Baden-Württemberg prüft Paprika auf Rückstände
Sonderprogramm der Überwachung zu Pflanzenschutzmitteln bei Paprika fortgesetzt
Aus dem aktuellen Sonderprogramm der baden-württembergischen Lebensmittelüberwachung zu Pflanzenschutzmitteln liegen weitere Ergebnisse vor, teilte das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum am Freitag (12. März) mit. Mit diesem dichten Kontrollprogramm werden fortgesetzt Saisonlebensmittel auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln überprüft. Regelmäßig berichtet das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum über die Ergebnisse aus diesem Programm. Zuletzt informierte das Ministerium mit der Pressemitteilung Nr. 10/2004 am 16. Januar 2004 über Ergebnisse aus diesem Sonderkontrollprogramm. Untersucht werde dabei, ob Verstöße gegen die deutsche Rückstandshöchstmengen-Verordnung vorlägen. Diese Vorschrift dient dem vorsorgenden Gesundheitsschutz. Eine Überschreitung der Höchstmengen war in den bisher vorliegenden Fällen mit keiner konkreten Gesundheitsgefährdung für die Verbraucher verbunden.Gemüsepaprika ist derzeit das Lebensmittel, bei dem die Lebensmittelüberwachung am häufigsten Rückstandsvorkommen feststellt. Insgesamt wurden im Winterhalbjahr 2003/04 von Gemüsepaprika aus konventionellem Anbau 58 Proben am Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart (CVUA) auf Pflanzenschutzmittelrückstände untersucht. 32 Proben (55,2 Prozent) wurden von der Lebensmittelüberwachung wegen Überschreitung der Rückstandshöchstmengen beanstandet. Überdurchschnittlich belastet waren Gemüsepaprika aus Spanien mit 62 Prozent, der Türkei mit 36 Prozent und Ware unbekannter Herkunft mit 86 Prozent Beanstandungen wegen Höchstmengenüberschreitungen. Bereits im Vorjahr fiel Paprika mit häufigen Überschreitungen der Rückstandsmengen von Pflanzenschutzmitteln auf. Aufgrund dieser bisherigen Ergebnisse wird das CVUA Paprika auch in Zukunft besonders überprüfen.
Als erfreulich bewertete das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum die Untersuchungsergebnisse von Gemüsepaprika aus ökologischem Anbau. Im Jahr 2003 wurden insgesamt 37 Proben auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln untersucht. Davon enthielten nur drei Proben (8,1 Prozent) Rückstände über 0,01 Milligramm pro Kilogramm (mg/kg). Bei diesen Proben handelt es sich wahrscheinlich um Verschnitt mit konventioneller Ware. Eine Probe wurde als konventionelle Ware identifiziert.
Die Problemstoffe der letzten Jahre Acephat, Methamidophos, Lufenuron, und Chlormequat treten als Rückstände kaum noch auf. Dagegen werden häufig neue Wirkstoffe aus der Gruppe der sogenannten Neonicotinoide nachgewiesen, die in Deutschland (noch) nicht zugelassen sind. Für diese Stoffe gilt als Höchstmenge der praktische Nullwert von 0,01 mg/kg. Das deute darauf hin, dass Erzeuger flexibel auf die strenge Lebensmittelüberwachung reagierten und neue Wirkstoffe rasch in der Produktion einsetzten. Der Nachweis gerade dieser neuen Wirkstoffe wurde erst durch Forschungsarbeiten des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts Stuttgart im Auftrag der Landesstiftung Baden-Württemberg im Rahmen ihres Forschungsprogramms Ernährung-/Nahrungsmittelsicherheit möglich. Nur durch solch intensive Forschung gelinge es, schnell diese neuen Wirkstoffe zu analysieren.
Die Mehrfachbelastung zahlreicher Proben zeige, dass bei manchen Erzeugern richtige "Pflanzenschutzcocktails" zum Einsatz kämen. So wurden beispielsweise in 58 Proben 62 verschiedene Pestizide nachgewiesen. Je Probe werden durchschnittlich etwa sechs verschiedene Mittel festgestellt. Bei den drei auffälligsten Proben mit bis zu 15 verschiedenen Rückständen wurde Spanien über die Europäische Kommission von diesem Verdacht informiert. Die Vielzahl der eingesetzten Substanzen und die teilweise immer noch unterschiedlichen Grenzwerte zeigten, dass eine Harmonisierung bei der Zulassung und bei den Höchstmengen innerhalb der Europäischen Union dringend notwendig sei. Ein EU-einheitliches Verfahren führe hier zu mehr Sicherheit auf Erzeuger- und Verbraucherseite.
Die betroffenen Verbände des Handels und der Importeure werden zu verstärkten Eigenkontrollen im Rahmen ihrer Sorgfaltspflichten aufgefordert. Die Lebensmittelwirtschaft müsse durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass die Vorschriften eingehalten werden.
Da es sich bei der beanstandeten Ware um ausländische Erzeugnisse handelt, die bundesweit vermarktet werden, wurden auch das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) und die anderen Bundesländer informiert. Das Bundesministerium solle im Kontakt mit den Erzeugerländern und der Europäischen Kommission sicherstellen, dass das importierte Paprikagemüse den deutschen Vorschriften entspreche.
Zusatzinformation
Bei den Beanstandungen handelt es sich um Verstöße gegen die deutsche Rückstandshöchstmengen-Verordnung. Diese Vorschrift dient dem vorsorgenden Gesundheitsschutz, eine Überschreitung der Höchstmengen war in den vorliegenden Fällen mit keiner konkreten Gesundheitsgefährdung verbunden. Trotzdem werden solche Beanstandungen von den Behörden ernst genommen und die Handelsketten und Importeure zu verstärkter Sorgfalt und zu Eigenkontrollen aufgefordert. Darüber hinaus werden die zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden des Landes, die Landratsämter und die Bürgermeisterämter der Stadtkreise, angewiesen, zukünftig die höher belasteten Erzeugnisse verstärkt zu kontrollieren. Bei Verstößen können die Landratsämter Bußgelder verhängen und Auflagen zu verstärkter Eigenkontrolle verfügen. In schweren Fällen erfolgen Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft.
Die Ursachen der Höchstmengenüberschreitungen sind vielfältig. Zum Teil wird von den Erzeugern gegen die gute fachliche Praxis verstoßen, indem beispielsweise das Mittel falsch dosiert wird oder die bei der Zulassung festgelegten Wartezeiten nicht eingehalten werden. Darüber hinaus ergeben sich Höchstmengenüberschreitungen, weil der Bereich der Pflanzenschutzmittel in der EU noch nicht vollständig harmonisiert ist. In Deutschland bestehen für Mittel, die hier nicht zugelassen sind, oft Nulltoleranzen, während in anderen Mitgliedstaaten höhere Grenzwerte gelten. Baden-Württemberg drängt deshalb schon seit langem darauf, dass eine europaweite Harmonisierung auf dem Pflanzenschutzmittelgebiet notwendig sei. Zur Zeit laufen die Beratungen über eine EU-Verordnung zur Harmonisierung dieses Rechtsbereichs im Europäische Parlament und im Europäische Rat.
Quelle: Stuttgart [ mlr ]