht mit größeren Betrieben konkurrieren können. Nur wenn eine effiziente Mindestgröße vorliegt, kann zu Recht von Lebensmitteln mit hoher ökologischer Qualität gesprochen werden, stellt die Justus-Liebig-Universität Gießen in einer Studie dazu fest.
Damit wahre „Nachhaltigkeit“ zum Erfolg wird, benötigt der Verbraucher eine glaubwürdige und transparente Information für seine Kaufentscheidung und keine ideologisch geprägte Schwarz-Weiß-Malerei! Auch die Produzenten brauchen verlässliche Kriterien, an denen Sie sich mit ihren Investitionen orientieren können.
Eine Polarisierung von „Groß“ und „Klein“ oder „Bio“ und „Konventionell“ zu missbrauchen, ist hierfür wenig hilfreich.
Quelle: Bonn [ Klemens Schulz ]