Sonnenblumenöl in der Wurst

Die fettarme Neuheit aus Markt Berolzheim verspricht "Genuss ohne Reue"

"Fett!" Kein Wort hat bei Ernährungswissenschaftlern einen verächtlicheren Unterton als diese Substanz, die in fast allen Grundnahrungsmitteln in der einen oder anderen Form vorkommt. Eine ganze Branche lebt mittlerweile davon, Produkte zu verkaufen, die fettarm oder fettfrei sind oder sich positiv auf den Cholesterinspiegel auswirken. Reihenweise flimmern allabendlich Fernsehspots über die Mattscheibe, bei denen "Lightprodukte" angepriesen werden.

Der Metzger um die Ecke tat sich bislang relativ schwer, das gewandelte Verbraucherverhalten in neue Produkte umzusetzen. Fett ist halt nun mal der Geschmacksträger Nummer eins und war bislang aus der Wurst kaum wegzudenken. Diätprodukte, die es immer schon gab, konnten oft geschmacklich nicht mithalten.

Doch das könnte sich jetzt ändern. Robert Prosiegel, bodenständiger Metzgermeister aus Markt Berolzheim, läutet derzeit womöglich eine Revolution in der Wurstproduktion ein. Anstelle von tierischem Fett kommen in seiner "Sonnenwurst" Sonnenblumenöl, Rapsöl und Walnussöl als Geschmacksträger zum Einsatz.

Für diese "Erfindung" wurde der Unternehmer von der Handwerkskammer zum Bayerischen Innovationspreis nominiert. Prosiegel steht dabei in Konkurrenz zu etwa 100 anderen Handwerkern aller Sparten - schon das ist eine besondere Auszeichnung. Nur zwei mittelfränkische Betriebe wurden nominiert. Am 19. Mai geht in der Staatskanzlei in München die Preisverleihung über die Bühne.

"Die Leute fragten nach magerer Wurst", so Prosiegel auf die Frage, warum er überhaupt fettarme Wurst produzieren wollte. Prosiegel wunderte sich anfangs, dass vor ihm noch niemand auf die Idee mit dem Pflanzenöl kam. Magere Putenwurst gibt es dagegen schon lange. Auch der 49-jährige Berolzheimer experimentierte damit, war allerdings von den Ergebnissen nicht überzeugt.

Als Geschmacksträger

Bei seinen Nachforschungen stieß er auf wissenschaftliche Untersuchungen zu Pflanzenöl in der Wurst. Also ersetzte er den Speck durch Sonnenblumenöl. Die Experimentierfreude hat sich gelohnt. Um Irrtümern vorzubeugen: Auch in der "Sonnenwurst" ist Fleisch enthalten, nämlich mageres Muskelfleisch von Schwein und Rind. Aber für das Brät wird eben kein zusätzliches tierisches Fett verwendet, das normalerweise als Geschmacksträger dient.

Die "Sonnenwurst", die es in vielen verschiedenen Sorten gibt, hat einen um rund 50 Prozent geringeren Fettanteil als vergleichbare Wurstsorten, die herkömmlich produziert werden. Das ist wissenschaftlich belegt. Es soll helfen, die Cholesterinwerte zu senken. Weiterer angenehmer Nebeneffekt: Erstmals enthält Wurst auch größere Mengen mehrfach ungesättigter Fettsäuren. Von einem "Genuss ohne Reue" spricht denn auch Prosiegel.

Die "Sonnenwurst" schlägt sowohl beim Kunden als auch bei Großabnehmern voll ein. Prosiegel beliefert mittlerweile in Nürnberg mehrere Kantinen und auch ein Tagungshotel. Als nächstes will er auch Krankenhäuser beliefern.

Robert Prosiegel überlässt bei der Vermarktung seiner Erfindung nichts dem Zufall. "Sonnenwurst" ist ein eingetragenes Markenzeichen und die Produktion der Wurst mit Pflanzenöl hat er sich als Gebrauchsmuster schützen lassen. Dadurch hat er sich den Markt mit der Pflanzenölwurst erst einmal gesichert. Und es gibt auch bereits Anfragen größerer Lebensmittelproduzenten nach Lizenzen.

Prosiegel bleibt trotz des sich abzeichnenden Erfolgs auf dem Boden. Am Nachmittag steht der Chef in seiner blitzblanken Berolzheimer Metzgerei selbst hinter der Theke, obwohl er insgesamt 18 Mitarbeiter hat. Und Kinder erhalten nach einem kleinen Schwätzchen ganz selbstverständlich ihre Scheibe Wurst extra.


Quelle: Bad Berolzheim [ Hubert Stanka - Nürnberger Nachrichten ]

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