Verbraucher: Steigender Kompetenzverlust bei Lebensmitteln

Food-Journalistin Dagmar Freifrau von Cramm sieht Lebensmittelindustrie in der Pflicht – Mehr in die Ernährungsbildung investieren – DLG-Lebensmitteltage 2008 in Frankfurt am Main und Bad Soden

Die Verbraucher verlieren dramatisch an Kompetenz im Umgang mit Grundnahrungsmitteln. Zu diesem Schluss kommt die bekannte Food-Journalistin Dagmar Freifrau von Cramm auf den DLG-Lebensmitteltagen 2008 in Frankfurt am Main und Bad Soden. Auf die Lebensmittelindustrie komme daher eine hohe Verantwortung in Bezug auf Sicherheit, Qualität und Ernährungskompetenz zu. Zugleich appellierte die renommierte Ernährungswissenschaftlerin an die Lebensmittelindustrie, sich mehr in der Ernährungsbildung zu engagieren und zu investieren. Die DLG-Lebensmitteltage sind der große Treffpunkt der Lebensmittelbranche und der Qualitätsfachleute, in deren Mittelpunkt in diesem Jahr die neue Rolle der Lebensmittelhersteller steht.

"Wird die Lebensmittelindustrie zum Vorkoster der Nation?" Diese provozierende Frage stellt die bekannte Fachjournalistin für Ernährung Dagmar Freifrau von Cramm. Die Ernährungswissenschaftlerin konstatiert einen schnell zunehmenden Kompetenzverlust in verschiedenen Gesellschaftsschichten beim Umgang mit Grundlebensmitteln und ihrer Zubereitung. "Das Wissen um Lebensmittel ist in der Gesellschaft sehr heterogen", so Freifrau von Cramm. Zwar gäbe es "intellektuelle Kompetenzinseln" und eine wachsende Gourmet-Elite und Hobby-Köche, die sich intensiv mit der Vielfalt von Lebensmitteln und deren Zubereitung beschäftige. Die größere Zahl der Verbraucher würde sich jedoch mit dem zunehmenden Convenience-Grad der Lebensmittel auf die Kompetenz und Glaubwürdigkeit der Lebensmittelproduzenten verlassen. Vor allem die Lebensmittelindustrie übernähme dadurch eine zen-trale Vermittlerrolle in Fragen der Lebensmittel- und Ernährungskompetenz.

Convenience: Abgabe der Lebensmittelkompetenz an Industrie

"Mit der Zunahme convenienter Lebensmittel ziehen wir uns Verbraucher heran, die nicht nur nicht kochen, sondern die auch die Qualität von originären Zutaten nicht mehr beurteilen können", so Freifrau von Cramm. Dies wiederum steigere die Nachfrage nach Convenience-Produkten. "So entsteht ein Kreislauf von schwindenden Kenntnissen, steigender Abhängigkeit und von Ansprüchen an die Industrie." Folge dieser abnehmenden Kompetenz sei zunehmende Abgabe der Verantwortung an die Lebensmittelindustrie. Die abnehmende Kompetenz des Verbrauchers habe dramatische Konsequenzen für das Ausmaß der Verantwortung, die der Lebensmittelindustrie zugewiesen wird: "Je abhängiger der Verbraucher von der Industrie wird, desto größer werden die Ansprüche an Sicherheit und Qualität." Zu den wesentlichen Themen, die von den Verbrauchern zunehmend im Verantwortungsbereich der Hersteller gesehen würden, zählen für Freifrau von Cramm die Aspekte "Geschmacksbildung", "Frische von Lebensmitteln", "Informationstransparenz", "Gelinggarantien für die Zubereitung", die "Sicherheit von Lebensmitteln" sowie umweltschonende Produktionsmethoden und Tierschutz.

Mehr Engagement in der Ernährungsbildung gefordert

Angesichts der großen Kompetenzunterschiede sei es, so Freifrau von Cramm, notwendig, in die Ernährungsbildung zu investieren. "Gerade die sozial Schwachen brauchen Unterstützung, weilsie ungleich stärker von ernährungsmitbedingten Krankheiten wie Adipositas (Fettleibigkeit) oder Diabetes betroffen sind und weil ihnen in großen Teilen die nötige Kompetenz fehlt, sich entsprechend zu ernähren." Vor diesem Hintergrund müssten die Unternehmen sehr sorgsam die Verbraucherinteressen berücksichtigen. Gemeinschaftliche Aktivitäten der Lebensmittelindustrie im Bereich Ernährungsbildung könnten das Verantwortungsprofil der Lebensmittelproduzenten schärfen.

Ausführliche Informationen über das vollständige Programm der DLG-Lebensmitteltage 2008 sind abrufbar im Internet unter www.DLG.org/Lebensmitteltage.

Quelle: Bad Soden [ DLG ]

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