Polnische Rinderproduktion auf dem Rückzug
Finanzielle Stützungen reichen nicht
Die Rindfleischproduktion in Polen ist weniger gestützt worden als im westlichen Teil Europas. Infolgedessen vermindern sich die dortigen Rinderbestände schon seit den 70er Jahren. Durch den Beitritt des Landes zur EU verbesserten sich zwar die Bedingungen für Polens Rinderhalter. Allerdings beeinträchtigen die weiterhin schrumpfenden Rinderbestände und der geringe Anteil der Fleischrassen die Wettbewerbschancen in der erweiterten EU.In Polen gab es 1990 mit rund zehn Millionen Tieren so viele Rinder wie beispielsweise in Großbritannien. Bis 2003 schrumpfte der Bestand auf noch 5,5 Millionen Stück. Die Rindfleischproduktion sank in dieser Zeit von 793.000 Tonnen auf 309.000 Tonnen. Der Rindfleischanteil an der gesamten Fleischproduktion verringerte sich im gleichen Zeitraum von 24 Prozent auf neun Prozent, und der Pro-Kopf-Verbrauch fiel von 16,4 Kilogramm auf 5,8 Kilogramm.
Folgende Faktoren haben den Rückgang der Rinderbestände verursacht beziehungsweise verstärkt: Mit weniger Kühen wird mehr Milch erzeugt; ohne Stützung der Rinderpreise war die Rindfleischproduktion bisher wenig rentabel; eine sinkende Rindfleischnachfrage zugunsten von Schweine- und Geflügelfleisch hielt die Preise niedrig.
Förderung blieb ohne Wirkung
Für die Teilnahme am EU-25-Markt waren im Rindfleischsektor Anpassungsmaßnahmen erforderlich, um den Verbraucherschutz zu sichern. Für die Anpassung an EU-Veterinärnormen und Handelsstandards war die finanzielle Unterstützung aus dem Staatshaushalt für die Viehzüchter zur Förderung der Fleischnutzung nicht ausreichend. Lediglich das Programm „Entwicklung der Fleischrassen“ in den Jahren 1993 bis 1998 diente diesem Ziel. Aber trotzdem ist Polen dem EU-Markt mit einem rückläufigen Viehbestand und insbesondere mit einem niedrigen Anteil an Fleischrassen beigetreten.
Niedrigere Qualität und Preise
In der Struktur der Handelsklassen dominieren in Polen Kühe und Jungbullen der Klassen O und P. Das Vorherrschen der polnischen „schwarz-weißen“ Rasse und der überwiegende Kuhanteil bewirken Qualitäten im unteren Bereich. Obwohl sich die polnischen Rinderpreise durch die besseren Erlösmöglichkeiten in Westeuropa und den Wegfall der Handelsbarrieren im Kalenderjahr 2004 entschieden verbessert haben, ist der Abstand zum europäischen Niveau noch groß. So verdoppelten sich zwar die Kuhpreise im Vergleich zum Vorjahr, sie liegen aber noch unter den Schweinepreisen und insgesamt relativ niedrig: Ende November zahlte man für Jungbullen R3 in Polen umgerechnet rund zwei Euro je Kilogramm Schlachtgewicht kalt und damit 23 Prozent weniger als im Durchschnitt der EU-25. In allen EU-Staaten, ausgenommen in den baltischen Republiken, lagen die Preise auf einem höheren Niveau. Ähnlich bei O3-Kühen: Mit 1,58 Euro je Kilogramm Schlachtgewicht kalt wurden Ende November in Polen 27 Prozent weniger gezahlt als im Durchschnitt der EU-25.
Zusätzliche Stützungen nötig
Seit Mai 2004 gelten für den Rindfleischmarkt in Polen dieselben Instrumente der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) wie in der EU-15.
Die Direktzahlungen in Polen sowie den anderen neuen EU-Staaten werden im System der Flächenzahlungen, also von der Produktion abgekoppelt, erfolgen. Polnische Marktexperten weisen darauf hin, dass die Rindfleischproduzenten damit gegenüber den produktionsbezogenen Zahlungsempfängern weniger finanzielle Unterstützung erhalten.
Trotz besserer Erlösmöglichkeiten in der EU und zusätzlicher Zahlungen der GAP reichen die Einnahmen noch nicht aus, die Rinderhaltung nachhaltig zu stützen.
Polnische Branchenkenner befürchten weitere Produktionseinbußen und fordern deshalb eine finanzielle Unterstützung des Rindfleischsektors aus dem polnischen Staatshaushalt. Des Weiteren ist eine stärkere vertikale und horizontale Zusammenarbeit in der polnischen Rindfleischproduktion erforderlich, um die Qualität und die Vermarktung stärker den Bedürfnissen des heimischen und erweiterten EU-Marktes anzupassen.
Quelle: Bonn [ zmp ]