Aktuelle Untersuchungen zur mikrobiologischen Qualität von vorverpacktem Brühwurst- und Kochschinkenaufschnitt
Kurzfassung eines Vortrages der 43. Kulmbacher Woche 2008
Erhitzte, aufgeschnittene und vorverpackte Fleischerzeugnisse aus Kochschinken, Brühwurst, Braten u. a. sind beliebte convenience foods, die gekühlt über längere Zeit haltbar sind. Bestimmte psychrotrophe Mikroorganismen können sich auf diesen Produkten während der Lagerung vermehren und zu unerwünschten sensorischen Veränderungen führen (Milchsäurebakterien (MSB), Enterobacteriaceae, Brocho-thrix) oder die Sicherheit des Verbrauchers gefährden (Listeria monocytogenes). Der gesetzlich tolerierte Grenzwert für den Infektionserreger Listeria monocytogenes liegt bei 100 Kolonie bildenden Einheiten (KBE) pro Gramm. Produkteigenschaften, Ver-arbeitungshygiene, Verpackung sowie Lagerdauer und -temperatur sind wesentliche Einflussgrößen für die mikrobiologische Sicherheit und Qualität der Erzeugnisse. Wie in keinem anderen Bereich wird gerade bei convenience foods mit neuartigen und innovativen Rezepturen, Verpackungstechniken und längeren Haltbarkeitsfristen experimentiert, so dass ein regelmäßiges Monitoring dieser Produkte sinnvoll erscheint.
Von August 2006 bis März 2008 wurden 200 Proben aus dem Handel ohne vorherige Anreicherung auf das Vorkommen von Listeria Spezies. untersucht. Ein Teil der Proben (n = 50) wurde bis 1 Woche nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) bei 7 °C gelagert und einer detaillierten Analyse der Mikroflora unterzogen.
Listeria monocytogenes wurde bei 0,5 % der Proben (1/200) nachgewiesen. Bei der Probe handelte es sich um eine „Geflügel-Mortadella“ 1 Woche vor Ablauf des MHD. Die Keimzahl lag mit 40 KBE/g noch unterhalb des gesetzlich tolerierten Grenzwerts. Die nicht pathogene Listeria innocua wurde mit 10 KBE/g ebenfalls nur bei einer Probe, einem „Bauernbraten“, angetroffen.
Bei den 50 näher untersuchten Proben wiesen 82 % eine Woche nach Ablauf des MHD MSB-Keimzahlen > 106 KBE/g auf, 70 % >107 KBE/g und 48 % >108 KBE/g. Die MSB-Flora der Produkte mit MSB-Keimzahlen >106 KBE/g auf MRS(pH6,5)-Agar bei 25 °C wurde dominiert von Lactobacillus sakei (23/41, 56 %), Leuconostoc carnosum (8/41, 20 %), Weissella viridescens (4/41, 10 %), Leuconostoc mesenteroides subspecies mesenteroides (2/41, 5 %), Carnobacterium maltaromaticum (2/41, 5 %) und Lactobacillus curvatus (2/41, 5 %). Unabhängig von der Dominanz konnten acht MSB-Arten identifiziert werden. In einigen Fällen steht die genaue Identifizierung noch aus. Die Anzahl (n) der Proben, in der diese Arten vorkamen, war Lactobacillus sakei (40), Leuconostoc carnosum (22), Lactobacillus curvatus (18), Weissella viri descens (11), Leuconostoc mesenteroides ssp. mesenteroides (8), Carnobacterium maltaromaticum (4), Lactobacillus sp. (4), Lactococcus sp. (4), Carnobacterium di-vergens (2), Leuconostoc gelidum (1), Leuconostoc sp. (1). Leuconostoc carnosum wird häufig als spezifischer Verderbskeim bei Kochschinken genannt. In der vorlie-genden Untersuchung wurde diese Art bei 5 von 8 Kochschinken-Proben als domi-nanter Florenbestandteil identifiziert. Auf Brühwurst dominierten meist Stämme des Lactobacillus sakei/curvatus Clusters.
Größere Bedeutung neben den Milchsäurebakterien kam in einigen Fällen den Ente-robacteriaceae und der Art Brochothrix thermosphacta zu. Die Enterobacteriaceae lagen für 86 % der (43/50) Proben bei <100 KBE/g, 3 Proben lagen bei 103–104, 2 bei 105 und 2 bei 107 KBE/g. Bei den Enterobacteriaceae handelte es sich fast ausnahmslos um Serratia liquefaciens. Sie wurden mit einer Ausnahme, einer „Feinen Gelbwurst“, stets von MSB dominiert. Brochothrix thermosphacta wurde bei 24 % (12/50) der Proben gefunden, davon in 10 Fällen in Keimzahlen >106 KBE/g, in 2 Fällen mit <103 KBE/g. Mit einer Ausnahme, einer Gelbwurst, dominierten auch hier die MSB die Keimflora deutlich.
Sensorisch waren 34 % der 50 Proben unauffällig. Die pH-Werte dieser Proben reichten von pH 5,04 bis pH 6,31. Die MSB-Keimzahlen lagen fast immer über 107 KBE/g (15/17) und überwiegend über 108 KBE/g (10/17). Bei einem Fünftel der Proben lagen deutlich verderbsbedingte Geruchsabweichungen vor.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die untersuchten Fleischerzeugnisse den gesetzlich tolerierten Grenzwert für Listeria monocytogenes in jedem Fall eingehalten haben. Nicht alle Produkte waren jedoch 1 Woche nach Ablauf des MHD frei von Verderbserscheinungen. Die Richtwerte der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) für Milchsäurebakterien und aerobe, mesophile Keime in verzehrsfertigen Aufschnitten erhitzter Fleischerzeugnisse (5 x 106 KBE/g) wurden zu diesem Zeitpunkt nur noch von 14 % der Proben eingehalten.
Die Vorträge der Kulmbacher Woche werden im Mitteilungsblatt der Förderergesellschaft für Fleischforschung in Kulmbach vollständig dokumentiert.
Das Mitteilungsblatt wird von der Förderergesellschaft für Fleischforschung in Kulmbach herausgegeben und kostenlos an die 740 Mitglieder versandt. Die Fördergesellschaft setzt ansehnliche Mittel ein, die für die Forschungsarbeit des MRI, Standort Kulmbach genutzt werden.
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Quelle: Kulmbach [ KRÖCKEL, L. ]