Der Rindfleischmarkt in Deutschland und der EU
Vorsichtiger Optimismus
Am Schlachtrindermarkt waren positive Überraschungen in den letzten Jahren eher selten. Um so mehr dürften sich die deutschen Landwirte in den vergangenen Wochen über die festen Preise für Bullen und Schlachtkühe gefreut haben. Dabei war das heimische Angebot keineswegs so klein, wie es die festen Preise erscheinen ließen. Vielmehr übertrafen die Schlachtzahlen sogar recht deutlich die Vorjahreswerte. Obwohl die Jungbullenmast in Deutschland in den kommenden Jahren weiter abnehmen dürfte, gibt sich die EU-Kommission in ihren längerfristigen Prognosen relativ optimistisch.Noch liegen die Ergebnisse der Viehzählung vom Mai dieses Jahres nicht vor. Klar scheint jedoch, dass die spezialisierte Rindermast im Vorfeld der Entkopplung stark abgebaut wurde. Erste Ergebnisse aus einzelnen Bundesländern zeigen, dass sich der Bestandsrückgang bei den Jungbullen zum Teil im zweistelligen Prozentbereich bewegt. Dieser Trend könnte sich möglicherweise bis zum Jahreswechsel fortsetzen. Darauf lassen zumindest die anhaltend hohen Rinderschlachtungen in Deutschland schließen. In diesem Jahr kamen im Wochenmittel trotz des kleineren Viehbestandes beinahe drei Prozent mehr Rinder an den Haken als 2003. Der Anteil der Jungbullen an der Schlachtung nahm dabei von etwa 40 Prozent im März bis auf beinahe 46 Prozent im Juni zu.
Bei Milchkühen zeichnet sich nach derzeitigem Erkenntnisstand trotz der sehr niedrigen Milchpreise der letzten Monate ein sehr viel geringerer Bestandsabbau ab, als manche Beobachter erwartet hatten. Dabei dürfte es eine Rolle gespielt haben, dass die Milchprämie erst auf der Grundlage der am 31. März 2005 vorhandenen einzelbetrieblichen Referenzmenge entkoppelt wird. Für die Rinderprämien gilt dagegen der Referenzzeitraum von 2000 bis 2002.
Besserer Absatz und kaum Bestände
Bislang lagen Schlachtung und Angebot in Deutschland über der Vorjahresmarke und damit höher als zunächst für diesen Zeitraum erwartet. Dennoch konnten sich die Rinderpreise auf relativ hohem Niveau halten. Nicht einmal in den Sommerferien bekamen die Notierungen den sonst üblichen Dämpfer. Offensichtlich nahm der Markt das größere Angebot ohne Probleme auf. Unter anderem lag der Verbrauch privater Haushalte nach Erhebungen der Gesellschaft für Konsumforschung relativ deutlich über dem des Vorjahres.
Auch die Ausfuhr von Rindfleisch entwickelte sich offenbar besser als im vorigen Jahr. Bis Mai vermarkteten hiesige Unternehmen rund 156.000 Tonnen Rindfleisch ins Ausland (Produktgewicht), das waren knapp sechs Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Etwas mehr als 15 Prozent der Gesamtausfuhr setzte man in Drittländern ab, hauptsächlich in Russland. Außerdem gingen bis Mai rund 244.000 Kälber und 92.000 Schlachtrinder ins Ausland, das waren 15 Prozent beziehungsweise 31 Prozent mehr als im Vorjahr. Hauptabnehmer für Kälber waren die Niederlande und Italien. Schlachtrinder lieferte man zu 60 Prozent in Drittländer und zu 40 Prozent in andere EU-Staaten.
Ausgesprochen positiv auf die Nachfrage am Rindfleischmarkt dürfte sich zudem der weitgehende Abbau der Interventionsbestände ausgewirkt haben. So musste der Bedarf an Rindfleisch für die Verarbeitung und den Export weitgehend aus dem laufenden Markt gedeckt werden. Dieser Umstand dürfte die Erzeugerpreise nachhaltig gestützt haben.
Knapperes Angebot, steigende Preise?
Mittelfristig wird es nach Ansicht der meisten Beobachter zumindest in Deutschland zu einem deutlichen Rückgang der spezialisierten Rindfleischerzeugung kommen. Daran dürfte auch die derzeit positive Preisentwicklung wenig ändern. Um eine rentable Rindermast ohne Prämien zu ermöglichen, müssten die Preise jedenfalls um einiges höher liegen als jetzt.
Zumindest langfristig halten sowohl die EU-Kommission als auch einige Marktbeobachter höhere Rinderpreise für möglich. Entscheidend wird hier die Entwicklung des Angebotes am europäischen Markt sein. Der Konsum dürfte sich nach Einschätzung der EU-Kommission in der alten EU wenig verändern. Lediglich in den neuen EU-Ländern erwartet man einen weiteren Verbrauchsrückgang. Dabei verbrauchen die neuen EU-Bürger bereits jetzt pro Kopf zwei Drittel weniger Rindfleisch als die Konsumenten in der alten EU.
Produktion kleiner als Verbrauch
Bei der Produktion in der erweiterten EU rechnen die Experten der Kommission langfristig nur mit einem moderaten Rückgang. Von 2003 bis 2011 soll dieser nicht einmal zwei Prozent betragen. Dabei soll es vor allem in den neuen EU-Ländern zu einem weiteren Abbau der Rindfleischerzeugung um etwa sechs Prozent kommen. Währendessen erwarten die Fachleute aus Brüssel für die alte EU im Jahr 2011 eine beinahe ebenso große Produktion wie 2003. Zwischenzeitlich könnte das Angebot jedoch kräftig wachsen. Denn ab 2005 kann in Großbritannien wieder das Fleisch von über 30 Monate alten Schlachtkühen vermarktet werden. Dennoch bleibt die Produktion von Rindfleisch in Europa auch dann hinter dem Verbrauch zurück.
Im Jahr 2003 übertraf die europäische Verbrauchsmenge erstmals die Produktion. Dies wird sich aller Voraussicht nach auch mittel- und langfristig nicht ändern. Damit nimmt auch die Zufuhr aus dem Ausland weiter zu. Bis 2011 rechnet die Kommission mit einem Zuwachs der Importe um rund 30 Prozent. Der Fleischexport soll sich hingegen in diesem Zeitraum um etwa ein Viertel verringern.
Quelle: Bonn [ zmp ]