Persönlichkeit, Lebensstil und das Risiko für kardiovaskuläre und Krebs-Erkrankungen

Manfred Amelang und Til Stürmer legen Ergebnisse einer populationsgestützten Untersuchung an der Universität Heidelberg vor

Krebs- und Herzkreislauferkrankungen stellen in allen Regionen der Erde ein erhebliches Problem dar. Zumindest in den westlichen Ländern handelt es sich dabei um die mit Abstand häufigsten Todesursachen. Aus diesem Grunde richten sich intensive Forschungsbemühungen sehr vieler Disziplinen auf die Ursachen, die Vermeidung und die Behandlung dieser Krankheiten. Auch von Seiten der Psychologie liegen inzwischen zahlreiche Beobachtungen aus epidemiologischen Untersuchungen sowie Fall-, Verlaufs- und Interventionsstudien vor, die eine Beteiligung psychischer Merkmale bei der Entstehung und dem Verlauf der beiden Erkrankungen wahrscheinlich machen. Allerdings sind die Befunde nicht sehr einheitlich.

Um zur weiteren Klärung einen Beitrag zu liefern, wurde am Psychologischen Institut und der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg unter der Leitung von Professor Dr. Manfred Amelang und Privatdozent Dr. med. Til Stürmer unter dem Titel "HeiDE" eine interdisziplinäre Längsschnitt-Untersuchung an mehr als 5.000 Personen beiderlei Geschlechts (Alter zwischen 40 und 65 Jahren) durchgeführt.

Vor knapp neun Jahren hatten die Studien-Teilnehmer einen umfangreichen Katalog von Persönlichkeitstests bearbeitet und Fragen zum Gesundheitsstatus, den Lebensumständen sowie Ernährungs- und Verhaltensgewohnheiten beantwortet. Beginnend mit dem Jahr 2002 erfolgte eine intensive Nacherhebung. Zwischenzeitlich waren 257 Teilnehmer verstorben. 72 Personen hatten gemäß ärztlicher Diagnosen einen Herzinfarkt und 62 einen Schlaganfall erlitten; 240 Befragungspersonen waren an Krebs erkrankt.

Den Ergebnissen zufolge, von denen unlängst ein Teil in der renommierten Zeitschrift British Medical Journal (10 May 2006) unter dem Titel "Personality, lifestyle, and risk of cardiovascular disease and cancer: follow-up of population based cohort" publiziert wurde, waren die Persönlichkeitsmerkmale Internale Krankheits-Kontroll-Überzeugungen (also der Glaube, durch das eigene Verhalten die Ausbildung und Entwicklung von Krankheiten beeinflussen zu können) mit einem verminderten Risiko für die Entstehung von kardiovaskulären Erkrankungen und Chronische Zeitnot mit einem verminderten Krebsrisiko assoziiert.

Hier wie dort waren die Effekte unabhängig von Alter, Geschlecht, Rauchen, Alkoholgenuss und einer Reihe weiterer bekannter Krankheitsursachen, im weiteren zwar statistisch signifikant, aber numerisch relativ gering, darin andere Beobachtungen aus der jüngeren Vergangenheit bestätigend. Die darüber hinaus erfassten Persönlichkeitsmerkmale Depressivität, Ärger-Kontrolle und Psychotizismus waren nicht systematisch verantwortlich für das Entstehen von Herzinfarkt, Schlaganfall oder Krebs.

Offen bleiben musste auch in dieser Studie die Frage, welche Prozesse im Einzelnen für die beobachtete Verbindung zwischen Persönlichkeitsmerkmalen auf der einen Seite und den Krankheiten auf der anderen verantwortlich sind. Besonders naheliegend ist die Annahme von persönlichkeits-korrelierten und für Gesundheit bzw. Krankheit maßgeblichen Verhaltensweisen, die als Bindeglieder in Betracht kommen, doch konnte dieses in Gestalt der traditionellen Faktoren Ernährung, Bewegung, und Bildung vorerst nicht bestätigt werden.

Diese sowie darüber hinaus gehende Fragestellungen zu Entstehung und Verlauf chronischer Herzkreislauf- und Krebserkrankungen wird das interdisziplinäre Forscherteam durch die weitere Beobachtung von Gesundheit und Krankheit bei den HeiDE-Studienteilnehmern während der nächsten Jahrzehnte untersuchen.

Den Originaltext finden Sie [hier]

Quelle: Heidelberg [ Uni Heidelberg ]

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