Klimawandel, Rohstoffpreise und bessere Wertschöpfung

Angela Schilling Schmitz berichtet vom Jahresmeeting 2008 des IVBFF: Michael Dostthaler [1. Vorsitzender] sprach zur Begrüßung an, was er vom Markt erwartet.

„Der Klimawandel“, so die einleitenden Worte des IVBFF Vorsitzenden, Michael Dostthaler, „war in der Politik, bei den Konsumenten und auch in der Wirtschaft das eindeutig beherrschende Thema im vergangenen Jahr. Nach seiner Einschätzung stand die Entwicklung der Rohstoffpreise im Jahr 2007 klar im Blickpunkt und er ist sich sicher, dass die Tierproduktion auch in den nächsten Jahren mit Biospritanbietern um die agrarwirtschaftlichen Rohstoffe konkurrieren wird.

Noch vor wenigen Jahren hätte kaum jemand damit gerechnet, dass die Auswirkungen der über Jahren gepuschten Klimahysterie unsere Rohstoffpreise so nachhaltig beeinflussen würden. Wer hätte damals gedacht, dass die Energiegewinnung durch nachwachsende Rohstoffe für unsere Branche zu einer ernsthaften Konkurrenz werden würde? Erst als sichtbar wurde, welche Unterstützung die Biospritproduzenten vom Staat erhalten - wodurch das Marktgleichgewicht von Angebot und Nachfrage vollständig ausgeschalten wurde - ist klar geworden, dass die Fleischbranche äußerst schwierigen Zeiten entgegen gehen würde.

Marktpartner orientieren sich heute nicht mehr an Angebot und Nachfrage, sondern an den von der EU oder dem Bund ausgeschütteten Geldern.

Dostthaler glaubt jedoch fest daran, dass viele Unternehmen nach dem gleichen Prinzip genau so schnell wie sie gekommen sind, auch wieder vom Markt verschwinden werden, sobald diese Subventionen gekürzt werden. Subventionen als kurzfristige Marktstützung und zur Einführung neuer Technologien, ja. Aber nur kurzfristig!

Das größte Versäumnis liegt nach Einschätzung des IVBFF-Vorsitzenden in der Namens- und Gesichtslosigkeit der Verantwortlichen in den Verbände in der Öffentlichkeit. Und die großen Unternehmen der Fleischwirtschaft waren zu beschäftigt mit sich selbst und den Übernahmen. Sie haben die Gefahr der Verknappung, nicht im Auge behalten.

„Womit kann man einen Landwirt, der zum Energiewirt umgepolt wurde“, fragt der Fleischexperte in die Zuhörer, „davon überzeugt werden, sich wieder der Milchoder Fleischproduktion zuzuwenden?“ Als Energiewirt könne er fast wie ein normaler Arbeitnehmer mit einer 40 Stundenwoche arbeiten. Er sei nicht auf Futterzeiten angewiesen, von Wetterverhältnissen unabhängig und mögliche Qualitätsschwankungen für Rohstoffe zur Energiegewinnung haben weitaus weniger Bedeutung, als in der Futter- oder Nahrungsmittelgewinnung. Bei diesem Teufelskreis handelt es sich aber nicht um ein alleine auf Deutschland begrenztes Problem. Nein, es erstreckt sich sogar über die EU hinaus weltweit auf den Agrarsektor. Gleichzeitig wächst aber auch der weltweite Fleischkonsum stetig!

Anstieg des Fleischkonsums weltweit von 1992 bis 2007 um + 52% von rd. 80 Mio. t auf 233 Mio. t. Rindfleischimporte 2006: 500 TD t (65 % Brasilien).

Seine Vorwürfe richten sich aber auch an die EU: „warum lässt diese gerade jetzt ihre Muskeln spielen, wo in Brüssel doch bereits seit Jahren bekannt ist, dass die Rückverfolgbarkeit in Brasilien - dem weltweit größten Fleischproduzenten - im Argen liegt? Warum verschärft die EU gerade in einer solch angespannten Marktsituation die Kriterien und lässt Importe nur noch aus. Jetzt da die Marktsituation derart angespannt ist verschärft die EU die Kriterien und lässt Fleisch nur noch aus zugelassenen Betrieben zu?“.

