Ernährungshysterie bestimmt die Medien mehr als Ernährungsaufklärung

Ernährung in den Medien: „Bad News are good News“

Die Angst vor Gammelfleisch und Pestiziden in spanischen Paprika ist größer, als die Sorge vor Fehl- und Überernährung, kommentierte Medizinjournalist Sven-David Müller-Nothmann beim dritten Internationalen Diätetik Kongress in Aachen.

Ernährung spielt in den Medien sowohl in der Werbung als auch in der Berichterstattung im Fernsehen, Radio, Zeitungen und Zeitschriften sowie den neuen Medien eine bedeutende Rolle. Das ist einerseits auf die riesigen Umsätze der Ernährungsindustrie – im Jahr 2005 erwirtschaftete die Branche einen Umsatz von 133,6 Milliarden Euro - und andererseits auf das Interesse der Bevölkerung an Ernährungsinformationen zurückzuführen.

Bedauerlicherweise gilt besonders im Gesundheits- und Ernährungsbereich der Satz „Bad News are good News“. Daher hat die Bevölkerung heute auch mehr Angst vor verunreinigten Lebensmitteln als vor den Gefahren der Über- oder Fehlernährung.

Aber auch die Medien selbst verstärken die Problematik noch, denn in vielen Fällen ist die Berichterstattung tendenziös und wenig faktenbezogen. Berichterstattung über die Vorteile einer gesundheitsbewußten Lebens- und Ernährungsweise bleibt praktisch aus.

Leider dienen den Medien insbesondere ausgewiesene Nichtexperten als Interviewpartner in Ernährungsfragen. Daher sind auch (Star)Köche, Fitness-Trainer, Psychologen, Lebensmittelchemiker oder Prominente häufiger in den Medien als kompetente Ernährungsfachkräfte wie Diätassistenten, Ernährungswissenschaftler oder im Bereich Ernährungstherapie Ernährungsmediziner. Hier ist von den Medien eine bessere Recherche einzufordern.

Wenn heute Lebensmittelchemiker und Köche über Ernährungsphysiologie sprechen dürfen, dann müssten auch Diätassistenten die Einkommenssteuergesetzgebung kommentieren, kritisierte Müller-Nothmann ironisch.

Die Werbung und die absatzorientierte Presse- und Öffentlichkeitsarbeit vieler Unternehmen nimmt massiv Einfluss auf das Ernährungsverhalten der Bevölkerung. So ist beispielsweise das positive Image des Olivenöls insbesondere auf Absatzfonds und nicht etwa auf die ernährungsphysiologischen Eigenschaften des Speisefettes zurückzuführen, bemängelte Sven-David Müller-Nothmann.

In vielen Fällen führt der Lobbyismus der Wirtschaft zu einer Fehlinformation der Verbraucher. Um dem entgegenzusteuern, sollten sich qualifizierte Ernährungsfachkräfte verstärkt den Medien anbieten, um die Berichterstattung wahrhaftiger zu gestalten, empfahl Müller-Nothmann den Teilnehmern des 3. Internationalen Diätetik Kongresses im Kármán-Auditorium der RWTH Aachen. Dabei bleibt kritisch anzumerken, dass es leider wenige Ernährungsfachkräfte mit Charisma gibt, betonte Müller-Nothmann.

Oftmals sind in den Medien Werbung (Anzeigen, Spots) direkt an redaktionelle Beiträge, die dann kaum die notwendige Neutralität zeigen, gekoppelt. Sven-David Müller-Nothmann forderte die Kongress-Teilnehmer auf, diese missliche Situation, die es auch in Fachzeitschriften gäbe, zu beachten und richtig zu handeln.

Quelle: Aachen [ ernaehrungsmed.de ]

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