Wie wird die Wurst gesünder?

Viele Verbraucher schwören auf Probiotika (griechisch: für das Leben) und ihre angeblich gesundheitsfördernde und –erhaltende Wirkung. Als Probiotika werden bestimmte lebende Mikroorganismen bezeichnet, die heute vielen Lebensmitteln zugesetzt werden - vor allem Milchprodukten, wie Joghurts, aber zunehmend auch Rohwürsten, wie Salamis. Für den vielfach propagierten gesundheitlichen Zusatznutzen sind Konsumenten bereit, einen Mehrpreis zu zahlen. Ist dieser gerechtfertigt, ist der gesundheitliche Zusatznutzen wissenschaftlich erwiesen? Im Rahmen des Qualitätswettbewerbs für "Schinken und Wurst" der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) in Kassel äußerte sich hierzu der wissenschaftliche Leiter Prof. Dr. Achim Stiebing (Fachhochschule Lippe und Höxter).

Milchsäurebakterien zählen zu den gesundheitsfördernden Keimen. Sie sind auch natürlicherweise in milchsauer vergorenen Lebensmitteln, wie Joghurts oder Dickmilch, enthalten. So wurde z. B. die Lang-lebigkeit der südosteuropäischen Bevölkerung schon Anfang dieses Jahrhunderts mit ihrem hohen Konsum an Sauermilchprodukten in Verbindung gebracht.

Im menschlichen Magen-Darm-Trakt sorgen zunächst die Magensäure und später die Gallensalze dafür, Mikroorganismen normalerweise den Garaus zu machen. Denn viele Bakterien sind für die Gesundheit des Menschen schädlich. Probiotische Bakterienstämme (Milchsäurebakterien), die vornehmlich aus der menschlichen Darmflora stammen, können den Angriff der Verdauungssäfte weitestgehend unbeschadet überstehen. Durch die Stoffwechseltätigkeit der Milchsäurebakterien sollen erwünschte Mikroorganismen im Darmtrakt gefördert und unerwünschte gehemmt werden. Das ist dann als besonders wichtig anzusehen, wenn die Zusammensetzung der Darmflora gestört ist, wie zum Beispiel nach der Einnahme von Antibiotika. Außerdem soll durch Probiotika das körpereigene Abwehrsystem stimuliert werden.

Laut Prof. Stiebing können heute folgende Gesundheitseffekte bei Probiotika als gesichert angesehen werden.

    • Verringerung der Häufigkeit und Dauer verschiedener Durchfallerkrankungen
    • Senkung der Konzentration gesundheitsschädlicher und krebsfördernder Stoffe im Dickdarm
    • Positive Beeinflussung des Immunsystems
    • Förderung der Laktoseverdauung.

Für die Vermarktung von Lebensmitteln darf in Deutschland weder mit Krankheit noch mit Vorbeugung geworben werden. Lediglich allgemeine, unverfängliche Aussagen zu Befindlichkeitszuständen sind erlaubt. So zum Beispiel „stärkt die Abwehr...; ....für mehr Wohlbefinden...., ....ein Beitrag zur Gesundheit...“. Dagegen ist nach Ansicht von Prof. Stiebing weder etwas aus lebensmittelrechtlicher noch wettbewerbsrechtlicher Sicht zu sagen.

„Wenngleich der gesundheitliche Zusatznutzen von Probiotika auch als erwiesen gilt, so ist dieser dennoch kein Ersatz für eine ausgewogene Ernährung“, betont Prof. Stiebing. Hiervon entfernten sich Verbraucher heute leider zunehmend: Mahlzeiten kommen außer Mode, werden durch Snacks ersetzt. Nebenher Essen lautet die Devise. Parallel dazu steigt das Ernährungsbewusstsein. „Erzeugnisse mit gesundheitlichem Zusatznutzen kommen da natürlich wie gerufen“, so Prof. Stiebing.

Fettleibigkeit und andere Ernährungsprobleme seien aber in der Regel keine Folge schlechter Lebensmittel, sondern vielmehr eine der falschen Lebensmittelauswahl und - zubereitung. Deshalb ist seiner Meinung nach auch die Frage „wird die Wurst durch Probiotika gesünder“ die falsche. Fleisch und Wurst gehören nach seiner Aussage ebenso wie beispielsweise Milcherzeugnisse und Getreideprodukte in eine gesunde, ausgewogene Mischkost. „Ob die Lebensmittel, die wir zu uns nehmen, nun mit oder ohne Probiotika sind, muss jeder Verbraucher letztlich für sich selber entscheiden“, so Prof. Stiebing.

Begriffsdefinitonen:

Probiotisch. Dieser Begriff ist aus dem Griechischen abgeleitet und bedeutet „für Leben“. Der gegensätzliche Begriff ist „antibiotisch“. Viele probiotische Effekte beruhen auf antibiotischen Wirkungen, z. B. Förderung der Gesundheit durch Unter-drückung von pathogenen (d.h. Krankheit auslösenden) Mikroorganismen (eingesetzt beispielsweise bei Joghurt, Milchmischerzeugnissen, Drinks auf Milchbasis, Margarine und Rohwurst)
Probiotika: Präparate oder Zubereitungen mit lebenden, speziell ausgesuchten Mikroorga-nismen, die den menschlichen oder tierischen Organismus günstig beeinflus-sen.

Prebiotika: Unverdaubare Stoffe in Lebensmitteln bzw. Lebensmittelzutaten, die das Wachstum bzw. die Stoffwechseltätigkeit erwünschter Mikroorganismen im Darm-trakt fördern. Die Wirkung dieser Substanzen wird auch als „bifidogener Effekt“ bezeichnet. Beispiele hierfür sind kurzkettige Fructo-Oligosaccharide, Inulin, Lactulose.
(z. B. bei Joghurts, Milchmischerzeugnisse, Quark, Leberwurst, Rohwurst, Brühwurst)

Synbiotica: Mischungen aus Probiotika und Prebiotika

Quelle: Kassel [ dlg ]

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