Einfluss von Marmorierung und Scherkraft von Rindersteaks auf die Zahlungsbereitschaft von Verbrauchern

Quelle: J Anim Sci (2005) 83, 890-899.

Ein hoher Anteil der Verbraucher ist mit der Genussqualität und der geringen Konstanz der sensorischen Eigenschaften von Rindfleisch nicht zufrieden. Als Reaktion darauf wurden weltweit Qualitätsfleischprogramme initiiert, die aber nur bedingt Eingang in die Praxis fanden. Die Gründe für die Zurückhaltung der Wirtschaftsbeteiligten liegen zum einen in den hohen Investitionskosten und zum anderen in den mangelnden Informationen über die Höhe der Preissteigerungen, die sich aufgrund der besseren Fleischqualität am Markt durchsetzen lassen.

Eine Arbeitsgruppe der Colorado State University hat nun im Rahmen einer „experimentellen Auktion“ untersucht, ob und in welchem Umfang der Verbraucher höhere Preise für eine bessere Fleischqualität akzeptiert (W.J. PLATTER, J.D. TATUM, K.E. BELK, S.R. KOONTZ, P.L. CHAPMAN und G.C. SMITH: Effects of marbling and shear force on consumers´ willingness to pay for beef strip loin steaks).

In der Untersuchung wurde Teilnehmern eines Verbraucher-Sensorikpanels die Möglichkeit gegeben, im Rahmen einer experimentellen Auktion Steaks (Roastbeef) käuflich zu erwerben, welche in der Fleischqualität denjenigen Steaks entsprachen, die sie sensorisch getestet hatten. Für jede verkostete Probe standen jeweils 2 Steakpackungen (á 450 g) aus demselben Roastbeef zum Verkauf. Wenn die Teilnehmer grundsätzlich zum Kauf bereit waren, mussten sie ein verdecktes Gebot für die verkostete Probe abgeben. Sofern die Probe sie nicht zum Kauf animierte, konnten sie ein Nullgebot abgeben. Die Steakpackungen wurden an die beiden Höchstbietenden zum Preis des 3.höchsten Gebotes verkauft.

Unter diesen Bedingungen einer sog. Vickrey-Auktion macht „strategisches“ Bieten für den Bieter keinen Sinn, sondern es ist für ihn am günstigsten, wenn er genau in der Höhe seiner Zahlungsbereitschaft bietet. Neben der sensorischen Bewertung durch das Panel wurden die Scherkraftwerte nach Warner-Bratzler und der Marmorierungsgrad der Proben bestimmt und die Steaks in die USDA Qualitätsklassen (Einstufung nach Marmorierung und physiologischem Reifegrad) eingestuft.

In der statistischen Auswertung wurden zunächst auf der Basis des Marmorierungsgrads bzw. der Scherkraftwerte die Wahrscheinlichkeiten eines Kaufes berechnet. Demnach liegt die Wahrscheinlichkeit, dass der Teilnehmer ein Kaufangebot abgibt, bei > 50 %, wenn das Fleisch einen Marmorierungsgrad der amerikanischen Fettklasse „Modest50“ (entspricht der 3. Stufe innerhalb einer 6-stufigen Skala) oder darüber aufweist. Die Wahrscheinlichkeit eines Kaufes wird ebenso durch die Zartheit des Fleisches beeinflusst. Um eine 50%ige Kaufwahrscheinlichkeit zu erzielen, sollten die Scherkraftwerte unter 3,9 kg liegen.

Auf die Höhe der Gebote hatte der Marmorierungsgrad allein nur wenig Einfluss. Wurden die Proben dagegen nach ihren Qualitätsklassen sortiert ausgewertet, ergab sich eine klare Preisabstufung zwischen den Klassen. Die mittleren Gebotspreise lagen für die Qualitätsklassen „Select“, „Low choice“, „Premium choice“ und „Prime“ bei 5,37, 5,88, 6,26 bzw. 7,84 $/kg.

Erwartungsgemäß hatte auch die Zartheit einen deutlichen Einfluss auf die Zahlungsbereitschaft der Probanden. Hier betrug die Preissteigerung jeweils 1,02 $/kg für eine Abnahme der Scherkraftwerte um 1 kg. Die Preisspanne lag zwischen 7,20 $/kg für sehr zarte Proben (Scherkraft < 3,4 kg) und 4,65 $/kg für sehr zähe Proben (> 5,40 kg).

Die Ergebnisse der Studie belegen, dass Verbraucher durchaus zwischen verschiedenen Fleischqualitäten unterscheiden können und dass sie bereit sind, hierfür einen höheren Preis zu zahlen. Eine Markenbildung mit der Ausrichtung auf eine verbesserte Genussqualität würde sich also auch aus ökonomischer Sicht rentieren. Voraussetzung wäre, dass die gesetzten Qualitätsstandards in der Produktion auch durchgängig eingehalten bzw. geeignete Schlachtkörper mittels automatischer Schätzmethoden zur Voraussage der Fleischqualität aus dem Gesamtangebot heraus selektiert würden.

Quelle: Kulmbach [ Sönnichsen ]

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