Schlachtkörper- und Fleischqualität von Schweinen nach verlängerter Mast
39. Kulmbacher Woche
In Deutschland werden Schlachtschweine üblicherweise bis zu einem Lebendgewicht von 100 bis 120 kg gemästet. Dies gilt aus betriebswirtschaftlicher Sicht als sinnvoller Kompromiss, weil sich mit zunehmendem Mastendgewicht zwar der Anteil der fixen Kosten (Ferkel, Schlachtung, Fleischuntersuchung) verringert, sich aber gleichzeitig - wegen der schlechter werdenden Futterverwertung - die Futterkosten pro kg Schlachtkörpermasse erhöhen. Allerdings wird für die Herstellung spezifischer Produkte (z. B. traditionell hergestellte Schinken- und Rohwurstvarianten) grundsätzlich Fleisch wesentlich schwererer Tiere bevorzugt. Darüber hinaus wird vielfach unterstellt, dass das Fleisch länger gemästeter Schweine eine höhere sensorische Qualität aufweise. Ziel der vorgestellten Untersuchung war es deshalb, systematisch darzustellen, welche quantitativen und qualitativen Veränderungen bei einer Erhöhung des Mastendgewichts von 110 bis zu 160 kg eintreten.Dazu wurden insgesamt 120 stressstabile Piétrain-Landrasse-Kreuzungen beiderlei Geschlechts bis zu einem Lebendgewicht von 80 kg mit dem MPA-Standardfutter und danach jeweils zur Hälfte mit einer Futtermischung höherer bzw. niedrigerer
Energiedichte (ME/kg: 12,8 bzw. 12,0 MJ) bis zu einem Endgewicht von 110, 135 und 160 kg gemästet. Schlachtkörperzusammensetzung sowie Muskelfleisch- und Fettqualität wurden an Hand eines umfangreichen Merkmalsspektrums unter Einbeziehung mehrerer Messstellen untersucht.
Die Effekte des unterschiedlichen Energieangebots im Futter erwiesen sich als so gering, dass sie hier vernachlässigt werden können.
Das sich aus der Versuchsanstellung für die drei Mastendgewichtsstufen ergebende Schlachtalter liegt bei 25,4, 29,3 und 33,2 Wochen. Die Zunahmen pro Masttag erreichen mit Gruppenmittelwerten zwischen ca. 880 und 908 g ein hohes Niveau und lassen erkennen, dass bei heute verfügbaren Endmastherkünften auch schwerere Schweine noch über ein erhebliches Wachstumspotenzial verfügen. Dass sich hierbei die Schlachtkörperverfettung erhöht, war zu erwarten. Der Anstieg des Fleisch-/ Fettflächen-Verhältnisses von 0,33 auf 0,43 sowie die entsprechenden Verschiebungen in den Proportionen der Teilstücke sind daraus folgende Charakteristika. Überraschend ist jedoch, dass die zunehmende Gesamtverfettung bei den drei einbezogenen Muskeln (M. longissimus dorsi, M. semimembranosus und M. triceps brachii) in nur unwesentlich höheren Fettgehalten zum Ausdruck kommt. Auch Wasser- und Proteingehalt verändern sich nur minimal.
Bei einigen PSE-relevanten Merkmalen der Fleischqualität zeigen sich im M. longissimus dorsi signifikante Gewichtseffekte. Dazu gehört die 24 h p.m. gemessene Leitfähigkeit, die bei den schwersten Tieren geringfügig erhöht ist. Eine gleichgerichtete Tendenz ist beim Tropfsaftverlust, aber nicht beim pH1-Wert festzustellen. Dies könnte darauf hindeuten, dass für die Entwicklung der stärkeren Wässerigkeit bei größeren Schlachtkörpern die zwangsläufig langsamere Durchkühlung des Muskelgewebes verantwortlich ist. Die etwas niedrigeren Kochverluste im Fleisch der schwersten Tiere dürften dadurch zu erklären sein, dass im Verlaufe der Abtropfzeit (24-48 h p. m.) bereits ein höherer Saftaustritt stattgefunden hatte. Sinkende L*- und ansteigende a*-Werte zeigen, dass das Fleisch in den beiden höheren Gewichtsstufen auch dunkler und röter wird. Bei gleichzeitig unveränderten End-pH-Werten sind die Ursachen jedoch nicht in DFD-Veränderungen, sondern in einer altersbedingt stärkeren Gesamtpigmentkonzentration zu suchen. Sie ist an allen einbezogenen Messpunkten zu belegen. Die bei den drei ausgewählten Muskeln an Kochproben sowie beim M. long. dorsi auch an Grillproben durchgeführten Scherkraftmessungen lassen - mit Ausnahme des M. semimembranosus, wo es mit zunehmendem Gewicht zu einer deutlichen Verringerung der Werte kommt - keine Auswirkungen der verlängerten Mast erkennen.
Beim Fettsäurenprofil des Rückenspecks geht mit der Erhöhung des Mastendgewichts von 110 auf 160 kg eine Verminderung des Gehalts an mehrfach ungesättigten Fettsäuren (PUFA) um ca. 2,5 Prozentpunkte einher. Die Ursachen liegen in dem ansteigenden Fettansatz mit forcierter Eigenfettsynthese, aber auch in dem zunehmenden Abstand vom ersten Mastabschnitt (bis 80 kg LGW), in welchem ein etwas polyensäurereicheres Futter verabreicht wurde.
Quelle: Kulmbach [ K. FISCHER, J.P. LINDNER [1], P. FREUDENREICH und Silvia ZINNER [1] ]