Nur die Steigerung der Wertschöpfung des Rohstoffes Fleisch kann dem Dilemma überhöhter Einstandspreise entgegen steuern. Für einen Schweinepreis von über 2 € sind nach Einschätzung des Fleischfachmanns aber entsprechende Qualitäten (Rassen) erforderlich. Unser Schweinefleisch ist jederzeit verfügbar und mager, mehr aber auch nicht!“ Dabei bleibt der Genusswert nach Ansicht von Michael Dostthaler gegenüber anderen Fleischsorten weit zurück. Der Verbraucher halt Schwein haben, um in Zeiten der Massentierhaltung ein hochwertiges Stück Schweinefleisch auf den Teller zu bekommen.

Rationalisiert von der Befruchtung bis zur Bratpfanne: nur Zeit bringt Qualität und somit eine höhere Wertschöpfung!

Das Schwäbisch Hällische und das Bunte Bentheimer in Deutschland, das schwedische Pig-Hamm Schwein oder auch das spanische Iberico-Schwein liefern positive Beispiele, wie der Genusswert durch den Einsatz spezieller Rassen wieder gesteigert werden kann. Die Verbraucher werden sich nach Einschätzung des ersten Vorsitzenden auch an die höheren Preis gewöhnen, aber er will einen messbaren Gegenwert dafür!

Woran liegt es, dass das MHD bei Rindfleisch in Deutschland nur bei 4-6 Wochen, in den USA und Südamerika aber bei 4-5 Monaten liegt? Der Grund hierfür ist weder die Viehrasse oder der Transportweg der Tiere, welcher in Übersee häufig sogar weit über 1000 km beträgt. Da Fleischproduktion und Absatzmarkt. nicht wie bei uns gerade mal um die Ecke liegen, mussten sich die Unternehmen bereits vor der ersten Exportschlachtung bereits Gedanken darum machen, wie genusstaugliches Fleisch mit einer ordentlichen Restlaufzeit zum Kunden kommt und dem Endverbraucher höchste Qualität geboten werden kann.

Es liegt an der Hygiene, und hier vor allem an dem Personal das besser geschult und viel mehr Verständnis für Produkt und Hygiene zeigt als Arbeitskräfte aus Niedriglohnländern hier in Mitteleuropa. Dabei wird mit weitaus weniger technischen Aufwand, aber mehr Sorgfalt und Hygiene - sie gleicht nahezu der eines Operationssaales - signifikante bessere Ergebnisse erzielt. Der erste Schritt zu Erhöhung der Wertschöpfung ist also die Schlacht- und Zerlegehygiene, dem Weltniveau anzupassen! Darüber hinaus sieht er aber auch in den veränderten Verbrauchergewohnheiten eine Herausforderung für die Branche.

Der Trend zum Singlehaushalt und vom Braten hin zu Kurzbratartikel!

Als Kurzbratartikel eignen sich aber nicht nur Filet, Rostbeef und die Hüfte! Hier bieten sich viele Fleischstücke an. Im Rindfleischbereich ließe sich eine deutliche Erhöhung der Wertschöpfung durch eine Umstellung der Feinzerlegung und Zuschnitte erreichen. Aber auch hier erfordert höchster Genuss und Zartheit eine ausreichende Reifezeit; annähernd der in den USA und Südamerika. Reifung heißt, sich für das Produkt Zeit zu nehmen. Was Gut sein soll benötigt Zeit. Mit dem Faktor Zeit bekommen Lebensmittel einen Wert.

Und zu guter Letzt erfordert Qualität geschultes Personal für den professionellen Zuschnitt und beratenden Verkauf, lautet die abschließende Forderung des IVBFF-Vorsitzenden an die Teilnehmer und die gesamte Branche.

Quelle: Heidelberg [ IVBFF ]

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