Werden Schweine knapp?
Angebot am deutschen Markt bislang größer als 2003
Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Diese vermeintliche Binsenweisheit gilt sicherlich auch für den Schweinemarkt. Der jüngste kräftige Anstieg der Schweinepreise wäre demnach das Ergebnis eines im Vergleich zur Nachfrage kleinen Angebotes am deutschen Markt. Ganz so einfach scheint die Sache jedoch nicht zu sein. Einige Marktdaten und Indikatoren deuten eher auf ein relativ gutes heimisches Angebot hin. Dagegen lassen die ersten Auswertungen der Viehzählung vom Mai 2004 mittelfristig einen spürbaren Rückgang des Schweineangebotes erwarten.Die Angebotssituation am Schweinemarkt spiegelt sich unter anderem in der Entwicklung der Schlachtzahlen wider. Für den deutschen Markt lassen sich auf Basis der Schlachtungen allerdings keine Gründe für den jüngsten Preisanstieg erkennen. Vielmehr kamen im Wochendurchschnitt dieses Jahres sogar knapp zwei Prozent mehr Schweine an den Haken als 2003. Dies entspricht durchaus auch den Angebotsschätzungen, die sich auf der Grundlage der Novemberviehzählung 2003 für Deutschland ergaben.
Unberücksichtigt blieben bei dieser Prognose allerdings die Lieferungen von lebenden Schweinen und Fleisch aus dem benachbarten Ausland. Der Umfang dieser Einfuhren hat jedoch auf den Lebendmarkt wie auch auf den Fleischmarkt entscheidenden Einfluss. In den Schlachtungen sind jedenfalls sowohl die in Deutschland erzeugten als auch die aus dem Ausland stammenden und hier geschlachteten Schweine enthalten.
Weniger Schweine aus Holland
Im vergangenen Jahr gelangten insgesamt rund 4,5 Millionen Schweine aus dem benachbarten Ausland auf den deutschen Markt. Diese Zahl entspricht immerhin rund zehn Prozent der hiesigen Jahresschlachtung. Dabei waren 40 Prozent der importierten Tiere Schlachtschweine, 60 Prozent überquerten als Ferkel die Grenze. Größter Lieferant von Schlachtschweinen ist traditionell die Niederlande. Dort kam es in den vergangenen Jahren allerdings zu einem massiven Bestandsabbau, der offenbar noch nicht beendet ist. Dies schlägt sich nicht nur in einer schrumpfenden niederländischen Produktion, sondern auch in geringeren Ausfuhrüberschüssen und somit rückläufigen Lebendausfuhren nieder. Einige deutsche Schlachtereien, die bislang in größerem Umfang niederländische Schweine bezogen, müssen sich deshalb zunehmend nach anderen Lieferanten umsehen.
Ein Resultat dieser Entwicklung dürfte ein verschärfter Wettbewerb deutscher Schlachtunternehmen um die hiesigen Schweine sein. Hierdurch ist es möglicherweise sogar zu dem zurückliegenden Anstieg der Preise gekommen, obgleich das Angebot an deutschen Schweinen gar nicht kleiner war als im Vorjahr.
Fleischimporte auf hohem Niveau
Ergänzt wird das Angebot an Schweinen und die daraus resultierende Produktion durch die Zufuhren von Schweinefleisch aus dem Ausland. Hauptwettbewerber am deutschen Markt sind traditionell Dänemark, Belgien und die Niederlande. Insgesamt gelangten im vergangenen Jahr rund 850.000 Tonnen Schweinefleisch aus dem Ausland auf den deutschen Markt. Diese Einfuhrmenge entspricht beinahe 20 Prozent des deutschen Verbrauchs. Insbesondere die Dänen konnten dabei ihre Marktanteile zu Lasten belgischer und niederländischer Lieferanten weiter ausbauen.
In diesem Jahr scheinen die bislang gelieferten Mengen nicht kleiner auszufallen als 2003. Im ersten Quartal übertrafen die ausländischen Lieferungen den Vorjahreswert sogar um mehr als sechs Prozent. Damit scheint es von dieser Seite keine Entlastung und auch keine zusätzlichen Impulse für die Nachfrage nach heimischen Fleischprodukten zu geben. Zudem lag der Verbrauch privater Haushalte nach den Erhebungen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in den ersten sechs Monaten dieses Jahres – trotz relativ stabiler Verbraucherpreise – recht deutlich unter den Vorjahreswerten. Hierbei dürfte unter anderem auch die witterungsbedingt sehr schwache Grillsaison negativ zu Buche schlagen.
Exporte zuletzt relativ stabil
Die deutschen Exporte haben sich in diesem Jahr anscheinend wenig verändert. Dabei ist die Bedeutung der Lebendausfuhr von Schweinen relativ gering. Schweinefleisch vermarkten deutsche Exporteure in der Hauptsache nach Italien und zu einem geringeren Teil in die Niederlande. Im ersten Quartal 2004 bewegten sich die deutschen Ausfuhren etwa auf dem Niveau des Vorjahres. 2003 exportierte man insgesamt etwa 620.000 Tonnen Schweinefleisch (Produktgewicht) in andere Staaten der EU und in Drittländer. Russland nahm knapp zehn Prozent der deutschen Ausfuhren auf.
Heimisches Angebot wird kleiner
Offenbar wird die aktuelle Angebotssituation am deutschen Markt vor allem durch die geringeren Lebendeinfuhren aus den Niederlanden beeinflusst. Aus den Daten für die heimische Produktion (Schlachtung) und für den Verbrauch lassen sich jedenfalls bisher keine Ursachen für den zurückliegenden Preisanstieg ableiten.
Mittelfristig könnte dies jedoch ganz anders aussehen. Die ersten Daten zur Viehzählung vom Mai 2004 deuten auf einen relativ deutlichen Angebotsrückgang hin. Vor allem der Abbau der Schweinebestände im Nordwesten dürfte die Entwicklung am deutschen Markt nachhaltig beeinflussen. Mehr als die Hälfte der in Deutschland gehaltenen Schweine steht in dieser Region. Aber auch in den meisten anderen Bundesländern nahm der Schweinebestand offenbar ab. Damit scheinen die Preisaussichten für die nächste Zeit gar nicht so schlecht zu sein.
Terminmarkt für den Herbst zu pessimistisch?
Für den August könnten die Nachfrage und damit auch der Preis durch die Ferien in West- und Süddeutschland allerdings einen Dämpfer erhalten. Landwirte sollten deshalb bei den derzeitigen Kursen für den Augusttermin über eine Absicherung an der Warenterminbörse in Hannover (WTB) nachdenken. Für das zweite Halbjahr 2004 gehen die Akteure an der WTB-Hannover jedoch von einem Rückgang der Preise aus. Ob diese rückläufige Preiserwartung angesichts der sich abzeichnenden Angebotsverknappung gerechtfertigt ist, muss sich noch zeigen. Denkbar scheint aus jetziger Sicht für den Herbst zumindest eine Stabilisierung der Notierungen auf vergleichsweise hohem Niveau.
Quelle: Bonn [ zmp ]