Sporeninaktivierung in Brühwurst durch kombinierte Hochdruck- und Wärmebehandlung
42. Kulmbacher Woche - Kurzfassung Vortrag
Ein Haupthindernis für die Anwendung von hohem hydrostatischem Druck als alleinige Technologie für die Konservierung von Lebensmitteln stellt die ineffiziente Inaktivierung von Bakteriensporen dar. Ungekeimte Bakteriensporen sind extrem druckresistent. Neuere Literaturhinweise deuten jedoch darauf hin, dass bei entsprechenden Druck- und Temperaturkombinationen auch eine vollständige Inaktivierung der Sporen möglich ist. Aus diesem Grund wurden zwei prinzipiell mögliche Behandlungsmethoden geprüft: eine gleichzeitige und eine zeitversetzte Anwendung der Wärme- und Hochdruckbehandlung. Bei der direkten Anwendung der Wärme- und Hochdruckbehandlung erfolgte die Druckbehandlung direkt im Anschluss an die Pasteurisation in dem auf Kerntemperatur des zu behandelten Produktes vortemperierten Hochdruckbehälter. Bei der zeitversetzten Anwendung der Wärme- und Hochdruckbehandlung wird die Tatsache benutzt, dass die Sporen sowohl nach einer Pasteurisation – hitzeinduziert – als auch nach einer Hochdruckbehandlung – druckinduziert – auskeimen.
Für die Inaktivierungsexperimente wurde Brühwurstbrät aus 64 % Rindfleisch, 18 % Sonnenblumenöl und 18 % Eis hergestellt. Als Zutaten wurden 16 g/kg Nitritpökelsalz, 3,0 g/kg Phosphat, 7 g/kg Gewürzmischung und 0,3 g/kg Ascorbat verarbeitet. Um eine ausreichende Sicherheit zu gewährleisten, erfolgte die Beimpfung des Brühwurstbrätes mit einem Pool aus aeroben und anaeroben, mesophilen und thermophilen Sporen (Bacillus subtilis ATCC 6633, Clostridium sporogenes PA 3679, Bacillus stearothermophilus DSM B171 und Clostridium thermosaccharolyticum DSM) mit jeweils 105 Sporen/g. Das beimpfte Brät wurde in 50 g Alu-Leichtbehält¬nisse abgefüllt, verschlossen und anschließend erhitzt oder hochdruckbehandelt. Als Hochdruckbehandlungsmethode wurde eine Intervall-Hochdruckbehandlung, Druck-Haltezeit-Druck, mit einer Druckphase von 4 Minuten und einer drucklosen Pause von 2 Minuten, eingesetzt. Die zu untersuchenden Variablen waren Kerntemperatur, Temperatur im Hochdruckbehälter, Druckhöhe und Druckhaltezeit sowie Zeit zwischen Druck- und Wärmebehandlung und Erhitzungsdauer. Bei den Untersuchungen der gleichzeitigen Anwendung der Wärme- und Hochdruckbehandlung wurde festgestellt, dass die Sporen von Clostridium thermosaccharolyticum DSM und Bacillus stearothermophilus DSM B171 nach der Pasteurisation und anschließender Hochdruckbehandlung mit 500 MPa und Bacillus subtilis-Sporen ab 600 MPa bei der Temperatur von 75 °C nicht mehr nachweisbar waren. Clostridium sporogenes erwies sich in den bisherigen Untersuchungen als der mit Abstand druckresistenteste Sporenbildner. Für die vollständige Inaktivierung der Clostridien-Sproren in untersuchtem Brühwurstbrät waren ein hoher Druck von 900 MPa bei einer niedrigeren Temperatur von 65 °C oder eine höhere Temperatur von 80 °C bei einem niedrigeren Druck von 600 MPa notwendig.
Da eine hochtemperierbare Hochdruckanlage zurzeit für die industrielle Anwendung nicht zur Verfügung steht und die gleichzeitige Wärme- und Hochdruckbehandlung zu unerwünschten Produktveränderungen führt, wurde nach einer anderen Möglichkeit zur Sporeninaktivierung gesucht. Dazu wurde eine zeitversetzte hitzeinduzierte und druckinduzierte Sporenauskeimung mit anschließender Bebrütung und Hochdruckbehandlung oder Pasteurisation untersucht. Für die Inaktivierungsexperimente wurde das Brühwurstbrät mit Sporen von Clostridium sporogenes PA 3679 beimpft, da sich dieser mesophile anaerobe Sporenbildner in bisherigen Versuchen als druckresistentestes Bakterium erwiesen hatte.
Bei der Untersuchung der hitzeinduzierten Inaktivierung wurde festgestellt, dass diese unwirksam war, weil die frisch ausgekeimten Sporen eine sehr starke Resistenz gegenüber den nachfolgend angewandten hohen Drücken aufwiesen.
Durch eine zweistufige zeitversetzte druckinduzierte Hochdruckbehandlung gelang es mit einem moderaten Druck von 300 MPa die Sporen von Clostridium sporogenes zum Auskeimen anzuregen. Bei geeigneter Bebrütungszeit ab 30 min bei 37°C verlieren die Sporen so viel von ihrer Hitzeresistenz, dass sie bei einer Kerntemperatur von 95°C nach 20 min vollständig inaktiviert werden konnten. Die thermophilen Sporenbildner konnten durch eine Veränderung des Bebrütungsverfahrens (zusätzlich 40 min bei 60°C) zuverlässig und reproduzierbar (n=6) inaktiviert werden. Die so hergestellten Brühwurstkonserven hatten Frischwareneigenschaften.
Hohe hydrostatische Drücke können in Abhängigkeit von den gewählten Temperatur/Zeit-Bedingungen zur teilweisen oder vollständigen Inaktivierung von Mikroorganismen und Sporen eingesetzt werden.
Quelle: Kulmbach [ MÜLLER, W.-D. und Irina DEDERER ]