Verfassungsbeschwerde gegen prozentuale Kennzeichung von Mischfutter erfolgreich

Konfliktstoff: Bauernverband bedauert gerichtliche Auseinandersetzung

[dvt] - Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat der Verfassungsbeschwerde eines Mischfutterherstellers stattgegeben, der sich gegen eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes Münster (OVG) wehrte, die prozentuale Zusammensetzung seiner Futtermittel angeben zu müssen. Das OVG hat nun nach Maßgabe des Verfassungsgerichtes erneut zu entscheiden.

Nachdem das Unternehmen zunächst über das Verwaltungsgericht Düsseldorf eine Einstweilige Anordnung gegen die Verpflichtung zur prozentualen Deklaration erwirken konnte, hatte das OVG diese Entscheidung wieder aufgehoben. Das Bundesverfassungsgericht vertritt jetzt die Auffassung, dass die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht rechtmäßig war. Sie verletze das im Grundgesetz verankerte Recht der Firma auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Dieser müsse im Hinblick auf Rechtsverletzungen, die im Zusammenhang mit der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht in nationales Recht entstehen können, jedoch gewahrt bleiben.

Derzeit wird die Rechtmäßigkeit der Bestimmungen der EU-Richtlinie 2002/2/EG, die die prozentuale Deklaration vorsieht, aufgrund von Eingaben Englands und der Niederlande beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) geprüft. Mehrere Mitgliedstaaten haben daraufhin die nationale Umsetzung bis zu Klärung durch den EuGH ausgesetzt. Dies hätte das OVG, so das Verfassungsgericht, bei seiner Abwägung berücksichtigen müssen, da es zeige, dass es berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Richtlinie gäbe. Darüber hinaus beanstandete das Verfassungsgericht, dass sich das OVG nicht inhaltlich mit den Bedenken der anderen Gerichte auseinander gesetzt habe.

Der Deutsche Verband Tiernahrung (DVT) in Bonn begrüßte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als „weiteren, kleinen Er-folg auf dem mühsamen Weg durch die deutschen Instanzen“. Anders als in anderen europäischen Staaten muss in Deutschland auf einzelbetrieblicher Ebene und in jedem Bundesland getrennt auf Aussetzung der Kennzeichnungsbestimmungen geklagt werden. Dieser kosten- und zeitintensive Weg so Monika Reule, Geschäftsführerin des DVT, sei ein Irrsinn. Man hoffe nun, dass von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine positive Signalwirkung ausgehe. Ziel müsse es sein, zu einer bundesweit einheitlichen Lösung zu kommen, die es auch deutschen Unternehmen erlaube, bis zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshof von der offenen Deklaration Abstand nehmen zu können, ohne dass ihnen daraus Nachteile erwachsen würden.

Bauernverband gegen Klageweg: Deklaration von Mischfuttermitteln schafft Transparenz und Sicherheit

[dbv] - Die Futtermittelindustrie sollte aus Gründen der Transparenz und Sicherheit von juristischen „Scharmützeln“ absehen und die gesetzlich vorgeschriebene Deklaration von Mischfuttermitteln umsetzen. Wie der Deutsche Bauernverband (DBV) betonte, könnte nur so eine einheitliche und vergleichbare Deklaration von Futtermitteln in Deutschland sichergestellt werden. Die Meinung der Mischfutterhersteller, dass die offene Deklaration zu einer vollständigen Offenlegung der Rezepturen von Mischfuttern führe, teile der DBV nicht. Denn es müssen Zusätze wie Vitamine, Spurenelemente und andere Wirkstoffe nicht mit ihren Gewichtsanteilen angegeben werden.

Seit Juli dieses Jahres müssen Mischfutterhersteller die eingesetzten Rohstoffe in den Mischungen mit ihren Einsatzmengen angeben. Diese so genannte offene Deklaration hatte der europäische Gesetzgeber als eine Konsequenz aus der BSE-Krise eingeführt und die Mitgliedsstaaten verpflichtet, sie in nationales Recht umzusetzen. Die Bundesregierung ist mit der Änderung der Futtermittelverordnung dieser Verpflichtung nachgekommen. Dennoch gibt es Unsicherheiten bezüglich der Rechtslage beziehungsweise einer einheitlichen Umsetzung in Deutschland. So hat das Bundesverfassungsgericht (BVefG) in Karlsruhe jetzt der Verfassungsbeschwerde eines Mischfutterherstellers gegen die offene Deklaration stattgegeben. Dieser sah den „Know-How-Schutz“ seiner Produkte gefährdet und war mit seinem Anliegen vor dem zuständigen Oberverwaltungsgericht gescheitert. Da allein die Oberverwaltungsgerichte in den Bundesländern für Entscheidungen in dieser Frage zuständig sind, gelten trotz des BVefG-Urteil  s in den einzelnen Regionen nun unterschiedliche gesetzliche Regelungen. Zurzeit wird die Rechtmäßigkeit dieser Bestimmung vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg geprüft, wodurch eine EU-weit gültige Klärung herbeigeführt wird.

Die Deklaration der Bestandteile von Mischfuttermitteln beinhaltet wichtige Informationen für den Landwirt. Nur eine klare Auszeichnung erlaubt dem Landwirt eine optimale Fütterung seiner Nutztiere. Mit detaillierten Angaben zu Inhaltsstoffen und Bestandteilen kann die Futterration gezielt zusammengestellt und auf den Bedarf der Tiere abgestimmt werden. Änderungen bei der Rohstoffzusammensetzung können mit dieser Kennzeichnung schnell erkannt und bei der Gesamtration berücksichtigt werden. Die Deklaration ist zudem ein verlässliches Verfahren, um Mischfuttermittel am Markt vergleichbar zu machen.

Quelle: Ahrensburg [ Thomas Pröller ]

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